Leseprobe Exfreunde küsst man nicht

1 Dreißig vor Dreißig

„Wir springen in zehn Sekunden!“

Stoßweise atmend starrte Samantha Cochrane auf den nach oben gereckten Daumen, der sich in ihr Gesichtsfeld geschoben hatte. Im Normalfall war das ein Symbol des Vertrauens, der Zustimmung und der Sicherheit. Jetzt jagte die knappe Geste ihr nichts als Todesangst durch die Adern.

„Zehn!“

Worauf habe ich mich nur eingelassen?

Unvermittelt spürte Sam, wie jeder Muskel in ihrem Körper erschlaffte. Gleichzeitig zündeten ihre Synapsen Feuerwerke in alle Emotionsrichtungen. Ihre Gedanken sprangen umher wie unkontrollierbare Flummis, die godzillagleich halb Tokio zerlegen wollten.

„Neun!“

Wie ferngesteuert ließ Sam sich in Richtung Ausstiegsluke schieben. Viel Widerstand konnten ihre Muskeln im Moment ohnehin nicht leisten.

„Acht!“

Mit flatternden Nerven verfolgte sie, wie einer des Teams die Tür öffnete. Sofort blies ihr der kräftige Wind die roten Locken um die Ohren und brachte zugleich die Motorengeräusche noch lauter an ihr Ohr.

„Sieben!“

Sam hörte deutlich, wie der Pilot den Schub der Maschine drosselte und lachend das Stichwort Exit aus dem Cockpit brüllte.

Wieso bin ich heute Morgen nicht im Bett geblieben, wie ich es mir vorgenommen hatte?

Es hätte ein so wundervoller Tag werden können. Ausschlafen, gemütlich frühstücken, ein wenig faulenzen. Nach einem selbstgekochten Mittagessen hätte sie drei bis vier Stunden für Buchhaltung und Einkaufslisten abgezweigt und anschließend ein paar Sonnenstrahlen auf dem Balkon genossen, mit ihrer aktuellen Lektüre und einer Tasse frisch aufgebrühtem Tee.

Stattdessen hing sie festgegurtet an einem Kerl, der sich mit ‚Hi, mein Name ist Oliver und ich bin dein Tandemsprung-Partner‘ vorgestellt hatte, in einem Flugzeug irgendwo über den schottischen Lowlands.

Und warum?

Weil ihre beste – vielleicht auch ehemals beste – Freundin Diana sie nicht eher in Ruhe lassen würde, bis sie ihre Dreißig-Dinge-die-ich-vor-Dreißig-tun-will-Bucket-List abgearbeitet hatte. Dummerweise würde sie die magische Grenze von dreißig Jahren in genau drei Wochen überschreiten. Die magische Grenze, die alles verändern sollte; von heute auf morgen. Die magische Grenze, die Sam für kompletten Blödsinn hielt und vor der sie sich doch fürchtete.

Stimmte es, was man sich erzählte? Was Frauen in Waschsalons, an Supermarktkassen oder in Lesekreisen berichteten? Würde sie Schlag Mitternacht in einen Zustand rapiden Alterns verfallen? Würde sie plötzlich die eine Hälfte ihres Jahreseinkommens für Zaubertinkturen aus den Hexenkesseln der Pharmaindustrie und die andere für ‚das erste Grau verschleiernde‘ Wundermittel beim Friseur ausgeben? Würde dieser Zustand sie am Ende womöglich sogar dazu bringen, über jüngere, hübschere Frauen verärgert die Stirn zu runzeln? Was schlussendlich zu noch höheren Kosten in puncto Jugendwahn und zu noch größerem Frust über jüngere, hübschere Frauen führen würde?

Würde auch sie diesem unbarmherzigen Teufelskreis erliegen?

Seit einem halben Jahr blieb Sam in manchen Nächten stundenlang wach und versuchte, vernünftige Antworten auf diese Fragen zu finden. Bis jetzt erfolglos. Denn jede halbwegs akzeptable Antwort hatte letztendlich nur neue Fragen aufgeworfen, von denen einige perfekte Kandidaten für die Kategorie ‚Ich-will-es-lieber-nicht-wissen‘ waren.

Was Sam allerdings von Anfang an am meisten zu schaffen gemacht hatte, war eine andere Kehrseite der magischen Dreißig.

Der Anfang des Alte-Zeiten-Dilemmas.

Würde sie um Mitternacht an ihrem Geburtstag urplötzlich anfangen, über alte Zeiten zu sinnieren? Würde sie von Albträumen über verpasste Gelegenheiten heimgesucht werden oder von Jahr zu Jahr größere Berge von vertanen Chancen anhäufen, bis sie in einer nicht allzu fernen Zukunft jede Gegenwart verteufelte, weil die Erinnerung an die Vergangenheit ihr jeden unerfüllten Wunsch dreifach unter die Nase rieb?

Nacht um Nacht um Nacht hatte Sam sich mit diesen Fragen herumgeplagt und je näher ihr dreißigster Geburtstag rückte, desto unvermeidlicher war ihr Grübeln auf eine finale Frage zugesteuert.

Was, um Himmels willen, wünschte sie sich überhaupt? Abgesehen davon, dass ihr Café endlich wieder lief?

Schlussendlich hatte Sam dem Listen-Fetischisten in sich nachgegeben und eine Bucket-List geschrieben, die sie seither verfluchte. Seit nämlich Diana die Liste in der untersten Schublade ihres Schreibtisches gefunden und beschlossen hatte, ihr zu helfen, jeden einzelnen Punkt abzuhaken.

Auch Punkt neunundzwanzig. Und der beinhaltete eben dummerweise einen Tandem…

„Drei!“

Drei? Was ist mit sechs, fünf und vier passiert? Hat eine Konferenz der Mathematiker die etwa verbannt? Für welchen Preis werde ich in dem Fall meinen Apfelkuchen in Zukunft anbieten? Und wieso denke ich über einen solchen Unsinn nach, wenn ich in drei Sekunden aus einem Flugzeug springen muss, obwohl ich das gar nicht mehr will?

