Worum geht es in deinem Buch Im Herzen ein Earl?
Es geht um zwei verlorene Seelen, die sich unverhofft finden – ein ehemaliger Soldat, der nicht an die Liebe glaubt, und eine junge Frau, die sträflich vernachlässigt wurde und kürzlich verwaist ist und der nun die Obdachlosigkeit droht.
Was macht aus deiner Sicht die Geschichte von Lady Nell Freymore und Harry Morant so besonders?
Harry ist ein rauer Mann, aber etwas an Nells Verletzlichkeit durchdringt seine harte Schale, und sein erster, überwältigender Impuls ist, sie zu beschützen. Sie hingegen entdeckt, dass er in Mann ist, der nie die Liebe erfahren hat. Sie rufen ineinander das Beste hervor.
Kannst du deine Protagonisten in je drei Worten beschreiben?
Harry: hart, beschützerisch, loyal
Nell: einfühlsam, liebevoll, dickköpfig
Was sind ihre größten Stärken und Schwächen?
Harrys größte Stärken sind seine Loyalität und seine Ehre. Seine Schwäche ist es, vergangenen Dingen nachzuhängen.
Nells größte Stärke ist ihr warmes Herz. Ihre Schwäche ist, dass sie ein Geheimnis verbirgt und es ihr schwer fällt, Vertrauen zu fassen.
Was hat dich zu dieser Serie inspiriert?
Ich wollte herausfinden, wie sich Männer gefühlt haben, die als Teenager zur Armee gegangen sind und viele Jahre im Ausland gekämpft haben, dann ins friedliche England zurückgekehrt sind und versucht haben, sich ein Leben aufzubauen. Es ging auch darum herauszufinden, was eine Familie ausmacht und ob die Wunden der Vergangenheit zu heilen vermögen.
Deine Romane spielen alle in der Regency-Zeit. Was fasziniert dich an dieser Ära so sehr?
Es war eine Zeit des Umbruchs. In der Regency-Zeit ist so viel passiert – die Napoleonischen Kriege, der Glanz und die Eleganz des aristokratischen Lebens, die im Kontrast zu schrecklicher Armut standen, immense industrielle und landwirtschaftliche Errungenschaften, die Erforschung und Kolonialisierung anderer Teile der Welt und noch vieles mehr. Zudem schreibe ich gern über Charaktere, die „durchs Raster gefallen“ sind, die durch Umstände, an denen sie keine Schuld tragen, entwurzelt wurden und verloren gegangen sind.
Welchen Aspekt aus der Regency-Zeit würdest du gern in die Gegenwart holen?
Die amüsanten Dinge aus der Regency-Zeit: die Kleider, die Tanzveranstaltungen, die gesellschaftlichen Treffen, die heute häufig auf Festivals wieder aufleben. Ein Freund von mir, der ziemlich fit ist, hat vor ein paar Jahren an einem Regency-Tanz teilgenommen und sagte, dass er am Ende erschöpft war – offenbar dauert so eine Veranstaltung recht lang. Diese anmutigen Regency-Mädchen müssen selbst ziemlich fit gewesen sein. Und tanzen macht viel mehr Spaß als ins Fitnessstudio zu gehen.
Wärst du gern selbst eine Regency-Lady? Warum (nicht)?
Ich glaube nicht. Ich denke, ich bin mir zu sehr darüber im Klaren, dass der Glamour und das feine Leben der Aristokratie auf die Kosten der Armen gingen. Einige Kleider waren beispielsweise atemberaubend, doch die Frauen, die sie genäht haben, haben einen Hungerlohn bekommen. Aber mancherorts ist das heute noch genauso, nicht wahr? Ich würde jedenfalls die moderne Medizin und die Zahnheilkunde vermissen. Und Thai-Food.
Wie recherchierst du für deine Romane? Hast du irgendwelche Tipps oder Tricks?
