Interview Ivonne Keller im Interview

Worum geht es in Ihrem Hörbuch Vater, Mutter, Kind?

Um Neuanfänge.
Anja wird verlassen und muss mit ihrer Tochter neu anfangen.
Nerina ist vor vielen Jahren aus ihrer Heimat geflüchtet und mit ihrem Neuanfang in Deutschland kläglich gescheitert.
Und Marlies, deren Tochter vor Jahren verschwand, hängt seither in einer Dauerschleife auf der Suche nach ihrem Kind fest und kann nicht neu anfangen.

Wie würden Sie die Protagonistin Anja in wenigen Sätzen beschreiben?

Anja hat von sich das Bild einer selbstbewussten, modernen Frau, die ihr Leben im Griff hat. Sie ist ziemlich happy mit ihrem Teilzeitjob und ihrer kleinen Familie mit großzügigem Eigenheim und Garten. Als ihr Mann sie ohne Erklärung verlässt und zum Umzug in ein heruntergekommenes Siedlungshäuschen zwingt, erschüttert sie das bis ins Mark. Ihr Selbstbewusstsein gewinnt dann aber doch wieder die Oberhand. Sie ist eine Kämpferin.

In Vater, Mutter, Kind gibt es viele Geheimnisse und Rätsel um ein verschwundenes Kind. Wie sind Sie auf die Idee gekommen? Gibt es etwas Bestimmtes, das Sie inspiriert hat?


Ich vermute, das Thrillerautor:innen oft darüber schreiben, wovor sie sich selbst am meisten fürchten. Verlust der Heimat, Verlust eines Kindes, Verlassenwerden – alles Ereignisse, die auch mich aus der Bahn werfen könnten.
Zuerst war da die Geflüchtete Nerina, die in Deutschland mit den größten Hoffnungen ankommt und dann doch nur Zuschauerin bleibt, während Mann und Sohn sich mühelos integrieren. Da ich in der Flüchtlingshilfe aktiv bin, beobachte ich genau das jeden Tag. Erst während ich über diese fiktive Figur schrieb, kamen die Ideen zu den anderen Figuren und zu den Ereignissen, die so nicht stattgefunden hätten, wäre Nerina keine Geflüchtete.

Was macht für Sie einen gelungenen Thriller aus?


Wenn ich als Leserin so lange wie möglich im Ungewissen gehalten werde. Wenn sich immer neue Möglichkeiten der Auflösung ergeben. Ich brauche keine Verfolgungsjagten oder Blut. Für mich ergibt sich der Thrill durch die sich immer neu ergebenden Zweifel an der Zuverlässigkeit der Erzählerinnen.

Gibt es beim Schreiben Szenen, die Ihnen nahe gehen? Wie schaffen Sie es danach abzuschalten?

Wenn es um den Schmerz und das Leid um ein vermisstes Kind geht, nimmt mich das schon sehr mit. Ich muss mich hineinversetzen, wie es wäre – erst dann kann ich es ja auch authentisch schreiben. Allerdings kann ich das dann schon in dem Moment gut abschütteln, wenn ich den Computer runterfahre. Ich treibe außerdem sehr viel Sport, da wird der Kopf von ganz alleine frei. 

Sie schreiben neben Thrillern auch Liebesromane. Welches Genre gefällt Ihnen besser?
Schwer zu sagen! Selbst meine Liebesromane versuche ich spannend zu schreiben. Auch dort halten Rätsel Einzug. Und in meinen Thrillern geht es auch immer um Liebe. Nur die Schwerpunkte liegen anders, die Sprache unterscheidet sich. Ich kann mich da eigentlich gar nicht festlegen. Was sicher ist: eine zündende Idee für einen Thriller oder Krimi zu finden ist für mich persönlich schwerer als ein Thema für eine gelungene Liebesgeschichte.