Leseprobe Das Geheimnis der furchtlosen Lady

Prolog

Der Honourable Heathcliff Marston, ältester Sohn von Viscount Kilpatrick, hatte eine ziemlich perfekte Kindheit. Mit Eltern, die echte Zuneigung füreinander empfanden, war er das Ergebnis einer wahrhaften Liebesheirat. Es war in der Gesellschaft so selten wie ein weißer Rabe, aber als Kind hatte er nicht die Erfahrung, um zu realisieren, was für ein Geschenk es war, Eltern zu haben, die einander tatsächlich liebten und nicht nur die Gesellschaft des anderen tolerierten. Er hatte das Glück, der Sohn eines Engländers zu sein, und das Pech, wie manche es nennen würden, eine schottische Mutter zu haben. Das Anwesen seiner Mutter nahe Edinburgh war der Grund, weshalb sein Vater sich entschloss, mit der Familie in Schottland zu bleiben und für die Saison nach London zu reisen.

Schon als Junge liebte Heathcliff die Wildnis von Schottland und hasste die Besuche in London. Als er alt genug war, um seine Schulbildung in Eton aufzunehmen, hegte er in den ersten paar Wochen einen ziemlichen Groll gegen seinen Vater, bis er Lucas Mayfield traf, den Erben der Grafschaft von Heightfield.

Es war Freundschaft auf den ersten Kampf.

Und was für ein Kampf es war.

Lucas hatte schon immer eine spitze Zunge und Heathcliff hatte das Temperament seiner schottischen Mutter, was eine explosive Kombination darstellte, die für Unbeteiligte oft Ärger bedeutete.

Ramsey Scott, der Marquess of Sterling, schloss sich schließlich dem Freundeskreis an und ergänzte den widerspenstigen Haufen mit ein wenig mehr Ernst. Oft war er die Stimme der Vernunft, derjenige, der die Fäuste zurückhielt, und der Einzige, der weder eine blutige Nase noch blutige Knöchel abbekam. Kurzum, er war der Puffer zwischen den beiden.

Diese Freunde waren es, die bei der Beerdigung seiner Mutter an seiner Seite standen und stumm ihre Unterstützung anboten, als Worte nicht ausreichten.

Und verdammt, er wünschte, er hätte auf sie gehört und wäre in London geblieben, anstatt im Sommer 1809 nach Hause zu reisen. Er hatte erwartet, dass er seinem untröstlichen Vater helfen würde. Eine ehrenwerte Sache, doch er war vom eigentlichen Plan abgelenkt worden, als er Margot Reynoldford, die Tochter eines örtlichen Gutsherrn, wiedertraf.

Er erinnerte sich an sie aus seiner Kindheit, doch sie war längst kein Kind mehr. Mit ihrem wallenden, kastanienbraunen Haar, den grünbraunen Augen und dem unbeschwerten Lächeln zog sie Heathcliff in kürzester Zeit in ihren Bann.

Den Großteil des Sommers verbrachte er damit, nach ihrer Zuneigung zu streben, die sie ihm auch bereitwillig gab. Die Luft war erfüllt von Erwartungen, als Geflüster um ihre Werbung laut wurde. Es war beinahe Ende Juli, als Heathcliff seinen Vater von der bevorstehenden Verlobung mit Margot unterrichtete.

Nie im Leben hätte er etwas anderes als Zustimmung zu seinem Antrag erwartet und nie hätte er geglaubt, sein Vater würde etwas anderes tun, als ihm zu seiner eigenen Liebesheirat zu gratulieren. Als sein Vater ihm von der Verbindung abriet, war er schockiert.

Heathcliff versuchte, seinen Vater davon zu überzeugen, dass es sich um eine Liebesheirat handelte. Heathcliff verehrte sie, betete jedes Lächeln an, als wäre es der Sonnenaufgang und Sonnenuntergang seines Lebens. Sicherlich musste sein Vater das verstehen! Er hatte die liebevolle Beziehung zu seiner Frau genossen, da würde er doch dasselbe für seinen Sohn wollen? Als sein Vater sein Zögern ausdrückte, brach Heathcliff die Diskussion abrupt ab, indem er erklärte, dass sein Vater zu sehr unter seinem gebrochenen Herzen litt und nicht wollte, dass irgendjemand Freude empfand, da er selbst es nicht länger konnte. Es war ein Tiefschlag, einer, der bei zukünftigen Streitigkeiten mit seinem Vater zum selben Thema immer wieder aufgenommen wurde.

Heathcliff stürmte aus dem Arbeitszimmer, wählte seinen eigenen Weg und machte am gleichen Abend Margot einen Antrag.