Mithilfe der wenigen Gehirnzellen, die gerade nicht mit gepackten Koffern das Weite suchten oder kreischend durcheinanderliefen, versuchte sie ein klares ‚Ich habe es mir anders überlegt‘ zu formulieren.

„Ich … schab… michan… glegt…“, kam stattdessen, begleitet von einer Reihe weiterer unverständlicher Brabbellaute, heraus.

„Zwei!“

Wie in Zeitlupe beobachtete Sam, wie Oliver nach den Seiten des Ausstiegs griff und spürte, wie sich sein Oberkörper einige Millimeter von ihrem Rücken entfernte. Ihr Herz schlug in einem Takt, der jeden Hardcore-Techno-Fan überfordert hätte. Ihre Glieder zitterten, ihr Magen wurde mit jeder Millisekunde flauer und flauer.

„Eins!“

Sam krallte sich an ihrem Tandemgurt fest und versuchte sich gegen Olivers Brust zu stemmen, während sie weiterhin keinen zusammenhängenden Satz zustande brachte. Dabei bemerkte sie, dass ihre Füße bereits über den Rand des Trittbretts rutschten.

Unter ihnen Felder, weit verteilte, winzig aussehende Dörfer und grob erkennbare Straßen oder Flüsse, die Muster in die Landschaft zeichneten; außerdem der Tod. Es gab keinen Zweifel, dass etwa 5000 Meter unter ihnen der Tod auf sie wartete.

„Ich … ich habe es …“

„Sprung!“

Instinktiv legte Sam den Kopf in den Nacken, wie sie es während der Einführung gelernt hatte.

„… mir aaanders überleeegt!“, brüllte sie, endlich wieder Herr über ihre Stimme.

Zu spät. Eindeutig zu spät.

Olivers Schwung riss sie vollends über den Rand des Trittbretts und ehe sie blinzeln konnte, rasten sie gemeinsam der Erde entgegen. Wild flatterten ihre Sprungkombi und ihre Wangen im Wind. In Gedanken ging sie panisch die Anweisungen aus dem Einweisungsvideo durch, die Oliver vor und während des Steigfluges mit ihr zusammen wiederholt hatte. Dazwischen blitzten Passagen aus Hunderten von Papieren auf, die sie hatte lesen und unterschreiben müssen. In viel zu vielen davon war es beunruhigenderweise um Dinge gegangen, die schiefgehen konnten.

Ich hätte im Bett bleiben sollen. Hier ist es windig, kalt und außerdem falle ich mit zweihundert Stundenkilometern in Richtung Boden, wo ich aufschlagen und sterben werde. Zerschmettert und aufgeplatzt. Abgelichtet von einem schmierigen Reporter und morgen auf der Titelseite des Daily Mirror. Mit der wenig schmeichelhaften Headline: ‚Neunundzwanzigjährige Närrin stirbt beim Versuch, neunundzwanzigsten Punkt ihrer alterskrisenartigen Bucket-List abzuhaken, jammerte Sam innerlich und erschrak, als Oliver ihr die Hände von der Sprungbrille zog.

„Du musst die Arme ausbreiten, sonst verpasst du die herrliche Aussicht!“, schrie er ihr über den rauschenden Wind und die Flattergeräusche zu und erst jetzt bemerkte Sam überhaupt, dass sie sich die Augen zugehalten hatte.

Entgegen ihrem ersten Impuls, die Hände zurück vor die Augen zu schlagen, tat Sam wie geheißen.

Den Anweisungen deines Tandem-Partners – also meinen – ist ohne Widerrede Folge zu leisten, hatte sie Olivers Ansage allzu deutlich im Ohr.

Unter sich sah Sam die Felder, Dörfer, Bauernhöfe und Straßen näher kommen, während sie versuchte, im starken Gegenwind nicht ins Rudern zu geraten. Und langsam, sehr langsam stellte sich bei ihr das Gefühl ein, das Oliver ihr zu beschreiben versucht hatte.

Das Gefühl, man würde fliegen und nicht länger fallen. Das Gefühl, für das sich der lebensmüde Sprung aus einem Flugzeug lohnte. Das Gefühl, das einen die Unbeschwertheit erleben ließ, einem Freiheit, Lebenslust und Freude bescherte, das den Alltagsstress vergessen machte.

Das Gefühl, über dem Sams Angstschrei verebbte und ein ergriffenes ‚Wow‘ ihr Innerstes überflutete, während der Adrenalinschub nachließ, der Herzschlag sich verlangsamte und Felder, Dörfer und Bauernhöfe nicht länger Horrorszenarien in ihr auslösten, sondern sich in ihrer ganzen Schönheit offenbarten.

Das Gefühl, das in dem Moment vorbei war, in dem Oliver an der Reißleine zog und sich der Fallschirm öffnete.

Mit einem sanften Ruck verlangsamte sich ihr gemeinsamer Fall und ging in ein Gleiten über, das zwischen fünf und sieben Minuten dauern würde. Fünf bis sieben Minuten, in denen Sam zumindest noch die Landschaft genießen konnte, auch wenn der Höhepunkt des Tandemsprungs vorbei war.

Halblinks unter sich erkannte Sam einen winzigen Traktor, der ein Getreidefeld zur besten Zeit im Juli aberntete. Ein Drittel des Feldes noch goldgelb, zog das Gefährt eine dunkle Spur hinter sich her. Auf der rechten Seite entdeckte sie ein abgelegenes Haus, um welches sich kleine weiße Wölkchen auf vier Beinen tummelten. In der Ferne sah sie den Kirchturm eines Dorfes und unweit ihrer Landeposition die Windungen und Mäander eines Flusses.

Sam konnte sich kaum sattsehen an den grünen, gelben und bunten Feldern, den kleinen Wäldchen und dem sommerlichen Glanz der Umgebung.

Als Oliver den Schirm leicht mit dem Wind drehte, fiel ihr Blick auf einen Bauernhof, dessen Dach ein fröhlicher Smiley zierte. Vermutlich keine Seltenheit in der Nähe von Sportflugplätzen, die Fallschirmsprünge anboten. Ein kleiner Scherz oder Gruß des Besitzers.

