Interview Bestsellerautorin Jane E. James über ihren packenden Psychothriller

Worum geht es in deinem Buch Der fremde Ehemann?

Linda hat alles: ein wunderschönes Haus, einen treuen Ehemann, zwei liebevolle Töchter. Aber sie wirft alles weg, um einem unmöglichen Traum nachzujagen. So ist sie nun allein, mittellos und lebt in einer schäbigen Mietwohnung. Da sie nichts zu verlieren hat, meldet sie sich bei einer Dating-App für über 50-Jährige an. Doch der eine Mann, der auf ihr Profil antwortet und sich Tony Fortin nennt, ist nicht der, der er vorgibt zu sein. Linda erkennt ihn sofort wieder. Er ist Marcus, ihr zweiter Ehemann. Aber das ist unmöglich. Marcus ist vor acht Monaten gestorben. Er ist vor der Küste von Korfu ertrunken. Als Linda tiefer gräbt, findet sie heraus, dass der Mann, den sie beim zweiten Mal geheiratet hat, sehr dunkle Geheimnisse vor ihr hatte. Nun ist die einzige Person, die ihr helfen kann, die Person, die allen Grund hat, sich nicht einzumischen. Ihr erster Ehemann.

 

Wie würdest du Linda in ein paar Worten beschreiben?

Ich denke, Linda würde sich selbst als die etwas über fünfzigjährige "No-Nonsense-Linda" beschreiben, als treue Ehefrau, hingebungsvolle Mutter und beste Freundin, die alles hingeschmissen hat, um einem unmöglichen Traum nachzujagen. Eine viel düsterere Shirley Valentine, wenn man so will.

Jane E. James Interview Portrait

Was ist es, das dich dazu veranlasst, über "die Dunkelheit im Inneren" zu schreiben?

Ich bin in einer kleinen ländlichen Gemeinde aufgewachsen, wo ich das Glück hatte, viel Freiheit zu erleben. Meine Kindheit bestand aus dem Reiten auf kaum eingerittenen Ponys, aus Streifzügen mit meinen Hunden durch die Landschaft, dem Erkunden verlassener alter Häuser (zum Spaß) und dem Schwimmen in Flüssen. Obwohl dies idyllisch (wenn auch ein wenig gefährlich) klingen mag, waren meine inzwischen verstorbenen Eltern verschlossene, problembeladene Menschen, und in unserem Haus herrschte eine düstere Stimmung. Auch wenn ich das jüngste von sechs Kindern war, hatte ich das Gefühl, dass es meine Aufgabe war, meine Eltern zu retten, aber das ist mir natürlich nicht gelungen. Wenn ich düstere Geschichten schreibe, die sich um dysfunktionale Familien drehen, kann ich eine gewisse Kontrolle über meine Figuren ausüben, wie ich es in jenen frühen Jahren nicht konnte, als ich mich nicht immer sicher fühlte. Ein letzter Versuch, meine Familie zu reparieren, wenn man so will. Ich hoffe, das erklärt "die Dunkelheit in mir", die mich dazu bringt, darüber zu schreiben.

 

Wenn du schaurige Geschichten oder Psychothriller schreibst, gibt es da Szenen, die dich besonders berühren? Wie gelingt es dir, dich nach dem Schreiben zu entspannen?

Meine Auseinandersetzung mit dunklen Themen kann manchmal triggernd sein. Für mich und für andere. Ich meine, haben nicht die meisten von uns irgendeine Form von Trauma? Ich versuche einfach mein Bestes, diese Szenen auf der Seite zum Leben zu erwecken, in der Hoffnung, dass die Leser:innen die gleichen Emotionen erleben wie ich. Ich entwickle eine emotionale Bindung zu meinen Figuren und versuche, potenziell aufwühlende Themen mit Sensibilität und Sympathie anzugehen, aber ich vermeide sie nicht. Was die Entspannung angeht, so helfen mir normalerweise ein langer Spaziergang, ein Kaminfeuer, eine Katze auf meinem Schoß und ein kaltes Glas Wein. Wenn das nicht geht, ein gutes Buch/ein Gruselfilm.

 

Du schreibst jetzt schon eine ganze Weile Thriller, Krimis und düstere Romane. Könntest du dir vorstellen, dich auch in einem anderen Genre auszuprobieren (z. B. Fantasy oder Romantik)?

Thriller, Krimis und düstere Romane werden immer mein bevorzugtes Genre sein, weil das die Art von Büchern (und Filmen) sind, die ich als Kind gelesen und gesehen habe (Stephen King, Tales of The Unexpected, Alfred Hitchcock, Susan Hills The Woman in Black usw.). Allerdings bin ich auch ein großer Fan der klassischen englischen Literatur. Ich habe sogar schon ein Konzept für ein solches Projekt (Bridgerton trifft Downton Abbey), aber das ist noch eine Weile hin, denn ich habe noch so viele Ideen für Psychothriller, denen ich nachgehen möchte. Ich habe auch eine Krimireihe geplant, aber da ich lieber Einzelromane schreibe, werde ich dieses beliebte Genre wohl den begabten Autoren überlassen, die die Kunst der Polizeiverfahren bereits beherrschen.