Sobald das Aufgebot verlesen werden konnte, heirateten sie und luden nicht einmal seine engsten Freunde ein. Stolz und Torheit redeten ihm ein, dass sie die Verbindung nicht gutheißen würden. Selbst wenn er wusste, dass es seine eigenen Fehler waren, die sich zu offenbaren begannen.

Darum bemüht, seine Braut glücklich zu machen, verschrieb Heathcliff sich der Ehe mit Leib und Seele und erfüllte jedes ihrer Bedürfnisse, jeden ihrer Wünsche, ganz gleich wie überzogen diese sein mochten. Ihr Lächeln erfüllte ihn und gab ihm das Gefühl, als wäre es die aufgehende Sonne in seinem Leben.

Nur um herauszufinden, dass sie ihre eigene aufgehende Sonne hatte.

Nicht einmal sechs Monate waren seit der Hochzeit vergangen, als seine Welt zerbrach. Er war früher als geplant aus England zurückgekehrt und wollte seine Frau mit einer wunderschönen Spieluhr aus Italien überraschen, ein Geschenk, das er bereits Monate zuvor bestellt hatte.

Er sprintete die Stufen hinauf, nur um seine Frau rittlings auf einem anderen Mann vorzufinden, in seinem Bett. Die Spieluhr fand ihr jähes Ende, als er sie quer durch den Raum schleuderte und dadurch das Paar auf seine Anwesenheit aufmerksam machte. Das Geräusch, als sie gegen die Wand knallte, echote in seinen Gedanken.

Seine Frau tat nicht einmal so, als würde sie sich schämen.

Da er wusste, dass Blut an seinen Händen kleben würde, wenn er bliebe, stürmte er hinaus. Eine Scheidung war die einzige Option. Er würde seine Frau mit niemand anderem teilen und er war nicht Narr genug, um so zu tun, als könnte er darüber hinwegsehen.

Dann gestand sie, dass sie schwanger war. Wenn Verrat der Sarg für sein Herz gewesen wäre, dann wäre diese Offenbarung der letzte Nagel

Denn sie war sich nicht sicher, wer der Vater war.

Was nur bedeuten konnte, dass dies sein Kind sein könnte.

Konnte er es riskieren, seinen eigenen Sohn oder seine Tochter zu verlassen? Er konnte nicht, würde es nicht riskieren – ganz gleich, welche Sünden seine Mutter begangen hatte, das Kind war unschuldig.

Also schickte er Margot auf sein Anwesen in den schottischen Highlands und wartete.

So untröstlich und verbittert er auch war, da war sein Vater als einzige Stimme der Vernunft und unterstützte ihn darin, sich nicht von seiner Frau scheiden zu lassen.

Als eine Erinnerung an den Herzschmerz bestellte er eine Kopie der Spieluhr, die er für Margot gekauft hatte.

Auf dass er es niemals vergessen würde.

Das Kind wurde tot geboren und Margot folgte ihm kurz darauf.

Als wäre das nicht genug Herzschmerz für einen Mann, war kein Ende in Sicht.

Am nächsten Tag, als Heathcliff das Arbeitszimmer seines Vaters betrat, fand er ihn zusammengesunken auf seinem Stuhl. Der Arzt sagte, es wäre sein Herz gewesen.

Und innerhalb einer Woche hatte Heathcliff jeden verloren.

Inklusive sich selbst.

Er kehrte nach London zurück, nur um festzustellen, dass in Lucas’ Leben ein ähnlicher Aufruhr stattgefunden hatte.

Ramsey war der letzte Aufrechte.

Doch auch er würde fallen.

Erst als sie alle den Verrat anderer überlebt hatten, richteten sie ihre Bemühungen darauf, die Gesellschaft, die ihren Schmerz so leichtfertig abgetan hatte, vor den Kopf zu stoßen.

Als Lucas die Idee einer Spielhölle hatte, waren sowohl Heathcliff als auch Ramsey schnell dabei. Für adlige überzeugte Junggesellen wie sie war es an der Zeit, das Leben zu genießen, anstatt sich in dem Schmerz zu suhlen, den das Schicksal ihnen zugefügt hatte. Lucas’ Idee hatte einen Namen – einen verdammt aufschlussreichen.

Anders als all die anderen Spielhöllen Londons würde diese hier durch Anonymität gedeihen. Keine Namen. Keine Gesichter. Masken und äußerste Exklusivität, die keine andere Hölle bieten konnte. Kein Haken, denn dort, wo es Privatsphäre gab, gab es auch Sicherheit, Vergnügen.

Temptation. Verlockung.

Kurz, süß und direkt auf den Punkt.

Denn wenn du im Moment der Verlockung lebst, bist du viel zu vereinnahmt, um noch einen Gedanken an die Vergangenheit zu verschwenden – und an die Geister, die dich verfolgen.