Sam brachte der Smiley jedenfalls das gute Gefühl des Fliegen-Moments zurück und zum ersten Mal, seit sie den Sportflugplatz betreten hatte, wünschte sie sich nicht, heute Morgen im Bett geblieben zu sein. Im Gegenteil. Sie war derart berauscht von den positiven Eindrücken – na ja, vermutlich auch von den Unmengen an freigesetztem Adrenalin –, dass sie sich fest vornahm, noch in diesem Jahr einen weiteren Sprung zu absolvieren.

Für den Bruchteil einer Sekunde war sie sogar froh, endlich den neunundzwanzigsten Punkt auf ihrer Bucket-List abgearbeitet zu haben. Dann aber fiel ihr ein, dass nach dem neunundzwanzigsten, dank der Gnadenlosigkeit der natürlichen Zahlen, der dreißigste Punkt folgte, folgen würde … sie verfolgen würde. In Form einer niemals lockerlassenden Diana, welche sie zur Not auch zum letzten Punkt ihrer Liste peitschen oder sie an den Haaren hin schleifen würde, wie sie es unermüdlich bereits bei den ersten neunundzwanzig getan hatte. Selbst bei Punkt vierzehn: Sich ein Tattoo stechen lassen.

Es sei denn …

„Wir landen in vierzig Sekunden, Sam, also mach dich bereit!“, unterbrach Oliver ihre Überlegungen.

… es sei denn, sie findet Punkt dreißig nicht.

Sam schickte ein Stoßgebet zu den Göttern des Schicksals und betete zugleich für eine sichere Landung und eine Vereitelung von Dianas Plänen, während sie in Richtung Boden schwebten.

Da jedoch ihr erstes Gebet erhört worden war, hatten die Götter vermutlich nicht eingesehen, ihr gleich noch einen Wunsch zu erfüllen.

„Heiliger Kuhmist, Sam! Ich habe mir fast in die Hose gemacht, als ich durchs Fernglas beobachtet habe, wie ihr auf die Erde zurast!“

Sam musste sich wohl verhört haben. Sie war gerade aus 5000 Metern Höhe vom Himmel gefallen und Diana hatte sich fast in die Hosen gemacht? Doch ehe sie etwas dazu sagen konnte, plapperte Diana aufgeregt: „Hast du nicht gesehen, dass ich dir wie eine Verrückte zugewinkt habe? Egal! Du hast Punkt neunundzwanzig abgehakt und damit steht dem dreißigsten und letzten nichts mehr im Wege!“

Noch ehe Oliver Sam aus dem Gewusel an Gurten und Leinen befreit hatte, fiel Diana ihr überschwänglich um den Hals und riss sie beinahe samt ihres Tandempartners um.

„Immer langsam mit den aufgeregten Hühnern“, rief Oliver lachend und löste den letzten Gurt, der sie noch verband.

„Und, wie war es?“, fuhr Diana unbeirrt fort. „Schlimm oder megamäßig geil? Was hast du gespürt und wie sieht die Welt von da oben aus? Bist du mit den Vögeln um die Wette geflogen? Bist du auf den Schwingen eines Adlers geritten? Sind die Stimmen der Berge wirklich so wunderschön? Hattest du genügend Zeit, das Farbenspiel des Windes zu malen?“, bestürmte ihre Freundin sie ohne Punkt und Komma. Hoffentlich meinte sie die Fragen nicht ernst. Allen voran die, die mit Adlern und Pocahontas zu tun hatten.

„Was das Farbenspiel des Windes angeht, das ist ein Geheimnis, das nur diejenigen erfahren, die sich trauen aus einem Flugzeug zu springen.“ Grinsend zückte Oliver eine Visitenkarte aus seinem Overall und drückte sie Diana in die Hand. „Frag am besten nach Oliver. Ich habe gehört, der ist ein echter Teufelskerl. Aber Haustiere sind beim Fallschirmsprung nicht erlaubt, also müssen Reiher und Otter brav zu Hause bleiben“, fügte er hinzu und nahm Sam die Gurte aus der Hand.

Jetzt war es Sam, die lachen musste, als sie Dianas verdutztes Gesicht sah.

„Ich denke darüber nach. Auch wenn mein übliches Geleit wenig begeistert sein dürfte.“ Diana zwinkerte Oliver zu und hakte sich bei Sam unter, die sich mit einer Umarmung und einem Dankeschön von ihrem Tandemsprungpartner verabschiedete.

„Vielleicht sollten wir den nächsten Sprung gemeinsam machen“, schlug Sam auf dem Weg zu den Umkleidekabinen vor und hoffte auf ein Gespräch fern ab von Bucket-Lists und einem letzten unerledigten Punkt. Doch sie hatte die Rechnung ohne Diana gemacht, deren Foto im Wörterbuch unter dem Stichwort ‚hartnäckig‘ zu finden sein müsste.

„Das können wir auch nach deinem runden Geburtstag in drei Wochen besprechen.“ Diana legte beim Laufen den Kopf auf Sams Schulter und den Arm um ihre Taille. „Was wir aber keinesfalls aufschieben dürfen, sind die Vorbereitungen für den legendären Punkt dreißig. Den Punkt, der in die Geschichte deines Lebens eingehen wird. Ach, was sage ich, der in die Geschichte aller Frauen eingehen wird, als der größte Triumph über die Männerwelt!“

Dianas ungebremster Euphorie konnte Sam sich nicht im Geringsten anschließen. Stattdessen hätte sie am liebsten entweder ihre Freundin oder sich selbst für die nächsten drei Wochen in einem Bunker eingeschlossen. Ihre Freundin vielleicht sogar länger. Für immer klang doch ganz gut.

2 Schnüfflerin par excellence

„Ich habe ihn gefunden!“

Freudestrahlend stürmte Diana drei Tage später zu Sams Büro und vergaß wie üblich anzuklopfen.

„Hast du nicht eine Kleinigkeit ausgelassen?“, erkundigte Sam sich beiläufig und sah von den Papierstapeln auf ihrem Schreibtisch auf, um Diana augenverdrehend abwinken zu sehen.

