Interview Julia Lalena Stöcken über ihren historischen Abenteuerroman

Worum geht es in deinem Buch Reiter der Steppe?

3000 v. Chr. – Die Kupferzeit in Osteuropa
Die Menschen der Ebene leben friedlich in Stammesverbänden zusammen und betreiben Ackerbau und Pferdezucht, doch immer wieder kommt es zwischen den Clans zu blutigen Kämpfen.
Bei einem solchen Überfall auf den Graslandclan geraten die junge Ljuba und ihre Schwester in die Gefangenschaft des Schwarzen Fürsten Karan, der mithilfe seines Hauptmanns Cuska und dessen gefürchteten Kriegern die anderen Stämme in Angst und Schrecken versetzt. Um ihre Schwester zu schützen, geht Ljuba notgedrungen einen Handel mit Karan ein. Demütigung und Schmerz erwarten sie daraufhin beim Schwarzen Clan – bis sie plötzlich Hilfe von dem schweigsamen Hauptmann erhält. Und die Distanz zwischen den beiden reißt bald ein …

Der Roman besitzt ein historisches Setting und enthält Fantasy-Elemente.

 

Wie lange hast du daran gearbeitet?

Es gab eine sehr alte unfertige Version, von der später bloß die Grundpfeiler übriggeblieben sind. Wenn ich von dem Zeitpunkt ausgehe, an dem ich mich ernsthaft an die Recherche- und Schreibarbeit gemacht habe, waren es bis zur Beendigung inklusive Überarbeitung acht Monate. Das ist ziemlich schnell für mich.

 

Julia Lalena Stöcken Interview Tattoo
© Julia Lalena Stöcken

Wie kamst du auf die Idee für deine Geschichte?

Ganz einfach. Ich wollte unbedingt eine Geschichte schreiben, in der ein Hauptcharakter tätowiert ist :-D

Die ausführlichere Antwort ist diese: Ursprünglich gab es eine Fassung, die ich irgendwann vor dem Erreichen der Volljährigkeit und bloß zu einem Drittel geschrieben habe – ein High Fantasy Roman, der in einer eigenen Welt spielen sollte. Als ich meinen Debütroman Bluthund beendet hatte, konnte ich nicht direkt an der Fortsetzung weiterschreiben. Ich brauchte Abwechslung. Deswegen durchforstete ich meine Schreibordner und stieß auf Ljuba (die damals noch ganz anders hieß). Erneut gefiel mir die Idee mit den Stammesverbänden, den Fehden und vor allen Dingen den Schwarzen Kriegern. Alles Weitere war dann eher Zufall. Für die Recherche zu einer Kurzgeschichte war ich in der Heide unterwegs und habe mir Hügelgräber und das Archäologische Museum in Oldendorf/Luhe angesehen. Dort gab es ein Foto von der Höhlenmalerei aus der Grotte Les Trois Fréres, Dordogne. Das dargestellte Wesen wird unter anderem als „gehörnter Gott“ gedeutet. Das war wie ein Impuls – über diese Hirschgottheit wollte ich schreiben und plötzlich wurde mir bewusst, wie gut Ljuba in die Kupferzeit passte. Es gab all die Dinge, die ich dafür brauchte: Pferde, Stammesverbände, Krieger, eine tiefe religiöse Einstellung. Und Tätowierungen :-D

 

Julia Lalena Stöcken Interview Recherche
freigelegtes Hügelgrab - © Julia Lalena Stöcken

Wie kann man sich deine Recherchearbeit für Reiter der Steppe vorstellen?

Ich habe das Glück, dass in der Lüneburger Heide (quasi vor meiner Haustür) viele Funde aus dieser Epoche gemacht worden sind. Dadurch konnte ich mir im Museum Schüsseln, Werkzeuge, Waffen genau ansehen, das hat die anschließende Beschreibung enorm erleichtert. Außerdem habe ich einige Hügelgräber besichtigt und auch einen kleinen Steinkreis. Solche Orte flößen mir immer einen Heidenrespekt ein, aber auch ein schaurig-schönes Gefühl.

Später musste ich dann zeitlich alles in Einklang bringen, da Reiter der Steppe in Osteuropa spielen sollte und die Kupferzeit dort früher einsetzte als bei uns.

 

Julia Lalena Stöcken Interview Recherche 2
© Julia Lalena Stöcken

Wie würdest du Ljuba in einem Satz beschreiben?

Ljuba ist eine junge Frau, die behütet aufwächst, aber auch zu Gehorsamkeit und Loyalität gegenüber ihrer Familie und ihrem Stamm erzogen wurde – obwohl sie beim Schwarzen Clan um ihr eigenes Leben fürchten muss, kommt das Wohl ihrer Schwester für sie an erster Stelle.

 

Welche anderen Bücher, Autoren, Filme oder Ideen haben dich für dein Buch inspiriert?

Früher habe ich viele prähistorischen Romane gelesen. Zum Beispiel die Ayla-Reihe von Jean M. Auel, die Romane von Joan Wolf und von William Sarabande. Leider gibt es in diesem Bereich momentan nicht so viele Neuerscheinungen. Deswegen war ich geradezu gezwungen, selbst darüber zu schreiben – ich hoffe, dass andere Leser diese Thematik auch so sehr vermisst haben wie ich.

 

Welche Projekte planst du für die Zukunft?

Zurzeit schreibe ich parallel am dritten Teil meiner Hlew-Reihe und an der Fortsetzung von Reiter der Steppe. Und dann warten da noch so in etwa 15 andere Schreibideen darauf, in Angriff genommen zu werden …

 

Julia Lalena Stöcken Interview Profilbild
© Julia Lalena Stöcken

Was tust du, wenn du nicht am Schreiben bist?

Nachdenken. Über das Schreiben.

Aber wenn ich damit fertig bin, habe ich tatsächlich auch Hobbys. Ich zeichne (im Moment erschöpft sich das allerdings aufgrund von Zeitmangel in Skizzen von Charakteren), backe und koche sehr gerne und kümmere mich um meinen Garten. Gartenarbeit lässt sich übrigens super mit dem Über-das Schreiben-nachdenken kombinieren! Ich habe beim Beschneiden von Blutberberitzen schon ganze Plotlöcher gestopft …

 

Welches Buch liegt derzeit auf deinem Nachttisch?

Keins. Aber ich habe mir gerade sehr viele neue Bücher von befreundeten Autoren gekauft und ich habe vor, sie alle zeitnah zu lesen. *Klopft auf Holz*

 

Was erwartet uns im zweiten Band der Reiter der Steppe-Reihe?

Ein neuer Stamm, neue Protagonisten und eine neue Gottheit. Ach und das Geheimnis um eine uralte Fehde. Mehr möchte ich lieber noch nicht verraten.