***

London, 1815

„Es ist so schade, dass Sie Ihren neuen Arbeitgeber nicht kennenlernen werden, Miss Miranda.“ Mitleid strahlte aus Lady Barrots klaren blauen Augen. Sie beugte sich vor und legte ihre behandschuhte Hand auf Mirandas, während sie ihren Nachmittagstee im Salon der Barrots einnahmen.

Miranda – sie übte den Namen in ihrem Kopf und versuchte sich an die neue Identität und deren Notwendigkeit zu gewöhnen – nickte einmal. „Ich verstehe, Lady Barrot. Es ist unglücklich, aber es ist deutlich, dass es andere Entwicklungen gibt, die zu berücksichtigen sind.“ Entwicklungen war leicht zu sagen. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte sich ihr Leben drastisch verändert.

Viscount Kilpatrick war nicht nur ihr neuer Arbeitgeber, sondern auch der beste Freund des neuen Ehemanns ihrer Schwester, Lord Heightfield. Diesen Umständen war es zu verdanken, dass sie es geschafft hatte, ihrem tyrannischen Vater, dem Duke of Chatterwood, zu entgehen, indem sie eine temporäre Anstellung unter dem Schutz des Viscounts annahm.

Bis die Kutsche sie nach Edinburgh, Schottland, in Sicherheit bringen konnte, hielt sie sich nun in der Residenz von Lord und Lady Barrot versteckt, treuen Freunden und Wohltätern des geheimen Unternehmens ihres neuen Schwagers. Sie war sich nicht sicher, worum es bei diesem Unternehmen ging, doch sie wusste, dass es von der skandalösen Sorte war. Daher fand sie sich nun in einem prächtigen Londoner Salon wieder, während sie darauf wartete, dass es Zeit war, vollständig zu entkommen. In der Zwischenzeit wurde von ihr erwartet, den Viscount zu treffen, doch gerade hatten sie eine Nachricht von seinem Anwesen erhalten.

Mehrere Privatdetektive hätten ihn nach dem Aufenthaltsort der verschwundenen Töchter des Dukes befragt. Es sei von höchster Wichtigkeit, dass er jegliche Vermutungen, die sie hatten, zerstreute. Tatsächlich war Miss Miranda überrascht, dass ihr Vater nicht den örtlichen Magistrat auf das plötzliche Verschwinden seiner beiden Töchter angesetzt hatte, doch als sie darüber nachdachte, vermutete sie, dass er keine Aufmerksamkeit auf ihre Abwesenheit hatte lenken wollen. Nicht die volle Kontrolle zu haben, war eine Todsünde.

Anstatt den Viscount zu treffen, den Mann hinter den vielen Geschichten ihrer Schwester, nahm sie Lady Barrots Worte einfach hin und wartete darauf, dass es Zeit wurde, alles hinter sich zu lassen, was sie je gekannt hatte, und sich in ein Abenteuer zu stürzen, von dem sie nie gewusst hatte, dass sie es wollte.

Aber Freiheit war immer die erste Wahl eines Gefangenen, und selbst wenn ihr Käfig vergoldet war, war es dennoch ein Käfig. Und zum ersten Mal würde sie ihre Flügel ausprobieren. Darauf hoffend, dass sie irgendwie instinktiv wissen würde, wie man flog.

Und der Ort, an dem sie ihre Flügel ausprobieren würde, war Schottland.

Kapitel 1

Edinburgh, Schottland

Zwei Tage später

Miranda tat einen tiefen Atemzug durch die Nase, um sich zu beruhigen. Dann zwang sie sich dazu, eine entspannte Haltung anzunehmen. Der Lakai streckte eine Hand aus, um ihr seine Hilfe beim Aussteigen aus der Kutsche anzubieten, und mit einem entschlossenen Schritt nach vorn nahm sie sie.

Ihr Blick wurde von dem großen Herrenhaus vor ihr angezogen. Grauer Stein ragte hoch über dem Innenhof empor, mit wunderschön getrimmten Buchsbäumen, die bei ihr sofort für Heimweh nach London sorgten. Als sie aus der Kutsche stieg, knirschte der Kies unter ihren Füßen. Sie ließ die Hand des Lakaien los und begegnete dem neugierigen Blick einer älteren Dame neben der Tür. Ihre perfekte Haltung verriet einiges an englischer Schule. Ihr einladendes Lächeln, das Miranda anzog, war eindeutig schottisch, nicht distanziert wie das der meisten anständigen englischen Dienstboten.

„Es ist mir eine Freude, Miss Miranda.“ Die Frau nickte freundlich und trat vor. „Ich bin die Haushälterin, Mrs Keyes. Wir freuen uns sehr, Sie bei der Dienerschaft hier auf Kilmarin zu haben. Sie werden sicher eine Bereicherung sein.“ Ein leichter Dialekt schimmerte zwischen der sonst deutlichen Aussprache durch.

