Interview Autorin Ensa Elrik im Interview

Ensa Elrik ist das gemeinsame Pseudonym von Murphy Malone und Amber Wild

Worum geht es in deinem Buch Rising Above?

Oberflächlich betrachtet verliebt sich der kleine Bruder in den besten Freund seiner Schwester während sie eine Free Climb Tour machen. Dabei ist besagter little Bro ein richtiger Grump und der beste Freund ein echter Sunshine. Und das Beste: Bei der Tour können sie sich nicht aus dem Weg gehen. 

Auf den zweiten Blick geht es in Rising Above um so viel mehr.

Es geht um Freundschaft, die zwischen River und Atlas. Und was aus den beiden wird, wenn sie sich nach einem Schicksalsschlag verlieren und später wieder treffen.

Es geht um Trauer und darum, einen der wichtigsten Menschen in seinem Leben zu verlieren. Eine Schwester. Eine beste Freundin. Ein großer Konfliktpunkt ist, wie unterschiedlich River und Atlas mit dem Verlust umgehen.

Es geht um Depressionen und wie einsam das Leben werden kann, wenn man sich in einem Loch wiederfindet.

Es geht um Casual Queerness. Um eine Liebesgeschichte, in der zwei Menschen sich verlieben, ohne dass Schwulsein zu einem der Konfliktpunkte der Geschichte wird.

Wie würdest du deinen Protagonisten River beschreiben?

Wir haben Riv während des Schreibens immer liebevoll unseren „Mopey Emo Boii“ genannt. Er ist das Grumpy Gegenstück zu unserem Sunshine Atlas.

Wir haben oft gewitzelt, dass er ein Anfang 20-jähriger, alter Mann, voller Teenage Angst ist. River muss vor allem versuchen, sich selbst wiederzufinden. Nach dem Tod seiner Schwester Forest versucht er, mit Linkin Park auf den Ohren und einer Kamera vor dem Gesicht, unbemerkt zu bleiben. Erst im Laufe der Geschichte blüht er dank Atlas wieder auf und findet die Schönheit des Lebens wieder.

Hast du selbst eine persönliche Verbindung zum Klettern?

Murphy: Meine Klettererfahrung beschränkt sich darauf, dass ich entweder zum Fotografieren auf gefährliche Felsvorsprünge kraxel, oder mit meinem besten Freund in leerstehende Gebäude klettere. Mich hat erst das Schreiben zu Rising Above motiviert, eine Boulderhalle zu besuchen und ich denke, ich werde auf jeden Fall zurückgehen. Hier also mein Life-Hack: Sports Romance schreiben, um Bock auf Sport zu bekommen!

Amber: Es kommt öfter vor, dass ich mich in Themen verbeiße und einer meiner Spezialinteressen sind Extremsport-Dokus wie „Free Solo“, die eine große Inspiration für dieses Buch ist. Kletterer sind ein ganz bewundernswerter Haufen verrückter Leute und genau das wollte ich in diesem Buch auch widerspiegeln. Obwohl ich selbst nicht freeclimbe, bin ich in den spanischen Bergen und an der Küste aufgewachsen und habe den Zusammenhalt in der Sportcommunity beim Surfen oder am Felsen immer bewundert. Als Kind hat man mich aber eher beim Schnorcheln und auf Bäumen wiedergefunden.

 

Wie sieht dein Schreibprozess aus?

Kennt ihr noch diese textbasierten Rollenspiele von früher? So ist Rising Above zu großen Teilen entstanden! Wir haben uns live getroffen, jede hat sich ihren Charakter geschnappt und dann gingen die Dialoge los. Das war unheimlich spaßig und erfrischend, denn keine von uns wusste, was ihr jeweiliger Prota dem anderen als nächstes an den Kopf schmeißt. Wir sind uns menschlich auf einer sehr fundamentalen Ebene sehr ähnlich – manchmal sagen wir auch, dass wir uns eine Gehirnzelle teilen – für mehr hat es nicht gereicht haha.

