Interview Nicola Layne Anderson im Gespräch

Worum geht es in eurem neuen Thriller Der Patient?

Es ist eine Geschichte, die zeigt, welchen Einfluss jeder Einzelne von uns auf das Leben anderer hat und wie eng unsere Geschichten und Schicksale miteinander verbunden sind. In „Der Patient“ treffen zwei Personen aufeinander, die sich in völlig unterschiedlichen Positionen befinden. Clifford Parker, der das Verhör führt, und Christian Evans, Patient in einer forensischen Psychiatrie, dem mehrere Morde in einer Nacht zugeschrieben werden. Obwohl die beiden sich niemals zuvor begegnet sind, sind sie doch durch Menschen verbunden, die einen starken Einfluss auf ihr Leben hatten.

 

Was macht für euch einen guten Psychothriller aus?

Unerwartete Wendungen und Enthüllungen sowie moralische Grauzonen, die den Leser herausfordern, eigene Urteile zu fällen. Ebenso wichtig sind emotionale Konflikte, komplexe Figuren und der Aufbau einer spannenden Atmosphäre.

 

Wie sah die Recherche zu diesem Roman aus?

Wir haben uns im Vorfeld Informationen von mehreren Fachleuten eingeholt, darunter Polizeibeamte, Psychologen und einer Psychiaterin im Justizvollzug. Obwohl der Schauplatz der Londoner Einrichtung fiktiv ist, haben wir uns auch angesehen, wie der Maßregelvollzug in einer forensischen Psychiatrie in Deutschland aufgebaut ist. Im letzten Jahr hatten wir die Gelegenheit, den Maßregelvollzug einer forensischen Psychiatrie in NRW persönlich zu besuchen und uns mit dem Wach- und Pflegepersonal vor Ort über den Alltag und das Therapieangebot auszutauschen. Diese Einrichtung ist auf psychisch- und/oder suchtkranke Patienten spezialisiert, die aufgrund ihrer Erkrankung straffällig geworden sind. Der eintägige Besuch hat uns einen guten Überblick über den „State-of-the-Art“ gegeben.

 

Wie funktioniert das Schreiben zu zweit?

Wir haben einen ähnlichen Schreibstil, sodass der Leser im besten Fall gar nicht bemerkt, dass es sich um ein Autorenduo handelt. Das gemeinsame Arbeiten fördert und schafft eine kontinuierliche, kreative Dynamik. In unserem Duo gibt es einen eher strukturierten und einen eher kreativen Part. Damit ergänzen wir uns wunderbar.

 

Was hat euch dazu inspiriert, diese Geschichte zu schreiben?

Vor allem wollten wir eine spannende Geschichte erzählen, die sich mit der menschlichen Psyche auseinandersetzt und in der die Schicksale der Charaktere miteinander verwoben sind. Die menschliche Psyche als Thema für einen Thriller bietet eine reichhaltige Grundlage für eine tiefgründige und packende Erzählung. Es ist oft nicht alles schwarz-weiß, sondern bewegt sich in Grauzonen, die moralische Mehrdeutigkeiten erforschen.

 

Glaubt ihr, Menschen sind von Grund auf gut oder böse?

Die Frage ist schwierig zu beantworten, und wir können sicherlich keine Antwort geben, die dieser komplexen und alten Debatte gerecht wird. Wir glauben nicht, dass Menschen von Grund auf gut oder böse sind. Menschen sind vielseitig: Im einen Moment selbstlos, im nächsten egoistisch. Sie können einem Mitmenschen empathisch und einem anderen grausam begegnen, je nach Erfahrungen, Beziehungen und Situationen.

 

Ist es schwierig für euch, nach dem Schreiben eines so düsteren Romans abzuschalten?

Nach dem Verfassen eines thematisch herausfordernden Kapitels ist es wichtig, eine bewusste Distanz zu schaffen. Diese hilft uns, eine klare Trennlinie zwischen Arbeits- und Privatleben zu ziehen, was essentiell ist, um eine ausgewogene Balance aufrechtzuerhalten.

 

Wen würdet ihr in einer Verfilmung für Christian Evans und Detective Parker casten?

Über die Besetzung von Christian Evans und Detective Parker in einer Verfilmung haben wir uns ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Doch die Vorstellung, dass unsere Arbeit auf die Leinwand gebracht wird, ist wirklich aufregend. Es gibt bereits die Idee, nicht nur Romane zu schreiben, sondern auch selbst einmal ein Drehbuch zu verfassen. Leider bleibt zu wenig Zeit für all die Ideen und Projekte, die wir gerne umsetzen würden. Aber wer weiß, vielleicht wird es irgendwann Realität und wir dürfen sehen, wie unsere Charaktere außerhalb der Seiten zum Leben erweckt werden.

Was macht für euch ein gutes Buch aus, das ihr privat lest?

Die Qualität der Handlung ist entscheidend. Sie sollte spannend, fesselnd und gut durchdacht sein. Auch die Charaktere sollten Tiefe haben, damit man sich mit ihnen und ihren Konflikten identifizieren kann. Unsere privaten Vorlieben unterscheiden sich in den Genres. Eine von uns bevorzugt Krimis/Thriller, der andere historische Romane/Science-Fiction.

 

Woher kommen eure Kenntnisse über Ermittlungen und die menschliche Psyche?

Wir verfügen über Kontakte zur Polizei und zur Staatsanwaltschaft, die uns bei unseren Recherchen unterstützen. Wir haben bei diesem Projekt auch Ärzte konsultiert. Wir machen uns auch immer persönlich ein Bild von den Schauplätzen, sei es im In- oder Ausland. Ein besonders wertvoller Teil unserer Recherche war der Zugang zum Maßregelvollzug einer forensischen Psychiatrie, der es uns ermöglichte, mit dem Personal zu sprechen und einen authentischen Einblick zu gewinnen.

 

Welche neuen Buchprojekte stehen für die Zukunft an?

Wir wollen dem Spannungsgenre zunächst treu bleiben und uns vorerst weiterhin auf Großbritannien konzentrieren, da wir uns sowohl für das Lebensgefühl in den Städten wie London, wie auch für die ländlicheren Gefilde begeistern können. Was wir genau damit meinen, werdet ihr bald zu sehen bekommen.