Jedes Buch verlangt in Abhängigkeit von der Story nach einer anderen Form der Recherche. Ich verfüge über eine große Sammlung von Geschichtsbüchern, Kochbüchern und Texten über Kräuterkunde und Medizin der damaligen Zeit. Besonders gern mag ich Liebesbriefe und Tagebücher, die von Menschen aus dieser Zeit geschrieben wurden und die man vermehrt im Internet findet. Ich grabe Landkarten und Fotos der Orte aus, an denen meine Charaktere sich aufhalten könnten, und nutze auch gern Gemälde. Internetseiten helfen mir manchmal, die psychologischen Eigenschaften meiner Protagonisten zu vertiefen. Das Internet ist ein großer Segen für Autoren.
Wie sieht deine tägliche Schreibroutine aus?
Ich schreibe fünf Tage pro Woche von morgens bis ungefähr drei Uhr nachmittags, wenn mir üblicherweise die Puste ausgeht. Wenn ich mich einer Deadline nähere, zählen die Tage und Stunden allerdings nicht mehr. Ich schreibe auch manchmal von Hand in ein Notizbuch, wenn mir in einem ungünstigen Moment eine Szene einfällt oder sie noch nicht in die Geschichte passt. Das kann jederzeit passieren. Dazu schreibe ich Blogs und Newsletter und beantworte E-Mails, was ebenfalls alles zum Beruf des Autors gehört.
Welche Art von Szenen schreibst du am liebsten? Romantische, solche mit mehr Action oder andere?
Das hängt wirklich von der Geschichte und von den Protagonisten ab. Ich mag eine Vielfalt von Szenen – berührende Momente, lustige Konverstaionen zwischen Menschen und Szenen, die überraschen. Ich schreibe gern Action, was mir viel leichter fällt als beispielsweise einige Liebesszenen.
Hast du eine Lieblingsszene in diesem Buch oder in dieser Reihe? Warum ist diese deine Lieblingsszene?
Ich finde es immer schwierig, eine Lieblingsszene zu benennen. In diesem Buch gibt es einen Haufen Szenen, die ich sehr mag. Am besten gefällt es mir, wenn ein Charakter mich überrascht, indem er etwas Unerwartetes tut. Wie direkt am Anfang der Geschichte, als Harry Nell zum ersten Mal sieht, wie sie in den Regen hinaufblickt, und ihr seinen Hut und seine warmen Handschuhe gibt, ohne ein Wort zu sagen. Wenn etwas derartiges passiert, verbinden sich die Charaktere und können sich dann beliebig entwickeln. Ich mag auch die Unterhaltung, die dieser Szene folgt, in der Harrys Freund Ethan ihn aufrüttelt, indem er ihm vorwirft, so stumm wie ein Baumstumpf zu sein.
Ebenfalls mag ich die Szene ziemlich weit hinten im Buch, in der durch die Tat einer sehr kleinen Person eine brüderliche Versöhnung ohne große Worte stattfindet. (Ich soll Spoiler vermeiden.) Ich mag verschiedene Szenen aus verschiedenen Gründen.
Arbeitest du gerade an neuen Projekten, auf die wir uns freuen können?
Ja, ich habe gerade mit einer neuen Reihe begonnen, in der es um Frauen geht, die rings um einen privaten Garten in London leben und versuchen, das schlechte Benehmen ihrer Eltern ungeschehen zu machen und sich ein eigenes Leben aufzubauen. Das erste Buch heißt The Scoundrel’s Daughter, und das zweite, The Rake’s Daughter, habe ich gerade an meinen Verleger geschickt. Es sollte nächstes Jahr erscheinen.
Hast du Bücherempfehlungen für uns?
Kürzlich habe ich zum wiederholten Mal meine Bücher von Eva Ibbotson gelesen. Sie hat eine Menge Kinderbücher geschrieben, aber auch fünf oder sechs wundervolle Liebesgeschichten für Erwachsene. Und Georgette Heyer gehört natürlich auch zu meinen Favoriten. Eine zeitgenössische Schriftstellerin, deren Bücher ich liebe, ist Lisa Kleypas — lest von ihr Devil in Winter.