„Ich habe ihn gefunden“, wiederholte ihre Freundin und knallte einen Ausdruck auf die Abrechnungsbelege.

„Wen hast du gefunden?“, fragte Sam, obwohl sie eine schreckliche, apokalyptische Ahnung hatte.

„W-E-S-L-E-Y!“

Jeder Buchstabe traf Sam wie der Peitschenschlag einer neunschwänzigen Katze.

„Du dachtest wohl, dank deiner fabelhaften ‚Mitarbeit‘ finde ich ihn nicht.“ Diana hätte das letzte Wort kaum sarkastischer betonen können, hatte doch Sams einzige Hilfe in Bezug auf Wesley darin bestanden, nichts zu tun. Rein gar nichts.

Und auch wenn Sam klar gewesen war, dass Diana sie dafür würde bluten lassen, hatte sie nicht vor dem nächsten Jahr mit einer Revanche gerechnet. Schließlich wusste jeder, dass Diana ihre Opfer so lange schmoren ließ, bis sie von allein zerfielen.

„Wieso hast du mir eigentlich verheimlicht, dass dieser Mann heißer ist als der Vesuv?“, schnurrte Diana und leckte sich anzüglich über die Lippen.

„Er ist nicht hei…“, begann Sam, brach allerdings schlagartig ab, als sie nach dem Ausdruck griff. „Ach du … meine Güte.“

Die nächste Minute verbrachte Sam damit, zu starren, zu grübeln, zu verneinen, gar zu verleugnen. Der Mann auf dem Foto konnte, er durfte einfach nicht Wesley sein.

Nie im Leben durfte dieses Bild von einem wahrgewordenen feuchten Traum der Mann sein, der ihr das Herz herausgerissen und es vor ihren Augen genüsslich verspeist hatte – okay, an der Stelle übertrieb Sam gern ein bisschen.

Seine ungewöhnlich hellbraunen Augen und sein Lächeln erkannte sie sofort. Aber dieser gepflegte Dreitagebart und der akkurate, geschäftsmäßige Haarschnitt, das maskuline Kinn, die breiten Schultern …

„Wusstest du, dass man vom Schmachten schwanger werden kann?“

„Ja, davon habe ich gehört“, murmelte Sam abwesend, während sie weiterhin das Bild von Wesley aus ihren Erinnerungen mit dem verglich, das sie in der Hand hielt. Bis auf seinen neuen Haarschnitt – die halblangen Wuschelhaare von früher hatten ihm besser gestanden –, konnte sie nicht umhin zuzugeben, dass er sich rigoros zu seinem Vorteil entwickelt hatte.

Verfluchter Scheibenkleister, dachte Sam. Insgeheim hatte sie gehofft, Wesley wäre mit der Zeit ein unansehnlicher, gruseliger Kerl geworden. Mit enormer Plauze, überdimensionalem Doppelkinn, fauligen Zähnen und einer Halbglatze, die er mit fettigen, von rechts nach links gekämmten Haarsträhnen zu kaschieren versuchte.

„Dann solltest du schleunigst einen Termin beim Gynäkologen machen.“

„Um wie viel Uhr?“, fragte Sam, die nur das Wort ‚Termin‘ gehört hatte.

„Wow.“ Diana machte einen entschlossenen Schritt auf den Schreibtisch zu und riss Sam den Ausdruck aus der Hand. „Ich glaube, das hier nehme ich lieber an mich.“ Sie faltete das Stück Papier zusammen und steckte es in die Hosentasche ihrer Jeans.

„Wenn du meinst“, grummelte Sam. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ein klitzekleines bisschen zu fasziniert auf den heutigen Wesley reagiert hatte.

„Pscht.“ Als Sam den Kopf hob und ihre Freundin ansah, kam es ihr vor, als stünde sie in der Museumsabteilung mit den griechischen oder römischen Marmorstatuen. ‚Grinsende Lippen des Scharlatans hinter ermahnendem Finger‘ wäre vermutlich der adäquate Titel dieser skurrilen Skulptur gewesen. „Spar dir deine Ausreden für das Jüngste Gericht auf.“ Wider Erwarten konnte Dianas Grinsen noch breiter werden. „Dann kannst du Jesus einen vom Pferd erzählen.“

„Du vergisst hoffentlich nicht, wer dir jeden Monat deinen Lohn zahlt und damit für dein Überleben sorgt“, versuchte Sam die unangenehme Situation zu überspielen, doch Diana ließ sich nicht beirren. Der Witz zwischen ihnen war nicht nur alt, sondern im Grunde genommen auch Mumpitz. Schließlich arbeitete Diana nebenher bei Sam und nicht in Vollzeit.

„Sehr plump, junge Dame, äußerst plump.“ Diana umrundete den alten Eichenschreibtisch und zog einen der beiden Stühle, die für Besucher in der Ecke neben dem mannshohen, überquellenden Aktenschrank standen, hinter sich her. „Apropos plump.“ Sie drehte den Laptop ihrer Freundin mit dem Bildschirm zu sich, öffnete den Browser und tippte die Webadresse eines Londoner Unternehmens für Finanzlösungen ein, das Sam gänzlich unbekannt war. „Ich habe deinen Wesley …“

„Nenn ihn bitte nicht so!“, fuhr Sam ihre Freundin an und schnaubte, als diese ihr zuzwinkerte.

„Ich habe Wesley einfacher aufgespürt, als du gehofft hast.“ Während sie Sam ihre Genialität unter die Nase rieb, klickte sich Diana durch die Seiten des Unternehmens. „Dafür musste ich nur einen Gefallen bei Tommy einfordern.“

Der Tommy?“ Sam stöhnte und verfluchte ihre Freundin. Einfach jeder in ganz Paisley schien ihr etwas zu schulden. Selbst ein Vertreter der örtlichen Polizei.

