Interview Thomas Fitzner im Interview

Worum geht es in deinem Buch Deine fremde Tochter?

Eine holländische Versicherungsdetektivin soll klären, ob für den amtlich deklarierten, jedoch unbewiesenen Tod einer Millionärstochter eine hohe Versicherungssumme ausbezahlt werden kann. Sie vollzieht die Reise der jungen Frau nach, recherchiert in Marokko und stößt bald auf Ungereimtheiten in der offiziellen Version des Geschehens.

Thomas Fritzner Interview Atlas

Rita ist Versicherungsdetektivin, wie hast du dafür recherchiert, oder arbeitest du selbst in dieser Branche?

Speziell während meiner Jahre bei der UNO hatte ich Kontakt zu erfahrenen Sicherheitsexperten und war auch selbst an der Untersuchung von Zwischenfällen beteiligt. Das waren zwar keine Versicherungsfälle, aber die Logik einer Ermittlung ist im Grunde überall dieselbe. 

Thomas Fritzner Interview Foto UN
Thomas Fitzner auf Patrouille der UN

Um den Fall aufzuklären wird Rita nach Marokko geschickt. Warst du selbst vor Ort und hast dort das Setting angeschaut?

Ich habe die Schauplätze aus zwei Perspektiven erlebt: Als Rucksacktourist und als UN-Offizier. Insgesamt habe ich über ein Jahr in der Region verbracht. Nachdem ich Französisch, Spanisch und auch ein wenig Arabisch spreche, hatte ich einen sehr intensiven Kontakt mit den Menschen in Marokko und in der Westsahara.

 

Einige deiner Bücher spielen auf Mallorca, wieso hast du dieses Mal Marokko gewählt?

A priori bevorzuge ich Schauplätze, die ich sehr gut kenne, weil es hilft, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen und attraktive atmosphärische Beschreibungen zu liefern, ohne in Klischees zu verfallen. Da ich schon in mehreren Ländern gelebt habe, kann ich wählen. Mein erster Roman spielt in Mexiko, dort habe ich zwei Jahre verbracht.

Thomas Fritzner Interview Reisetagebuch
Reisetagebuch Marokko

Woher nimmst du deine Ideen?

Aus der Realität. Ich sauge konstant Informationen, Geschichten und Bilder auf. Keine Ahnung wie, aber in meinem Kopf entstehen dann Ideen für Geschichten. Manchmal liefert auch ein Traum die Idee. Es ist, als ob in meinem Hirn eine Geschichtenfabrik am Werk wäre, die ohne mein Zutun konstant Plots produziert. Ich habe wesentlich mehr Ideen, als ich je umsetzen könnte – die Entscheidung, in welchen Plot ich meine Zeit investieren soll, fällt oft schwer. 

Du warst schon an vielen Orten auf der Welt. Welcher hat dich am meisten beeindruckt und warum?

Wahnsinnig schwer zu beantworten, weil ich mich in die meisten Länder komplett verliebe, wenn ich einmal dort bin. In Norwegen hat mich die Schönheit der Natur nahezu schockiert, in Israel die intensive Atmosphäre, aus dem Yemen kam ich wie in Trance zurück und wenn ich mich an Mexiko erinnere, wollen mir die Tränen kommen. Aber in Summe – und sorry für alle anderen – ist für mich Frankreich das beeindruckendste Land, weil es mich auf allen Ebenen in Ekstase befördert: kulturell, landschaftlich, gastronomisch, architektonisch, historisch, die Sprache, die Filme, die Literatur, der Humor, Paris, die nicht immer pflegeleichten Franzosen mit ihren Marotten und ihrer Lebensart – so etwas gibt es auf diesem Planeten nur einmal.

Thomas Fritzner Interview Camp Polisario
Camp Polisario

Um was geht es in deinem nächsten Roman?

Derzeit arbeite ich an der Idee für einen parapsychologischen Thriller.

 

Wie bist du zum Schreiben gekommen? Woher kam die erste Idee?

So banal es klingt: Ich schreibe, seit ich schreiben kann. Meinen ersten Roman habe ich mit zehn Jahren verfasst. Eine abstruse Polarforscher-Story, wahrscheinlich von Dokumentarfilmen inspiriert. Gottseidank hat der Verlag, an den ich das handgeschriebene Manuskript schickte, abgelehnt. Aber die waren nett und haben mir ein Buch geschenkt und mich ermutigt, nicht aufzugeben. Habe ich befolgt.