Worum geht es in deinem Buch Schweigen der Wut?
Jean Baptist Frings, ein prominenter Kölner, überlebt nur knapp einen Mordanschlag. Kurz zuvor wurde seine Assistentin brutal ermordet. Kriminalhauptkommissar Raphael Baack verdächtigt das berufliche Umfeld von Frings. Während Frings und sein Freund Ferdinand Krämer selbst nach dem Mörder suchen, offenbart sich ein Netz aus Verrat und Intrigen. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt …
Als Kind eines Forstwirts lebst du seit deinem Studium in Großstädten. Wie kamst du dazu, einen Krimi über die besseren Kreise von Köln zu schreiben?
Ich hatte diese Idee und ich dachte – die ist toll ... und meine weiteren Gedanken waren: Ich liebe Spannung. Ich liebe das Schreiben. Und ich liebe den Schlüssellochblick: Wer hat welche Leiche im Keller? Mit Schweigen der Wut wollte ich einfach eine Geschichte verfassen, die ich selbst gern lese, in der Hoffnung, dass ich nicht die Einzige bin ;)
Auf die Idee zur Geschichte kam ich, weil mich Geheimnisse reizen. Weil mich die Anonymität, das Totschweigen von Dingen, die Versteckspielchen der besseren Kreise faszinierten. Ich fand es absurd und langweilig, dass man Mord in Großstädten gern sozialen Brennpunkten zuordnet. Viel wichtiger fand ich den tiefen Blick in eine „heile Welt“, in der der Schein vielleicht trügt. Wer ist Freund, wer ist Feind und wer sagt letztendlich die Wahrheit? Eine Hand wäscht die andere, beide bleiben schmutzig.
Auch unglaublich spannend finde ich die Frage: Können Menschen wie du und ich zum Mörder werden? Und wenn ja, wodurch? Steckt in uns allen etwa ein Mörder-Gen, wir wissen es nur nicht oder lassen es nicht zu? Alle Figuren in Schweigen der Wut haben ihren eigenen Grund, ihre eigene Geschichte und ihren eigenen Spin.
Was macht für dich einen guten Krimi aus?
Natürlich die Protagonisten, denn mit ihnen steht und fällt eine Geschichte. Weil sie fühlen, fühlen die Leser:innen. In Schweigen der Wut sind das Raphael Baack und Jean Baptist Frings. Zwei komplett unterschiedliche Charaktere, die gezwungen sind, zusammenzuarbeiten, sich aber gegenseitig nicht trauen. Eine spannende und sehr amüsante Mischung, die es in sich hat und den Krimi zu etwas besonderem macht.
Was fasziniert dich an Krimis?
Ich liebe den Sog und die schlaflosen Nächte, die man mit Krimis verbringen kann. Who done it? Das Beste daran ist, dass am Ende alle Fäden zusammenlaufen. Das Chaos löst sich auf, es gibt eine Lösung, und alles ergibt am Schluss einen Sinn. Ich denke, das ist der Grund, warum wir alle so gern Krimis lesen.
Wie würdest du Kommissar Baack charakterisieren?
Kommissar Raphael Baack ist Spezialist für delikate Kriminalfälle, gebürtiges Nordlicht und gerne Single. Er liebt es, alles im Griff zu haben. Seine Neugier ist groß, aber sein Mitgefühl auch. Seine Scharfsinnigkeit ist sein kostbarstes Gut und bringt ihn auf die Spuren von Geheimnissen. Seine Schwäche: Gefühle verstecken zu wollen … ohne Erfolg.
Was inspiriert dich? Woher kommen deine Ideen?
Die meisten Ideen kommen mir im Alltag. Es kann sein, dass mich ein Thema schon lange beschäftigt. Oder ich entdecke einen interessanten Zeitungsartikel. Oder Szenen basieren auf persönlichen Erfahrungen. Zum Beispiel musste ich als Kind in einem See schwimmen lernen und fand es total eklig, als sich glitschige Algen um meine Füße wickelten. Dieses Gefühl musste ich unbedingt in Schweigen der Wut einbauen. Der initiale Funke kann also manchmal ein Ort, ein Szenario, eine Figur, ein ungewöhnliches Phänomen oder der finale Twist sein. Am Anfang steht immer eine Was-wäre-wenn-Frage. Nicht jeder Funke zündet, aber wenn einer es tut, weiß ich: Diese Geschichte will ich schreiben!
Bist du selbst ein ängstlicher Mensch?
Ich bin eine Person, die sofort Puls bekommt, wenn es dunkel wird.
Welches Klischee in der Krimiwelt stimmt nicht?
Dass Krimiautor:innen bei Rotwein immer an Blut denken.
Wie sah die Recherche für den Roman aus?
Recherche ist für mich von größter Bedeutung, da die Fakten stimmen müssen. Ich habe das Schießen gelernt, Einblicke in die KTU- und Polizeiarbeit gewonnen und Menschen genau beobachtet – ihre Eigenheiten, ihre Mimik, ihre Sprache, sogar ihren Geruch. Ich habe mich in die „besseren Kreise“ begeben, monatelang Gespräche geführt und dabei so viele individuelle Details wie möglich gesammelt. An der Universität zu Köln besuchte ich Ringvorlesungen der Rechtsmedizin und lernte, wie Täterprofile analysiert werden, um Verbrechen aufzudecken. Zum Beispiel: Können wir unsere Stimme dauerhaft verstellen oder einen Dialekt nachahmen?
Für manche Recherchen konsultiere ich einen Pathologen. Er berät mich, gibt wertvolle Tipps und schüttelt den Kopf, wenn ich die skurrilsten Mordmethoden oder Beweismöglichkeiten vorschlage. Ihn zu fragen, macht großen Spaß, auch wenn einem manchmal etwas übel wird, wenn man unerwartet „hübsche“ Fotos per E-Mail erhält und noch nüchtern ist … ;)
Wie läuft dein Schreibprozess für ein Buch ab?
Sobald die Idee steht, skizziere ich die Geschichte. Ich entwickle die Figuren und überlege, wie sie miteinander verknüpft sind und welche Ereignisse in ihrer Vergangenheit die Gegenwart beeinflusst haben könnten. Gefallen mir die Charaktere? Kann ich mit ihnen lachen und weinen? Kann ich sicherzustellen, dass der Plot über viele Seiten hinweg spannend bleibt? Sind die Figuren glaubwürdig? Könnte so etwas in der Realität tatsächlich passieren? Bei all diesen Fragen kann man sich leicht selbst täuschen, aber Lektor:innen erkennen die Schwachstellen sofort. Zum Glück.
Wo schreibst du am liebsten?
Hm, es klingt banal, aber tatsächlich dort, wo ich durch nichts und niemanden abgelenkt werde – also am Schreibtisch. Und übrigens am liebsten nachts.