„Genau, der Tommy, der mit dir und somit auch mit Wesley zur Schule gegangen ist. Was ich dank meiner detektivischen Fähigkeiten vor zwei Tagen herausgefunden habe.“

Detektivische Fähigkeiten, klar, dachte Sam. Sich nach der gemeinsamen Arbeit liebreizend zu verabschieden, statt nach Hause zu gehen die Treppe nach oben zu schleichen und das Schlafzimmer der besten Freundin auf der Suche nach Informationen über Wesley zu durchwühlen, fiel wohl eher unter die Kategorie ‚verbrecherische Ambitionen‘.

„Und weil du ihm am Wochenende geholfen hast einen Mord zu vertuschen, hat Tommy leichthin seine Befugnisse überschritten und dir geholfen, einem harmlosen Zivilisten nachzuspionieren?“

„Nein, du Dummerchen. Er hat mir gesagt, wo ich Wesley finden kann. Die beiden haben nämlich noch Kontakt.“ In Sams Kopf formte sich erneut das Bild einer Diana-Statue. Dieses Mal stand auf dem Schild davor ‚Triumph‘. „Ab da war alles ganz einfach.“

Diana deutete auf den Bildschirm und auf das Foto von Wesley, das Sam bereits von dem Ausdruck kannte. Über dem Foto stand: Wesley James Harlington. Leiter der Abteilung Europäische Großkunden.

Na toll, dachte Sam, zog die mittlere Schreibtischschublade auf und holte einen Frust-Schokoriegel heraus. Wesley sieht verflucht gut aus und hat die Karriere gemacht, von der er damals so besessen war. Angefressen schob sie den Riegel in den Mund. Ich hasse dich, elendes Schicksal.

„So schlimm?“, erkundigte sich Diana und sah ihre Freundin besorgt an.

Plötzlich schmeckte der Schokoriegel wie Pappmaché. Ohne eine Antwort stand Sam, die spürte, wie ihr Tränen in die Augen traten, auf und verließ das Büro, um in Richtung der Angestelltentoilette zu verschwinden.

Dort angekommen, schloss sie die Tür hinter sich ab und setzte sich auf den Klodeckel. Je länger sie über ihre Wunschvorstellung von einem heutigen Wesley und die bittere Realität nachdachte, desto näher kam sie einem Tränenausbruch.

Fett, hässlich und arbeitslos, mit diesem Bild von Wesley hatte sich Sam die letzten zwölf Jahre über seinen Verrat hinweggetröstet. Sich emotional damit über Wasser gehalten, dass all seine Träume platzen würden, genauso wie er ihre Beziehung, ihre Liebe, ihre Zukunftspläne hatte platzen lassen. Nur weil er plötzlich ‚Karriere‘ hatte machen wollen, weil er ‚mehr‘ wollte als den Rest seines Lebens ‚lediglich‘ Besitzer eines mäßig laufenden Cafés zu sein.

Als wäre es gestern gewesen, sah Sam mit einem Mal vor sich, wie die Rücklichter seines schrottreifen Seats in ihrem verschwommenen Sichtfeld in der Ferne kleiner und kleiner wurden. Sie spürte, wie sich ihr Magen umdrehte, ihre Beine weich wurden, ihre Brust schmerzhaft verkrampfte und ganze Brocken ihres Herzens wie eine Lawine ins Tal der dunklen Seite der Liebe krachten.

„Sam?“

Dianas Stimme und das Klopfen an der Toilettentür ließen die Bilder verblassen.

„Sam, geht es dir gut?“

Als Sam ihr keine Antwort gab, schlug Diana fester gegen das Holz, von dem bereits die Farbe abblätterte.

„Wenn du nicht augenblicklich rauskommst, hole ich unseren Zwei-Meter-Koloss Tommy und lasse ihn die Tür eintreten!“

„Ist ja schon gut.“ Sam seufzte und trat ans Waschbecken. Aus dem klappernden Papierspender zog sie die letzten zwei Tücher heraus, wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und schnäuzte sich die Nase.

Um wenigstens den letzten Rest ihrer Würde zu retten, straffte Sam die Schultern, legte ihren geschäftsmäßigsten Gesichtsausdruck auf und schloss die Tür auf, während sie sich maßgeschneiderte Worte für Diana zurechtlegte. Doch sie hatte gerade erst die Klinke nach unten gedrückt, da riss Diana die Tür schon auf und fiel ihr um den Hals. Erneut füllten sich Sams Augen mit Tränen.

„Hätte ich gewusst, dass dich das derart mitnimmt, hätte ich vorher ein paar Pickel und Warzen auf das Foto gemalt“, flüsterte Diana zaghaft, nachdem sie Sam eine Weile festgehalten und das Schluchzen nachgelassen hatte.

„Und kahle Stellen, eine Hakennase und hundert Extrakilos“, murmelte Sam.

„Okay, ich setze mich heute Abend noch an den Rechner und bearbeite das Bild dieses Widerlings nach deinen Vorstellungen. Wie wäre das?“

„Das wäre das Mindeste.“ Sam witterte einen Hauch schlechtes Gewissen bei Diana und schaltete blitzschnell. Vielleicht könnte sie ihre Freundin doch noch von der verrückten Idee abzubringen, Punkt dreißig auf ihrer Bucket-List abhaken zu müssen.

Der Punkt mit dem unrühmlichen Titel: ‚Rache an Wesley, diesem Arsch‘.

„Viel mehr wäre mir allerdings geholfen …“ Sam schniefte absichtlich theatralisch. „… wenn du aufhören könntest, die fixe Idee …“

„Vergiss es, du hinterlistige Ratte.“ Diana drückte Sam noch fester, ehe sie ihre Freundin losließ und sie tadelnd ansah. „Ganz schön gerissener Versuch für jemanden, der eben noch beinahe im Gefühlschaos ertrunken wäre.“

„Jetzt übertreibst du maßlos.“ Sam ging an ihr vorbei und stapfte zurück zum Büro. Sie verstand nicht, wieso ihre Freundin so hartnäckig hinsichtlich ihrer Bucket-List war. „Außerdem solltest du mit dem Arbeiten anfangen, sonst überlege ich mir das mit dem Lohn doch noch.“

Ohne auf Diana zu warten, zog Sam die Bürotür hinter sich zu und setzte sich zurück an den Schreibtisch. Sie musste unbedingt ihre Einkaufsliste zu Ende schreiben, sonst würden sie nächste Woche mit nichts mehr backen können außer Wasser und Mehl.