Miranda neigte freundlich den Kopf, während sich ihre Gedanken überschlugen. Wie sollte sie vorgeben, eine Gouvernante zu sein, wenn sie als Tochter eines Herzogs aufgewachsen war? Sie knickste leicht. „Es freut mich, Ihnen behilflich sein zu können. Ist die junge Lady, die ich unterrichten soll, bereits hier oder noch auf Reisen?“

Mrs Keyes lächelte erneut. „Sie ist eindeutig hier, Miss Miranda.“

Miranda war sich nicht sicher, wie ihre Worte gemeint waren, aber ein Schauer der Vorahnung lief ihr über den Rücken. Vielleicht würde es doch nicht so leicht werden, wie ihre Schwester Liliah es sie hatte glauben lassen.

Beim bloßen Gedanken an Liliah zog sich ihr Herz vor Trauer zusammen. Wie sehr sie sie vermisste, und dabei waren nicht einmal vierzehn Tage vergangen! Rasch erinnerte sie sich daran, dass sie sie eines Tages wiedersehen würde. Als Frischvermählte verdiente ihre Schwester einen gewissen Grad an Privatsphäre.

Hitze schoss ihr ins Gesicht, als sie daran dachte, doch sie schob den Gedanken fort und konzentrierte sich wieder auf ihre derzeitige Aufgabe.

Unterzutauchen.

Jemand zu sein, der sie nicht war – doch das sollte nicht so schwer sein. Hatte sie nicht genau das den Großteil ihres Lebens getan?

„Wenn Sie mir folgen möchten, Miss Miranda, dann zeige ich Ihnen Ihr Zimmer und gebe Ihnen etwas Zeit, um sich vor dem Abendessen frisch zu machen.“ Mit einem schnellen Drehen ihres Handgelenks gab Mrs Keyes dem Lakaien ein Zeichen und Miranda folgte der Frau, als diese die Marmortreppen hinaufging.

Mrs Keyes nickte dem Butler an der Tür zu. „Sothers, dies ist Miss Miranda. Sie wird Miss Iris’ Gouvernante.“

Der Butler senkte seinen grau-weißen Kopf und murmelte ein leises Willkommen.

Vor ihm machte Miranda ebenfalls einen Knicks.

Ihren Blick hielt sie auf den Boden gerichtet. Die Fliesen waren von einem satten Grün, einer Farbe, die sie eher mit Irland als mit Schottland verband, doch irgendwie passte sie. Ein Wappen hing an der Wand, zusammen mit einer altertümlich wirkenden Rüstung. Zweifelnd beäugte sie das Schwert, in der Hoffnung, dass es fest in der Wand verankert war.

„Ja, Lord Kilpatrick lässt dieses heruntergekommene Ding in der Eingangshalle hängen. Wir haben unser Bestes gegeben, ihn davon zu überzeugen, es woanders unterzubringen, aber es gehörte seinem Großvater und dann seinem Vater. Beide haben es an genau diesem Platz aufbewahrt. Eine Tragödie, wenn Sie mich fragen. Es gibt so viele Dinge, die auf Gäste wesentlich einladender wirken würden. Nicht, dass wir oft welche hätten.“ Sie zuckte mit den Schultern und ging weiter.

Miranda biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um sich ein Grinsen zu verkneifen. Schottland unterschied sich ziemlich von England. Entweder das oder die Dienerschaft redete miteinander vollkommen anders als mit ihren Herrschaften. Sie vermutete Letzteres.

Obwohl es wirklich seltsam war, an den privaten Räumlichkeiten vorbeizugehen und Mrs Keyes in den Bereich zu folgen, in dem das Kinderzimmer untergebracht war, rief sie sich in Erinnerung, dass dieser Ort sicher war.

Merkwürdig, wie so ein kleines Wort so viel bedeuten konnte.

Die Sonne schien durch die breiten Fenster, als Mrs Keyes die Tür öffnete. Mehrere Tische waren strategisch auf dem Holzboden platziert worden, einige Bücherregale säumten die Wände zwischen den Fenstern. Miranda betrat den Raum und nahm den überwältigenden Ausblick über die Gärten, die sich hinter Kilmarin erstreckten, in sich auf. Grüne Hügel erhoben sich in der Ferne und bildeten vor ihren Augen eine pittoreske Szene. Hecken umrahmten die Gärten, Steinbögen führten vom mittleren Hof in einige kleinere, und in der Mitte gab es einen Springbrunnen.

„Es ist majestätisch, nicht wahr?“, sagte Mrs Keyes, als sie neben Miranda trat. „Natürlich bin ich voreingenommen, da ich schon hier war, als der Master noch nicht einmal laufen konnte. Aber ich wage doch zu behaupten, dass es prächtig ist.“

„Es ist wunderschön“, stimmte Miranda zu. „Und der Himmel.“ Sie blinzelte in das Azurblau, das viel heller wirkte als in London.

