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Beim Besuch eines Weinguts in Frankreich wird ein junger Deutscher namens Johann König mit einer düsteren Episode des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Der Inhaber geht nicht eben feinfühlig mit ihm um. Die Tochter des Winzers kommt dem Besucher zu Hilfe. Doch Johann ist kein normaler Tourist, sein Besuch hat mit den damaligen Ereignissen zu tun und stellt in der Folge nicht nur das Leben der französischen Familie, sondern auch sein eigenes auf den Kopf. Im Schatten der Reben ist ein mit Humor gewürzter Roman über ein tragisches Familiengeheimnis, über Krieg, Feindschaft, Versöhnung und Liebe. Und natürlich eine Hymne auf Frankreich und Wein.
Wie kamst du auf die Idee zu der Geschichte?
Ich stelle mir permanent Situationen vor, die manchmal an persönlichen Erfahrungen anknüpfen. Das passiert automatisch, ohne zu wollen. Manche dieser Szenarien dienen mir als Ausgangspunkt für eine Geschichte. Im konkreten Fall lag der Keim für die Idee zu „Limeray“ wohl in einem Studienaufenthalt in Frankreich. Damals nahmen mich meine Gastgeber zu einer politischen Versammlung mit, wo auch die EU diskutiert wurde. Ich traute meinen Ohren nicht, als ein hochrangiger Gastredner die Kontrolle über das „gefährliche Deutschland“ als wichtiges Argument zugunsten der Staatengemeinschaft nannte. Nach all den Jahrzehnten noch immer dieses Misstrauen, diese Angst! Das ging mir nicht aus dem Kopf. Irgendwann stellte ich mir eine romantische Geschichte zwischen einer französischen Winzerin und einem deutschen Touristen vor. Dann erinnerte ich mich einerseits an die geschilderte Episode, andererseits an ein wenig bekanntes Kuriosum: Im Zweiten Weltkrieg gab es Tourismus, deutsche Soldaten machten damals in Frankreich Urlaub. Irgendwann kam ich auf die Idee, alle diese Komponenten miteinander zu verweben. Dabei ist ein Plot entstanden, der mir ideal erschien für eine ebenso romantische wie spannende Erzählung vor einem dramatischen historischen Hintergrund.
Beschreibe Simone und Johann in jeweils einem Satz.
Simone ist eine hemdsärmelige und schlagfertige Frau, die ihre Sensibilität mit markant französischem Humor überspielt. Johann ist der typische Introvertierte, dessen Qualitäten – Intelligenz, Anstand, Zuverlässigkeit, Idealismus – gern unterschätzt werden, weil er keine Show abzieht und nicht viel quatscht, sondern handelt.
Dein Roman spielt inmitten französischer Idylle. Welchen Bezug hast du zu Frankreich?
Meine Familie hat einen historischen Bezug zu Frankreich. Sowohl mein Vater als auch mein Großvater mütterlicherseits waren im Zweiten Weltkrieg dort eingesetzt. Mein Vater war zum Zeitpunkt der Invasion in der Normandie. Ich hatte das Glück, Frankreich als Tourist in Friedenszeiten kennenzulernen. Neben vielen Reisen hauptsächlich nach Paris und Toulouse hat mich vor allem ein sechsmonatiger Studienaufenthalt in La Rochelle und Amboise geprägt. Die Sprache hat mir die Türen zu Frankreich geöffnet, ich habe das Land lieben gelernt. Dazu kommt, dass ich meine Ehefrau, eine Spanierin, in Frankreich kennengelernt habe. Sie ist perfekt zweisprachig und unser Freundeskreis ist sehr frankophon geprägt. In unserem Haus wird oft Französisch gesprochen.
Trinkst du auch gerne Wein? Hast du schon einmal bei einer Führung auf einem Weingut teilgenommen?
Ich trinke zwar gerne Wein, aber es wäre anmaßend, mich als Connaisseur zu bezeichnen. Zu Weingütern habe ich eine sehr enge und emotionale Beziehung. Nicht nur wegen einiger Reportagen, die ich während meiner Jahre als Journalist geschrieben habe: Im Rahmen meiner Mitarbeit an zwei Weinführern habe ich ausführliche Interviews mit rund 70 Winzern geführt. Und was das Emotionale betrifft: Meine Hochzeitsfeier fand auf einem historischen Weingut statt, das seit 500 Jahren im Eigentum derselben Familie ist.
Wie sieht dein typischer Alltag als Autor aus?
Für mich als Vollzeit-Angestellten eines internationalen Steuerbüros beschränkt sich mein „Autoren-Alltag“ auf Tagesränder, Wochenenden und Urlaube. Allerdings habe ich immer ein Notizbuch dabei, nach dem ich sofort hechte, wenn der Blitz der Inspiration einschlägt.
Im Schatten der Reben ist nicht dein erstes Buch. Worauf kommt es bei einem guten Roman an?
Drei Aspekte stehen meiner Ansicht nach vor allen anderen (gutes Schreiben erwähne ich nicht, die setze ich voraus): Lebendige Figuren, eine verblüffende jedoch trotzdem plausible Handlung, und nicht zuletzt solide Recherche. Ich stelle fest, dass ich mit jedem Romanprojekt mehr Zeit und Energie auf die Vorarbeit verwende. Auch werde ich mir selbst gegenüber immer kritischer und sehe Thomas Manns Definition bewahrheitet, wonach ein Schriftsteller jemand ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten.
Hast du noch einen Buchtipp für uns?
Meine Preise von Thomas Bernhard. Der österreichische Dramaturg und Literat beschreibt darin meisterhaft und nur teilweise mit der gewohnten Bosheit die Ehrungen, die ihm zuteil wurden, und welche skurrilen Situationen sich dabei ergeben haben. Dabei fällt mir auf, dass hier nur schreibende Männer namens Thomas in Erscheinung treten, Thomas Bernhard ist nun schon der dritte, wenn ich mich frecherweise dazurechne. Deshalb schiebe ich einen zweiten Tipp nach, wenn ich darf: Hitlers Wien von der leider schon verstorbenen Historikerin Brigitte Hamann. Wer die Tragik des 20. Jahrhunderts in Europa und deren berunruhigende Verbindung mit der Gegenwart verstehen will, kommt an diesem brillianten Sachbuch nicht vorbei.