„Vergiss es, Fräuleinchen! Ich war noch nicht fertig.“ Diana stürmte erneut ohne anzuklopfen in Sams Büro und übernahm die Herrschaft über den Laptop, um sich in ihr Facebook-Profil einzuloggen.

„Du weißt, was ich von privatem Surfen am Arbeitsplatz halte, oder?“ Selbst Sam war klar, dass dieser Versuch auf einer Skala von Eins bis Fadenscheinig die obere Grenze um drei Zähler überschritt. Deswegen wunderte es sie auch nicht, dass Diana unbeirrt weiter tippte und klickte, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.

„Das hier.“ Diana zeigte auf einen Post. „Das ist unsere Eintrittskarte in den Rachehimmel.“

Sam besah sich den Post genauer und runzelte die Stirn. „Was hat eine ‚sommerliche Gartenparty zum fünfzigsten Jubiläum‘ für Angestellte des Unternehmens, in dem Wes… dieser Arsch arbeitet, mit mir zu tun? Und wie zur Hölle hast du es geschafft, in dieser private Angestelltengruppe auf Facebook aufgenommen zu werden? Überprüft das denn niemand?“

„Ich habe eine Anfrage gestellt und geschrieben, ich sei Diana aus der Buchhaltung.“ Diana strahlte, als habe sie gerade jedes Rätsel der Menschheit gelöst. „Wer kennt schon die Mitarbeiter aus der Buchhaltung?“

„Du willst mir sagen, du hast dir auf gut Glück einen beliebigen Job in dem Unternehmen zugewiesen und das hat ernsthaft funktioniert?“

„Na ja, bevor ich die Anfrage gestellt habe, musste ich noch meine Arbeit in deinem Café, mein Studium und einige andere Angaben aus meinem Profil löschen. Aber ja, dann hat es geklappt. Ich bin seit zwei Tagen Mitglied in der Gruppe und habe mich schon mit elf anderen Angestellten angefreundet.“

Sam sah Diana entgeistert an. „Wer bist du und was hast du mit meiner Freundin gemacht?“

„Jetzt hör endlich auf, vom Thema abzulenken.“ Diana winkte ab und deutete auf das Datum der Veranstaltung. „Die Sommerfeier findet am Samstag auf einem Anwesen in der Nähe von Edinburgh statt.“ Sie öffnete Google-Maps und tippte die Adresse ein, während in Sam immer stärker der Verdacht aufkeimte, neben ihr säße der Agent Ethan Hunt mit einer lebensechten Diana-Maske und Afro-Perücke.

„Und weil es leichter war, in die Facebookgruppe des Unternehmens zu kommen, als einem Säugling den Schnuller zu klauen, willst du am Samstag einfach auf die Party spazieren, die ein oder andere oberflächliche Konversation über das Wetter führen und dann …“ Sam sah Diana fragend an. „Und dann machen wir was? Suchen wir die engsten Kollegen dieses Arschs und erzählen ihnen erfundene dunkle Geheimnisse? Machen ihnen weis, er hätte einen perversen Stinkefuß-Fetisch oder den kleinsten Mikropenis der Welt? Lassen wir beiläufig fallen, er stünde in Wirklichkeit auf Schafe oder könne nur eine Erektion bekommen, wenn die Frau einen Strap-on-Dildo wie ein Einhorn auf der Stirn trägt und während des Aktes wiehert?“

Entgeistert starrte Diana Sam an. „Ich wusste gar nicht, dass du dich in deiner Freizeit mit Schweinkram beschäftigst.“

Sam verdrehte die Augen. „Der Punkt ist doch, dass wir keinesfalls auf diese Veranstaltung kommen, ohne von den Security-Mitarbeitern geschnappt zu werden und die Nacht in einer dreckigen Zelle zu verbringen.“

„Wo wir unsere Unschuld an Jo verlieren, die wegen schweren Raubüberfalls sitzt, ihr Leben lang auf zwei süße Mädels wie uns gewartet hat und sich unsere Gesichter auf den Arm tätowieren wird?“, fragte Diana ironisch. „Du hast eindeutig zu viele Filme gesehen.“

„Nein, du hast eindeutig zu viele Filme gesehen.“ Sam lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich möchte einfach keinen Ärger bekommen.“

„Jetzt sieh dir doch erst einmal das Anwesen und das Grundstück genauer an.“ Diana zoomte das Satellitenbild näher heran und deutete auf die drei Eingänge des Geländes. „Hier, hier und dort werden, wenn überhaupt, Security-Mitarbeiter postiert sein und vielleicht IDs kontrollieren.“ Sie deutete auf ein Heckenlabyrinth am unteren Bildschirmrand. „Aber hier kommen wir rein.“

„Bist du noch ganz bei Trost?“ Sam schüttelte energisch den Kopf. „Wir können doch nicht am helllichten Tag über eine meterhohe Hecke klettern, ohne dass uns jemand erwischt.“

„Sam, das ist eine Jubiläumsfeier, keine Politveranstaltung höchsten Ranges. Es werden schon keine Wachleute um das Grundstück laufen oder Drohnen darüber fliegen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob überhaupt Securityleute dort sein werden. Also vielleicht kommen wir sogar durch das Haupttor rein.“

„Dein Wort in Gottes Ohr“, murrte Sam. Sie glaubte nicht mehr daran, dass Diana Ruhe geben würde, ehe sie Punkt dreißig erledigt hatte. Und sollte sie sich bis zu ihrem Geburtstag weigern, würde ihre Freundin vermutlich eine neue Liste mit dem Titel ‚Vierzig vor vierzig‘ erstellen und nicht aufhören sie zu nerven, bis Sam die ersten neununddreißig Punkte darauf abgearbeitet hatte. Punkt vierzig wäre – selbstredend – identisch mit Punkt dreißig der jetzigen Liste, und wieder würde sie sich weigern ihn abzuhaken und Diana würde eine neue Liste erstellen.

Sam sah den Teufelskreis beinahe bildlich vor sich.