„Ach, stimmt, Sie sind aus London. Es ist etwas heller hier. Nicht immer; es ist hier ziemlich regnerisch, so nah am Meer. Aber zumindest sind Sie nicht in der Innenstadt von Edinburgh. Da hätten Sie den Rauch, den Sie gewohnt sind. Obwohl wir nur eine Meile davon entfernt sind, ist die Luft viel besser – und man kann immer noch das Meer schmecken.“ Unbekümmert zuckte sie mit den Schultern.

Miranda atmete durch ihre leicht geöffneten Lippen ein und lächelte, als sie die salzige Seeluft auf der Zunge schmeckte. Es erinnerte sie an Zeiten, als der Wind vom Meer her in die Stadt geweht war. „Ich liebe das Meer.“

„Ich bin mir sicher, Miss Iris würde sich über die eine oder andere Exkursion freuen“, bemerkte Mrs Keyes, ehe sie sich von den Fenstern entfernte. „Apropos Miss Iris, Sie werden sie beim Abendessen kennenlernen. Da niemand sonst aus der Familie zurzeit hier ist, habe ich mir die Freiheit genommen, den Tisch nur für Sie beide zu decken. Ich weiß nicht, wie Sie das Abendessen üblicherweise handhaben, aber da es nur Sie beide sind, dachte ich, Sie würden wohl nicht gern allein essen.“

„Ich danke Ihnen, ich bin mir sicher, das ist eine gute Idee“, sagte Miranda, während sie einen Blick auf eines der nahen Bücherregale warf.

„Schauen Sie ruhig, welche Ausgaben wir haben, und lassen Sie es mich wissen, wenn Ihnen etwas fehlt. Sie verstehen sicher, dass Lord Kilpatrick sich für Miss Iris die bestmögliche Ausbildung wünscht.“

Miranda stimmte zu. „Ich bin mir sicher, die Auswahl wird reichen, bis ich …“ Miranda brach ab und überlegte, wie sie tatsächlich das lehren sollte, was gelehrt werden musste. „Bis ich weiß, wo meine Schülerin in den verschiedenen Fächern steht“, beendete sie den Satz, erleichtert, wie sie mit der Frage umgegangen war. Heute Abend würde sie die Bücher durchgehen und sich Notizen machen, an was sie sich von ihrer eigenen Gouvernante noch erinnerte. So schwer konnte das nicht sein, oder?

„Dann werde ich nun gehen und Ihnen ein paar Augenblicke Ruhe gönnen.“ Mrs Keyes nickte und wandte sich ab, doch Miranda hätte schwören können, sie flüstern zu hören: „Sie werden sie brauchen.“ Bevor Miranda nachfragen konnte, deutete sie in Richtung Tür. „Folgen Sie mir, ich werde Ihnen Ihre Räume zeigen.“

Miranda zögerte, doch sie kommentierte die Worte der Haushälterin nicht. Stattdessen folgte sie der Frau in den angrenzenden Raum, den Blick auf ihre Spitzenhaube gerichtet.

„Wenn Sie etwas brauchen, zögern Sie nicht, mir Bescheid zu geben.“ Mrs Keyes machte eine Handbewegung, die den ganzen Raum mit einschloss.

Neben einem hohen, prächtigen Fenster mit Blick auf einen anderen Teil der Gärten befand sich ein kleiner Sekretär. Auf einer großen Kommode entdeckte sie eine Karaffe mit Wasser und auf einem Schminktisch einen kleinen Spiegel. Dem Standard einer Gouvernante nach war es ziemlich beeindruckend.

Dem Standard einer Lady nach war es unterdurchschnittlich.

In der Mitte des Raums stand ein kleines Bett und augenblicklich vermisste Miranda ihr Federbett und den Bettwärmer, der die Laken aufheizte, bevor sie sich hineinkuschelte und dem Knacken des Feuers lauschte.

Sie warf einen Blick ans andere Ende des Raums und beim Anblick des größeren Kamins dort entspannte sie sich etwas. Zumindest würde sie nicht frieren – auch, da zurzeit Sommer war.

Sie hatte vom schottischen Winter gehört und wusste nicht, wie lange sie hier sein würde.

Ein leichter Schauer rann ihr über den Rücken.

Verspätet bemerkte sie, dass Mrs Keyes auf irgendeine Reaktion von ihr wartete.

„Vielen Dank, ich bin mir sicher, es ist mehr als annehmbar“, erwiderte Miranda und bemühte sich, so nah wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben, sodass sie sich nicht an eine Lüge erinnern musste.

