Was ist eigentlich Sensitivity Reading? 30. Mai 2023
Kennst du das? Du sitzt vor deinem Manuskript, verfasst gerade eine ganz besondere Szene und plötzlich kommen dir Zweifel. Du fragst dich: Kann ich das eigentlich so schreiben?
Gerade in der heutigen Zeit, wo Trigger und sensible Inhalte eine wichtige Rolle spielen – und das nicht nur in Büchern, sondern auch in Filmen und im Fernsehen, sozialen Medien und Blogs – fehlt uns manchmal der Blick dafür, was eigentlich okay ist. Wenn du dich also unsicher fühlst, dann erklären wir dir einmal, was „Sensitivity Reading“ ist und wie du es für dich nutzen kannst.
Sensitivity Reading – Was steckt dahinter?
Du kannst dich natürlich nicht immer mit allen Themen und Bereichen bestens auskennen, über die du in deinem Roman schreibst. Häufig kommen einem dann die Fragen, ob man sensibel genug mit dem Thema umgeht, oder doch zu sehr in die Klischee-Kiste greift. Könnten die Aussagen, die man benutzt vielleicht beleidigend sein? Genau dafür gibt es Sensitivity Reader:innen.
Die Prüfer:innen achten hierbei, ähnlich wie bei einem Lektorat, darauf, ob der Text diskriminierende Aussagen enthält. Dabei geht es nicht darum, dass Wörter und Inhalte verboten und gelöscht werden, sondern dir diese einfach nähergebracht und erläutert werden. Somit wird dir ein Bewusstsein vermittelt, was sich hinter deiner Aussage verbirgt. Denn der schwule beste Freund, oder die schwarze Haut des Protagonisten, die an „dunkle Schokolade“ erinnert, sind typische Klischees und Aussagen, die du mit ein paar Gedankenanstößen umschreiben kannst. Sensitivity Reading kann dir dabei helfen.
Wo findest du diese Hilfe?
In Deutschland gibt es das Netzwerk „Sensitivity Reading“, welches sich mit genau diesem Thema auseinandersetzt. Hier können Autor:innen aus verschiedenen Bereichen auswählen, in denen ihr Text geprüft werden soll. Die Themenbereiche sind hierbei ganz unterschiedlich und vor allem breit gefächert. Unterschieden wird beispielsweise in psychische Erkrankungen, Gewalterfahrungen, Rassismus, Religion oder auch LGBTQ+.
Wenn ihr euer Thema gefunden und ausgewählt habt, dann gelangt ihr anschließend auf eine weiterführende Seite, auf der euch die Prüfer:innen angezeigt werden. Dort erhaltet ihr die Kontaktdaten und könnt anschließend euren Inhalt vorstellen und nennen, was genau euer Thema ist, das geprüft werden soll. Es werden zudem noch drei Kategorien unterschieden:
Sensitivity Beratung: Hier geht es um die Umsetzung eures Werkes, wenn dieses noch in der Bearbeitung steckt, oder noch gar nicht geschrieben ist.
Partielles Sensitivity Reading: Dieses bietet sich an, wenn ihr nur eine bestimmte Passage, bzw. einen Textabschnitt auf sensible Inhalte prüfen lassen möchtet.
Sensitivity Reading: Bei der Kategorie geht es um dein Manuskript an sich, das auf sensible Inhalte geprüft und bearbeitet wird.
Warum Sensitivity Reading wichtig ist
Damit wir bestimmte Themenbereiche besser verstehen können und vor allem eine authentischere Repräsentation von marginalisierten Menschen gewährleisten können, ist es wichtig, sich mit Sensitivity Reading auseinanderzusetzen. Gerade Romane, Serien und Filme tragen häufig zu einem klischeehaften Bild marginalisierter Gruppen bei. Sensitivity Reading ist daher vielmehr ein politisches Instrument, um einer Aufrechterhaltung von Diskriminierung entgegenzuwirken.
Diese bestimmte Form des Lektorats kann also nicht nur dir, sondern auch deinen Leser:innen dabei helfen, sensible Themenbereiche aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.