Hat es nicht ausgereicht, dass ich Curling gelernt habe, drei Kinderlieder auf der Gitarre spielen kann, im angesagtesten Club der Stadt die Nacht durchgemacht habe, aus einem Flugzeug gesprungen bin oder jetzt weiß, dass Zumba absolut nichts für mich ist? Ganz zu schweigen von dem blödsinnigen herzförmigen Tattoo am Knöchel, das ich mir habe stechen lassen und das ich schon jetzt bereue?

Mit den Fingerspitzen massierte Sam sich die Schläfen. „Okay. Nehmen wir an, der unwahrscheinlichste Fall tritt ein und wir schaffen es durchs Haupttor oder eben über diese riesige Hecke in das Labyrinth und somit auf die Party. Bleibt die Frage: Was sollen wir dort tun?“

Statt zu antworten, sprang Diana auf und rannte aus dem Büro. Sam hörte, wie sie im Flur den abschließbaren Holzschrank öffnete und irgendetwas Klapperndes und Klimperndes herausholte.

„Wir werden diese beiden Gegenstände …“, begann Diana und holte zuerst ein paar Handschellen und anschließend etwas, das aussah wie der Kopf eines Kuschelhasen, aus der Tüte. „… geschickt einsetzen.“

„Was soll das sein? Und was kann man damit machen?“ Sam nahm den grauen, buntgepunkteten Stoffhasen in die Hand und betrachtete ihn verwirrt von allen Seiten.

„Das, meine Liebe, ist ein Bunny-String, den ich in mühevoller Kleinarbeit und einzig und allein für deinen großen Triumph über die Schatten der Vergangenheit angefertigt habe.“ Diana nahm Sam den Stoffhasen aus der Hand und löste zwei dünne Gummischnüre von seinem Rücken. Anschließend stand sie auf und zog das Ding über ihre Jeans. „Tada!“

Während Sam das Gefühl hatte, jemand hätte ihr die Schädeldecke geöffnet und würde in diesem Moment ihr Gehirn mit Hammer und Meißel bearbeiten, konnte sie den Blick nicht von dem grotesken Etwas lösen. Diesem schlappohrigen, buntgepunkteten Stoffhasen, der über der Scham ihrer Freundin lag und Sam mit traurigen, großen, pinken Knopfaugen ansah.

„Jetzt schau nicht so skeptisch.“ Diana zog den Hasen nach vorne und steckte ihre geballte Faust dahinter. „Ausgefüllt sieht er viel besser aus.“

„Okay.“ Sam seufzte und versuchte das Bild eines ‚ausgefüllten‘ Bunny-Strings aus dem Kopf zu bekommen. „Dein Plan lautet demnach, sich auf die Feier zu schleichen und Wes… den Arsch bewusstlos zu schlagen, um ihm diese frei interpretierbare Unterhose anzuziehen?“

„Fast richtig.“ Zum Glück zog Diana den Bunny-String wieder aus und stopfte ihn samt Handschellen in die Plastiktüte zurück. „Tommy hat mir erzählt, dass Wesley kaum Alkohol verträgt. Das stimmt doch, oder?“

Sam nickte vorsichtig und versuchte zu ergründen, worauf ihre Freundin hinauswollte und wie viele Informationen über Wesley sie Tommy aus der Nase gezogen hatte.

„Perfekt. Der Plan ist also folgender: Wir fahren in die Nähe des Anwesens. Nehmen Tüten mit Klamotten und allem, was wir sonst noch brauchen, mit und klettern über die Hecke. Im Labyrinth putzen wir uns richtig hammermäßig heiß heraus und du wirst eine Perücke und eine Brille anziehen, damit Wesley dich nicht erkennt.“

„Als würde dieser Arsch mich nach all den Jahren noch erkennen.“

Eher finde ich durch Zufall die versunkene Stadt Atlantis in einem Nichtschwimmerbecken im örtlichen Spaßbad.

„Nenn es eine Vorsichtsmaßnahme, wenn du willst“, fuhr Diana unbeeindruckt fort. „Jedenfalls mischen wir uns unter die Gäste. Wenn wir Wesley gefunden haben, locken wir ihn mit unseren weiblichen Reizen in eine ruhige Ecke und füllen ihn ordentlich ab.“

„Moment“, unterbrach Sam Dianas Redeschwall erneut. „Dein Plan geht nur auf, wenn der Arsch allein auf die Feier geht und nicht mit seiner … Freundin oder Frau.“ Sam hätte sich am liebsten geohrfeigt für die offensichtliche Kunstpause vor dem Wort Freundin.

„Glaubst du im Ernst, ich hätte mich nicht vorher informiert, ob Wesley vergeben ist?“ Diana zwinkerte Sam zu. „Keine Sorge, er ist Single. Das heißt, er wird allerhöchstens mit einer Bekanntschaft dort auftauchen.“

Sam gab sich Mühe, unbeeindruckt zu wirken. „Und was machen wir dann?“

„Wir lotsen ihn abgefüllt in irgendeinen privaten Raum. Dann warten wir, bis er – wie Tommy sagte – müde genug vom Alkohol ist, dass er einschläft, und zu guter Letzt fesseln wir ihn an eine Heizung, ziehen ihn aus und lassen ihn mit nichts als dem Bunny-String zurück.“

„Und machen uns strafbar wegen Freiheitsberaubung oder Schlimmerem?“, fragte Sam mit einem letzten Funken Hoffnung, ihre Freundin würde die Sache auf sich beruhen lassen.

„Stimmt!“, rief Diana aus, schlug sich die Hand vor die Stirn und drückte ihren üppigen Afro so platt es ging an den Kopf. „Ich sollte besser auch eine Perücke und eine Brille tragen.“

3 Jubiläumsfeiern und Handschellen

Als Wesley am frühen Abend den Fuß über die Schwelle von Cunningham Hall setzte, atmete er tief ein. In weniger als drei Stunden würde er die Sache überstanden haben und könnte den Rest seines Samstags in Ruhe und Frieden verbringen.