„Wundervoll.“ Mrs Keyes strahlte. „Ich werde Maye schicken, sobald das Abendessen bereit ist. Wir halten uns an ländliche Zeiten, auch wenn wir so nah an der Stadt sind.“ Mit einem herzlichen Nicken verließ Mrs Keyes den Raum und Miranda blieb allein mit ihren Gedanken zurück.

Sobald die Haushälterin verschwunden war, seufzte Miranda undamenhaft und erinnerte sich dabei an das Verhalten ihrer Schwester bei mehr als einer Gelegenheit. Wieder durchfuhr sie eine Welle des Heimwehs.

Doch sie würde nicht darüber nachdenken, was sie zurückgelassen hatte.

Sie warf einen Blick zur Tür und entdeckte ihr Gepäck, das der Lakai dort abgestellt hatte.

Als sie ihre Pakete und Taschen begutachtete, bemerkte sie, dass sie ihre eigenen Sachen noch nie selbst ausgepackt hatte.

Immer hatte ihr eine Zofe dabei geholfen – bei allem.

Aber nun war sie diejenige, die half. Sie sah hinunter auf ihre Hände, die bisher nur filigrane Nadeln und Klavierstunden gesehen hatten, und fragte sich, ob sie zu mehr in der Lage waren.

Ob sie vielleicht zu mehr in der Lage war.

Sie wollte es.

Was gut war, denn sie würde einige Gelegenheiten bekommen, um ihre Stärke zu testen, sowohl die innere als auch die äußere.

Und vielleicht, nur vielleicht würde sie herausfinden, dass sie stärker war, als sie dachte.

Dass sie vielleicht, nur vielleicht ihrer Schwester doch mehr ähnelte, als sie bisher angenommen hatte.

Zumindest hoffte sie es.

Kapitel 2

„Zum letzten Mal, ich habe diese Samantha weder je getroffen, noch bin ich mit dem Duke of Chatterwood bekannt!“ Heathcliff Marston, Viscount Kilpatrick, war kurz davor, sein letztes bisschen Geduld zu verlieren, als er die Männer vor ihm betrachtete, die in seinem Arbeitszimmer herumlungerten und seinen Brandy tranken.

„Wir haben Grund zur Annahme –“

„Und ich habe Termine und andere Verantwortlichkeiten“, schrie er beinahe. Er nahm einen kleinen Schluck seines Brandys, als Puffer zwischen seinem Zorn und den Männern, die ihn schürten.

Sie wechselten einen Blick von der Sorte, die Wir drehen uns im Kreis sagte, und dann erhob sich der Ältere von seinem Stuhl.

Heathcliff weinte beinahe vor Erleichterung, behielt jedoch seinen harten Blick bei und auf die Eindringlinge gerichtet.

„Informiert uns, wenn Ihr etwas hört.“ Der Mann legte seine Visitenkarte auf Heathcliffs Tisch. Ihm fiel auf, dass es nicht wirklich eine Bitte war; es war ein Befehl.

Heathcliff wollte die Karte nehmen, sie ins Feuer werfen und dann Brandy über die Flammen gießen, nur um seinen Standpunkt noch deutlicher zu machen, doch mit Lucas und Ramsey zusammenzuarbeiten, hatte ihn gelehrt, sein Temperament zu zügeln und seine etwas barbarischeren Reaktionen zu unterdrücken.

Meistens.

Und dies war, bedauerlicherweise, einer dieser Momente.

„Natürlich“, log er glatt, während er zusah, wie der jüngere Gentleman, vermutlich ein Lehrling, dem älteren Mann zur Arbeitszimmertür folgte.

„Wir finden selbst hinaus.“

Beim plötzlichen Auftauchen von Wilkes, seinem langjährigen Diener, verkniff Heathcliff sich ein Grinsen. „Wenn ich Ihnen behilflich sein darf, Gentlemen?“, bot er an.

Der Wert dieses verdammten Butlers war nicht in Brandy aufzuwiegen. Französischem Brandy.

Heathcliff nickte Wilkes zustimmend zu, als dieser die Männer von seinem Arbeitszimmer zur Eingangstür führte.

Gut, dass er die Kerle los war. Verdammte Hölle. Das war das dritte Mal in den vergangenen zwei Wochen, dass Ermittler an seine Tür geklopft hatten. Beim ersten Mal hatte es dafür gesorgt, dass er die Vorstellung der Gouvernante für seinen neuen Schützling verpasst hatte.

Obwohl das nicht unbedingt so schlecht war. Er hatte sich nicht gerade darauf gefreut, eine sauertöpfische Frau zu treffen, die ihren Lebensunterhalt damit verdiente, andere anstrengende Damen zu unterrichten. Ganz gleich, wie sehr sie empfohlen wurde: Er hatte keinerlei Interesse daran, sie zu treffen. Er wollte lediglich, dass sie ihre Aufgabe erfüllte.

