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InterviewCat Lewis im Autoreninterview zu Schatten über Havensbury
Worum geht es in deinem Buch Schatten über Havensbury?
Es geht um Emilia, eine junge Frau, die ihren Platz im Leben nie so wirklich gefunden hat. Zwischen ihrer Großmutter und ihr besteht ein sehr enges Band, das durch den plötzlichen Tod ihrer Oma unvermittelt gekappt wird. In Grannys Wohnung findet Emilia einen Brief mitsamt einem Medaillon, das sie alles, was sie über ihre geliebte Großmutter zu wissen glaubte, auf den Kopf stellt. Für Emilia beginnt eine Reise in die Vergangenheit ihrer Großmutter. Eine Suche nach der Wahrheit – aber auch nach sich selbst.
Was können wir von Emilia lernen?
Es lohnt sich, hinter Fassaden zu blicken, Geheimnisse zu erkunden und Fragen zu stellen. Außerdem ist nicht immer alles so düster wie es scheint – doch gebt Acht: an manchen Stellen können Abgründe lauern, wo man sie nicht erwartet hat. So bedingungslos eine Liebe auch scheint, so kann sie ebenso stark blenden und das Wesentliche vergessen lassen.
Der Roman spielt in England, hast du eine besondere Verbindung zu dem Land und wie sahen deine Recherchen dazu aus?
London ist für mich so ein Ort, wo mein Herz zu Hause ist. Sobald ich dort bin, beginne ich erst so richtig zu leben und glücklich zu sein. Ich war schon unzählige Male dort und immer wieder entdecke ich neue Seiten an dieser Stadt, die ich so sehr liebe. Leider war ich bisher nur dort und in Brighton, einer wunderschönen Küstenstadt am Ärmelkanal. Für meine Recherche habe ich mir unzählige Küstenstädte in Südengland bei Google angesehen. Wie sind sie aufgebaut, wie sehen sie aus, wie heißen sie? Letztendlich habe ich mich für den fiktiven Ort Havensbury entschieden, weil ich niemals einer echten Ortschaft hätte gerecht werden können, wenn ich sie nicht mit eigenen Augen gesehen habe. Außerdem mag ich den Stadtnamen sehr, weil er so beiläufig erscheint, aber trotzdem von der Bedeutung her eine tiefe Verbindung zu Geschichte hegt.
Was reizte dich daran, eine Geschichte über ein Familiengeheimnis zu schreiben?
Ich erinnere mich noch gut daran, wie sehr eine Autorenfreundin mich ausgelacht hat, weil ich zuvor noch groß verkündet habe, dass ich niemals einen Familiengeheimnisroman schreiben werde, und drei Tage später mit einem fertigen Exposé um die Ecke kam. Geplant war das nämlich wirklich nicht, weil ich bisher keinen einzigen Berührungspunkt mit diesem Genre hatte. Doch dann habe ich ein Lied gehört – „Wie Sand“ von Blutengel – und das Kopfkino begann. Ich konnte einfach nicht aufhören, eine Geschichte um die Bilder herum zu bauen und schließlich lag diese Idee vor mir, die ich unbedingt schreiben wollte.
Emilias Großmutter stirbt noch bevor sie sich von ihr verabschieden kann. Hast du Tipps für den Umgang mit Trauer?
Ich muss gestehen, dass ich ein Mensch bin, der absolut nicht mit Trauer klarkommt. Da sind Emilia und ich uns unheimlich ähnlich. Ich habe das große Glück, meine Omi noch zu haben. Dementsprechend schwer fiel es mir auch, diese Geschichte zu schreiben – mal davon abgesehen, dass meine Oma ziemlich mit mir geschimpft hat, als sie hörte, worum es in dem Buch geht.
Trauer ist etwas, mit dem jeder anders umgeht. Ich habe einige Jahre gebraucht, um für mich einen Weg zu finden, der zumindest ein wenig Trost spendet, wenn ich den Verlust schon nicht richtig verarbeiten kann. Ich bin zwar nicht gläubig, aber ich stelle mir immer vor, dass meine Lieben, die ich so schrecklich vermisse, als helle Sterne am Himmel erstrahlen und von dort aus auf meine Familie und mich aufpassen. Außerdem bewahre ich die Erinnerungen an sie in meinem Herzen auf und behüte sie wie einen Schatz, der niemand in Vergessenheit geraten darf, solange ich am Leben bin.
Wie kann man sich deinen Alltag als Autorin vorstellen?
Chaotisch? Derzeit nahezu katastrophal? Ich wünschte, ich könnte von einem geordneten und strukturierten Arbeitsalltag erzählen, aber mit ständiger Kita-Notbetreuung, einer Krankheit nach der anderen, usw. ist das leider nicht möglich – zumindest momentan. Früher habe ich nach der Arbeit und an den Wochenenden geschrieben, nun mache ich das, wenn ich Zeit finde. Ab und an wird das dementsprechend stressig, was die Deadlines betrifft, aber mein Schreibjob ist etwas, das ich nicht aufgeben will und kann, da mein Herz daran hängt.
Wenn du für kurze Zeit in der Welt eines Buches leben könntest, welches Buch wäre es?
Hm, das ist eine schwierige Frage. Jede Welt hat ihre Schattenseiten und ich bin nicht sicher, ob ich diese wirklich erleben möchte. Spontan würde mir Mittelerde einfallen. Wie herrlich wäre es, das Auenland zu erkunden? Durch die Wälder zu streifen, die Elben in Lothlórien zu besuchen? Mit den Reitern Rohans zu feiern oder das majestätische Minas Tirith zu besuchen? Nach Mordor würde es mich allerdings weniger ziehen und auf eine Begegnung mit den Orks hätte ich auch weniger Lust.
Außerdem wünschte ich, ich hätte anstatt meiner alten Schule lieber Hogwarts besucht. Zaubern zu lernen kommt mir wesentlich hilfreicher vor als das Auswendiglernen chemischer oder mathematischer Formeln, die ich im Alltag nie wieder brauche :‘)
Hast du Buchtipps für uns?
Ich habe gerade „Der Kater, der ein Weihnachtswunder bra(u)chte“ von Annika Dick beendet. Dieses Buch ist so wichtig und verdient viel mehr Aufmerksamkeit. Man muss kein Katzen- oder Weihnachtsliebhaber sein, um zu erkennen, wie besonders die Geschichte um Molly und Dasher ist, die vom Alltag verschlungen werden und drohen, sich selbst zu verlieren. Die Botschaft des Buches ist so wundervoll und ich bin mir sicher, dass sich sehr viele Leute darin wiedererkennen werden.