 

Wolltest du schon immer Autorin werden? Wie bist du dazu gekommen, dein erstes Buch zu schreiben (und es zu veröffentlichen)?

Wie viele Autor:innen war ich zunächst eine begeisterte Leserin (und bin es immer noch), bevor ich überhaupt daran dachte, Schriftstellerin zu werden. Ich habe schon immer Geschichten geschrieben, aber ich hätte nie gedacht, dass irgendjemand daran interessiert sein könnte, sie zu lesen. Mein Selbstvertrauen wuchs, als ich angefangen habe, als Reporterin für meine Lokalzeitung zu arbeiten, und da ich mir gerne Filme ansehe, habe ich in London auch ein Drehbuch-Diplom gemacht. Ursprünglich hatte ich mich für diesen Weg als Drehbuchautorin entschieden, weil ich nicht geglaubt habe, dass ich die nötige Ausdauer und Hingabe aufbringen würde, um einen Roman zu schreiben. Obwohl sich Filmproduzenten für meine Drehbücher interessierten, kam ich schnell zu dem Schluss, dass ein Leben in der Stadt nichts für mich war (im Grunde meines Herzens bin ich ein Landmensch), so dass ich meine ersten drei Drehbücher in Romane umwandelte, ein wesentlich leichterer Übergang in die Welt des Romanschreibens. Das erste Buch habe ich im Selbstpublishing veröffentlicht (mit wenig Erfolg, wie ich hinzufügen möchte), aber mein zweites wurde von einem kleinen, digitalen Verlag angenommen und zu meinem Erstaunen wurde es über Nacht zum Bestseller. Damit begann meine eigentliche Schriftstellerkarriere. Auch wenn es den Anschein hat, dass der Erfolg schnell und einfach kam, ist das Gegenteil der Fall. Davor wurde ich von Dutzenden von Agenten und Verlegern abgelehnt, und ich leide immer noch unter dem Impostersyndrom, wenn ich höre, dass man mich als "Bestsellerautorin" bezeichnet.

 

Hast du als Bestsellerautorin einen Rat für Debütautor:innen?

Auch wenn es wie ein Klischee klingt, mein Rat wäre, niemals aufzugeben. Ich schreibe seit meinen späten Dreißigern und kann erst jetzt erste Erfolge verzeichnen, wofür ich unglaublich dankbar bin. Schreib das, was du gerne schreibst, verfeinere dein Handwerk, schreibe jeden Tag, wenn du kannst, und wenn du Schwierigkeiten hast, die Aufmerksamkeit eines Verlags zu erregen, dann sei mutig und veröffentliche es selbst, aber lass es vorher von einem Profi lektorieren. Außerdem ist man nur einmal Debütautor, also genieße den Moment. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg!

 

Welches war das erste Buch, das du gelesen hast?

Ich erinnere mich an die Janet and John Bücher in der Vorschule, als ich das Lesen gelernt habe, aber The Secret Garden von Frances Hodgson Burnett ist das erste Buch, an das ich mich genau erinnern kann und das mich wirklich berührt hat. Ich habe die wunderbare Dunkelheit des Buches geliebt. Und die stimmungsvolle Welt, die die Autorin geschaffen hat. Der Garten wurde in meiner Vorstellung lebendig. Ebenso wie die dunklen Gänge des Hauses, das in der Geschichte vorkommt, Misselthwaite Manor.

Jane E. James Interview Bild Katzen

Wer hilft dir beim Schreiben? Wir haben ein wenig geschnüffelt und herausgefunden, dass du ein paar süße Assistenten hast!

Das habe ich in der Tat. Hero und Halo sind meine treuen katzenartigen Gefährten. Hero hat mich zu einer Zeit gerettet, als ich ihn am meisten brauchte, als ich allein war und eine schmerzhafte Scheidung durchgemacht habe, daher sein Name. Eines meiner Bücher ist ihm gewidmet, und in einem anderen kommt er (als er selbst) vor. Und der kleine Halo, der noch immer ein Kätzchen ist, ist so ein süßer, gutmütiger kleiner Kerl, der es liebt, am Bauch gestreichelt zu werden. Sie vervollständigen meine Familie, und ich möchte nicht ohne sie sein.

 

Hast du ein Lieblingsbuch? Hast du einen Buchtipp für uns?

Es gibt so viele brillante Romane und großartige Autoren, dass die Antwort darauf schwierig ist. Aber wenn ich mich für ein einziges Buch entscheiden müsste, dann wäre das Rebecca von Daphne Du Maurier. Den eindringlichen Anfang auf der ersten Seite, "Last night I dreamt I went to Manderley again", werde ich nie vergessen. Die unheimliche Dominanz dieses Hauses ist etwas, das ich in einigen meiner Werke einzufangen versucht habe, da ich mich schon immer zu gruseligen alten Häusern hingezogen gefühlt habe. Lesern, die an modernerer Literatur interessiert sind, empfehle ich Our House von Louise Candlish oder The Burning Girls von C.J. Tudor. Beides sind ausgezeichnete Bücher.