Wenn Gott wollte und sie so gut war, wie Lucas, der achte Earl of Heightfield, sein bester Freund und Geschäftspartner, behauptet hatte, könnte er seinen vermaledeiten Schützling bald mit dem ersten Mann, der auch nur einen Funken Interesse an ihr zeigte, verheiraten. Dann wäre das endlich erledigt und er könnte zu seinem Junggesellenleben zurückkehren.

Nicht, dass er vorhatte, in der Zwischenzeit etwas an diesem Leben zu ändern, doch er musste vorsichtig sein, um nicht den Ruf seines Mündels zu beflecken. Sonst wäre er sie niemals los!

Das Feuer knackte und ein paar Funken sprühten, wodurch seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart gelenkt wurde. Er würde noch mindestens eine weitere verdammte Woche hierbleiben müssen, um kein Misstrauen zu erregen. Verflucht, Lucas schuldete ihm etwas.

Er musste nicht nur die übereilte Hochzeit seines Freundes vertuschen, sondern auch noch den Privatdetektiven des Dukes ausweichen. Heathcliff konnte sich beim Gedanken an die Geschehnisse der letzten Wochen ein Grinsen nicht verkneifen. Tatsächlich fühlte er eine selbstgefällige Befriedigung in dem Wissen, dass er die Zukunft seines Freundes vorhergesagt hatte, bevor dieser es gewusst hatte. Es hatte keinen Gelehrten gebraucht, um zu erkennen, dass Lucas völlig hin und weg von Lady Liliah Durary war. Natürlich hatte sein Freund der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen wollen, bis es beinahe zu spät gewesen war. Aber nun war wieder alles gut in der Welt, abzüglich der Tatsache, dass der Duke Lucas’ heimliche Heirat mit dessen Tochter nie gebilligt hatte. Es war wahrhaftig ein Fall von Beziehungen spielen lassen und das richtige Druckmittel haben.

Es gab nicht viele, die den Zorn eines Dukes riskierten, aber wenn man die richtigen Leichen in den Kellern der richtigen Leute kannte, dann überwog der Preis wahrhaft die Risiken. Und in ihrer Branche waren Geheimnisse die Währung.

Und nach dieser Währung waren sie sehr, sehr reich.

Heathcliffs Gedanken wanderten zu seinem Geschäft. Er setzte sein Glas ab und blätterte durch die Papiere auf seinem Schreibtisch, bis er das fand, was er suchte. Er selbst, Ramsey Scott, der Marquess of Sterling, und Lucas Mayfield, der achte Earl of Heightfield, führten den geheimsten, exklusivsten und verführerischsten Klub in ganz London. Verlockung war die brillante Idee von Lucas gewesen, doch da Lucas sich gerade in den Flitterwochen befand, blieb die Leitung des Klubs an ihm und Ramsey hängen. Es war beinahe das Ende der Saison und der letzte Maskenball stand kurz bevor. Es war eine große Veranstaltung, die von den meisten, wenn nicht sogar allen Mitgliedern und deren … Gästen besucht wurde. Heathcliff grinste. Kurtisanen, Mätressen, Dirnen wären die besseren Bezeichnungen gewesen, aber er verurteilte niemanden. Stattdessen kümmerte ihn lediglich, ob die Herren in der Lage wären, die Mitgliedschaft und die Einsätze an den Spieltischen zu bezahlen. Mit wem sie ihre Zeit verbrachten, ging ihn nichts an. Maskenbälle schienen mehr Leute aus der Halbwelt anzulocken als die üblichen Anlässe, was einen noch größeren Anreiz bot. Er war sich sicher, dass diese letzte Veranstaltung dem in nichts nachstehen würde.

Er machte sich eine Notiz, dass er später überprüfen musste, ob der Duke of Chatterwood – Lucas’ unfreiwilliger Schwiegervater – ebenfalls kommen wollte. Das könnte problematisch werden, doch Heathcliff vermutete nicht, dass er sich in der Lasterhöhle seines Schwiegersohns zeigen würde, selbst wenn sein Schwiegersohn vor dessen Hochzeit erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Mönch gehabt hatte.

Die Ironie war kaum zu fassen.

„Mylord?“ Wilkes verbeugte sich, als er das Arbeitszimmer betrat.

Heathcliff nickte einmal.

„Lord Sterling ist hier, um Sie zu sehen.“ Erwartungsvoll sah Wilkes ihn an.

Heathcliff wedelte mit der Hand. „Lassen Sie ihn natürlich herein.“

„Wird auch Zeit.“ Ramsey betrat mit großen Schritten den Raum und warf Wilkes einen verärgerten Blick zu, den dieser jedoch ignorierte. Der Butler verbeugte sich und ließ sie allein. Sobald die Tür geschlossen war, drehte Ramsey sich zu Heathcliff um. „Ich nehme an, du wurdest ebenfalls befragt? Was hat er sich bloß dabei gedacht? Weiß er, wie groß die Ausmaße des Skandals hier sind? Die Tochter eines Dukes!“ Ramsey zupfte an seinem Halstuch, während er sich gegenüber von Heathcliff niederließ.