Wir haben uns beim Schreiben unheimlich gut ergänzt. Während die eine schneller tippt, als man lesen kann, ist die andere ein Genie darin, die Fäden der Story in der Hand zu halten. Mit diesen unterschiedlichen Skills wurde aus dem Rollenspiel-Skelett ein waschechtes Buch!

 

Bist du romantisch?

Stellt euch folgendes Szenario vor: Murphy ist voll am hypen, Liebeserklärungen schreiben und Kitsch zu fabrizieren, während Amber mit Würggeräuschen über dem Laptop daneben sitzt. Murphy ist definitiv die Romantic-Queen unseres Duos und neckt Amber ununterbrochen damit, dass sie, um Romance zu schreiben, ein bisschen Kitsch ertragen muss. Gleichzeitig hat Amber ein gutes Gefühl für die Tropes und besondere Momente, die Romance Leser*innen lieben.

 

Eher Team ‚Liebe auf den ersten Blick‘ oder ‚Zweite Chance‘?

Wir tun uns beide mit dem Konzept von „Liebe auf den ersten Blick“ schwer. Für Amber ist es mehr ein „Ich mag, wie du tickst“ und für Murphy eher ein „Attraktivität und Sympathie“. Wir können uns beide schnell verlieben, aber brauchen für tiefe Gefühle vor allem Zeit, Vertrauen und Freundschaft. Murphy glaubt auf jeden Fall an zweite Chancen und ist ein großer Fan davon, für die Liebe zu kämpfen – selbst, wenn es beim ersten Mal vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt war. Amber hingegen ist der Meinung, dass aufgewärmtes Essen zwar gut schmecken kann, sie aber lieber einen neuen Snack sucht.

Wofür machst du dich als Autorin von Gay Romances besonders stark, und was könnte in dieser Szene besser laufen?

Auch, wenn es in Rising Above um ein MM Pärchen geht, sehen wir das Buch als Queere Romance. Den Unterschied zur Gay Romance machen wir deshalb, weil sowohl Atlas als auch River sich selbst als Queer bezeichnen würden und nicht ausschließlich Männer daten.

Wir sind beide Pansexuell. Deswegen gibt es in dem Buch viele Aspekte unserer eigenen Queerness und unseres LGBTQIA+ Umfelds. Beispielsweise gibt es Lex, unsere nicht-binäre Figur, mit der sich Amber (she/they) sehr identifizieren kann. Sowie Rivers Hintergrund in der queeren Szene Londons, in der Murphy seit drei Jahren zuhause ist.

Wir wünschen uns für die Gay Romance Szene vor allem, dass heteronormative Schreibende queere Realitäten besser repräsentieren. Uns ist bewusst, dass diese Art von Büchern ein Problem damit haben, schwule Männer zu fetischisieren, oder ihre Charaktere auf das Schwulsein reduzieren. Wir sehen leider oft, dass heterosexuelle Cis-Frauen Profit mit Gay Romance Büchern machen, ohne sich anderweitig als Ally für queere Menschen einzusetzen. Vor allem wird dabei auch schwuler Sex häufig falsch dargestellt oder steht als Fetisch im Mittelpunkt. In Rising Above ging es uns vor allem um die emotionale Entwicklung von River und Atlas und dem Aufarbeiten von universellen Themen, wie ein schwieriges Verhältnis zu den Eltern, oder Trauerbewältigung.

Konkret fehlen uns bei Gay Romance vor alledem Bücher, in denen queere Personen Teil einer Community sind. Außerdem wünschen wir uns einen respektvollen Umgang mit den Lebensrealitäten schwuler Männer. Es wäre schön, wenn betroffene Autorinnen mit denjenigen, über die sie schreiben, in den Dialog gehen, offen zuhören und auch bereit sind, etwas zu ändern.