„Es wird bald vorübergehen“, erklärte Heathcliff beiläufig. Mit Ramseys Aversion gegen Skandale jeglicher Art war er bestens vertraut.

„Zweimal! Die verdammten Ermittler waren zweimal bei mir.“

„Ich habe mich gerade erst erneut von ihnen verabschiedet. Ich habe den Überblick verloren. Das war entweder das dritte oder das vierte Mal.“ Heathcliff stand auf, ergriff sein Glas und hob fragend eine Augenbraue in Ramseys Richtung.

„Danke.“ Ramsey nahm die Einladung an.

Heathcliff goss einen großzügigen Schluck in ein sauberes Glas für seinen Freund und füllte sein eigenes ebenfalls mit Brandy. Dann reichte er die bernsteinfarbene Flüssigkeit Ramsey und setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs. „Es könnte schlimmer sein.“ Er nahm einen Schluck.

„Erleuchte mich“, erwiderte Ramsey trocken und nippte ebenfalls an seinem Glas.

Heathcliff zuckte mit den Schultern. „Sie haben nur einen Verdacht. Und ich vermute, sie wissen bereits, dass Lady Liliah Durary mittlerweile die Countess of Heightfield ist, und suchen nun nach mehr Informationen. Was geschehen ist, ist geschehen.“

„Stimmt, aber was ist mit der anderen Tochter?“, fragte Ramsey steif. „Nach ihr wird immer noch gesucht.“

„Ich weiß nichts über sie. Also bin ich in dieser Sache kein bisschen hilfreich.“

Ramsey nickte. „Ich habe etwas über Amerika gehört, aber wer weiß? Trotzdem macht es mich nervös. Es ist ein bisschen zu nah. Ich habe immer gewusst, Lucas würde irgendwann einen Skandal kreieren.“

Heathcliff gluckste. „Ramsey, wir sind ein Skandal. Wir drei! Denk an unseren Ruf! Nicht den jetzigen, sondern die Gerüchte um unseren Abstieg in die Hölle.“ Er erhob sich. „Welche Erlösung soll es für uns schon geben? Keine.“

Ramsey verzog die Lippen und richtete seine Brille. „Richtig. Ganz gleich, was tatsächlich passiert ist, unser Ruf eilt uns voraus.“

„Und wir haben das zu unserem bestmöglichen Vorteil genutzt.“

„Nun gut, du hast deinen Standpunkt deutlich gemacht.“

„Ich danke dir.“ Heathcliff hob das Glas, um seinem Freund zuzuprosten.

Ramsey stand auf. „Planst du immer noch, hierzubleiben, bis sich der Trubel gelegt hat? Heightfield sagte, du würdest nach der Saison nach Schottland zurückkehren.“

Heathcliff zuckte mit den Schultern. „Ich hatte geplant, früher zu gehen, doch ich werde warten, bis sich die Situation von selbst bereinigt hat.“

„Danke.“ Ramsey nickte, ehe er zur Tür ging. „Und um Himmels willen, rede mit deinem Butler. Er ist schlimmer als ein Wachhund. Man könnte glauben, ich wäre noch nie ohne Vorankündigung gekommen.“ Ramsey schüttelte den Kopf und verließ den Raum.

Heathcliff lachte leise. Er hätte Wilkes mit Leichtigkeit anweisen können, Ramsey einfach hereinzulassen, doch es war viel zu amüsant, seinem Freund dabei zuzusehen, wie er sich aufregte.

Sobald er sich jedoch zum Feuer umdrehte, wanderten seine Gedanken in eine andere Richtung.

Zu einer Wahrheit, die er immer im Hinterkopf hatte.

Der Ruf eines Menschen.

Der war eine herzlose Schlampe.

Ungerecht, unfreundlich und meistens erstunken und erlogen.

Dennoch hatten er, Ramsey und Lucas ihr Unglück in eine andere Art des Glücks verwandelt, und die Geheimniskrämerei war dabei ihre Rüstung.

Aber dass sich Lucas’ Herz nun einem anderen Menschen geöffnet hatte, erinnerte Heathcliff an den Verrat seiner Vergangenheit.

Und während er dankbar für die zweite Chance seines Freundes war, bezweifelte er, dass er je bereit wäre, es ebenfalls zu riskieren.

Denn wie konnte man der Liebe trauen, wenn alles, was sie einem je gebracht hatte, Verrat war?

Und nichts war so trügerisch wie Verrat durch die Hände einer wunderschönen Frau.

Nichts.