Der Gedanke brachte ihn zwar in diesem Moment nicht näher an die Gemütlichkeit seines Hotelzimmers, konnte ihn aber zumindest über die Smalltalk-Strapazen der nächsten Stunden hinwegtrösten.

Über das Wetter, die Location – historische Fakten und Anekdoten über Cunningham Hall inbegriffen –, oberflächlichen Bürotratsch, Sportergebnisse, sogar über die Royals hatte Wesley sich im Vorfeld wie üblich ausgiebig informiert. Und seinem hervorragenden Gedächtnis sei Dank, würde er auf jedem Gebiet wahre Glanzleistungen in puncto Konversation abliefern, wie es die meisten seiner engsten Kollegen und sein Chef voraussetzten.

Er würde es mit einem Lächeln tun, und er würde es hassen.

„Wesley, Darling!“, hörte er plötzlich hinter sich eine ihm wohlbekannte Stimme und unterdrückte mit Mühe den spontan aufwallenden Fluchtinstinkt. Für den Bruchteil eines Flügelschlages glaubte der fantasievolle Part seiner Persönlichkeit gar, er könnte mit genügend Anlauf über die zweieinhalb Meter hohe Hecke springen, welche die Auffahrt von dem kleinen Garten des Anwesens trennte. Stattdessen fixierte Wesley Mrs. Mansfield und schenkte ihr einen freundlich-kecken Gesichtsausdruck, der das Herz jeder Eiskönigin zum Schmelzen gebracht hätte.

„Mrs. Mansfield“, sagte er, ging einen Schritt auf sie zu und gab der Schwester seines Chefs einen huldvollen Handkuss. „Wie schön, dass Sie Zeit gefunden haben, den Feierlichkeiten zum Jubiläum beizuwohnen.“

Sich über ihre Anwesenheit freuen – check.

Ihren vollen Terminkalender lobend einbauen – check.

Nicht erwähnen, dass das Unternehmen ihrem Bruder und nicht ihr gehört – check.

Fehlen noch ein Kompliment über ihr Aussehen, nicht zu dick aufgetragen und mit einem Funken Wahrheit, und eine beliebige Frage zur Bekundung meines Interesses an ihrer Person.

„Hat Ihnen übrigens schon einmal jemand gesagt, dass Fuchsia genau Ihre Farbe ist?“ Wesley ließ die Hand der älteren Dame los und richtete sich wieder zu voller Größe auf. Ihre leuchtenden Augen sprachen Bände über den Erfolg seiner Schmeichelei. „Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Anreise bei dieser brütenden Hitze.“

„Mr. Harlington, sparen Sie sich Ihre Komplimente lieber für die jungen Damen auf, die sterben würden für ein Wort des Lobes aus Ihrem Mund.“

Eine Gegenschmeichelei, ebenfalls mit einem wahren Kern.

Einem extra großen wahren Kern.

„Und was die Hitze betrifft: Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass die Klimaanlage meines schrottreifen Maibachs ausnahmsweise einmal nicht den Dienst versagt hat. Die Heizung im Winter, die Klimaanlage im Sommer. Es ist ein Graus.“

Und die direkte Beantwortung der gestellten Frage. Gespickt mit Statushinweisen, einem nicht zu aufdringlichen Jammern und völlig belanglosen First-World-Problems.

Wenn jemand Wesley noch etwas in Sachen höfliche, standesgemäße Konversation beibringen konnte, dann war es sicherlich Mrs. Mansfield.

„Aber sagen Sie, Mr. Harlington, warum sehen wir Sie bei Feierlichkeiten eigentlich nie in Begleitung?“ Ehe Wesley sich eine ausweichende Antwort zurechtgelegt hatte, um Mrs. Mansfield nicht gestehen zu müssen, dass er die geistlosen Weiber der höheren Gesellschaftsschicht schlichtweg satthatte, fuhr die ältere Dame fort: „Sie wissen hoffentlich, dass Sie sich in unserem Unternehmen nicht verstecken müssen, wenn Sie dem eigenen Geschlecht zugeneigt sind.“

„Nun, ich …“, begann Wesley und versuchte vergeblich, auf sein zurechtgelegtes Geflecht aus Worten und Sätzen zurückzugreifen. Dabei brachte ihn nicht einmal der abrupte Themenwechsel, sondern die Ehrlichkeit der älteren Dame aus dem Konzept. Mrs. Mansfield meinte ganz offensichtlich, was sie über die Philosophie des Unternehmens zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen gesagt hatte. Und zu seiner Schande musste Wesley sich eingestehen, sich als heterosexueller Mann nie Gedanken darüber gemacht zu haben, wie das Unternehmen, in dem er arbeitete, zum Thema Homosexualität stand.

„Ich hoffe, ich habe Sie nicht in Verlegenheit gebracht, Mr. Harlington.“

„Ganz und gar nicht, Mrs. Mansfield. Der Einzige, der mich in Verlegenheit gebracht hat, bin ich. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich bringe keine Begleitungen zu Feierlichkeiten mit, weil ich in meinen Verabredungen keine falschen Erwartungen schüren möchte.“ Wesley zuckte entschuldigend mit den Achseln und lächelte verschmitzt. „Außerdem hatte ich die vage Vorstellung, dass Sie mich vielleicht eines wunderbaren Tages erhören würden.“

„Mr. Harlington“, sagte Mrs. Mansfield in einem gespielt tadelnden Tonfall und hakte sich bei Wesley unter. „Ich hätte Sie nicht für einen solchen Schwerenöter gehalten.“

Gemeinsam gingen sie an den präzise geschnittenen Hecken, dem perfekten englischen Rasen und den akkurat angelegten Blumenbeeten vorbei auf den Eingang des Hauptgebäudes zu.

Höchstens drei Stunden, sagte Wesley sich, als sie Cunningham Hall durch die zweiflügelige Holztür betraten. Obwohl er nicht umhinkam zuzugeben, dass man mit Mrs. Mansfield in Sachen Konversation anscheinend auch ganz anderes – interessantes und tiefgründiges – Terrain betreten konnte, sofern die ältere Dame es zuließ.

 

***

 

„Als Kellnerinnen?“ Sam sah Diana verwirrt an. „Und das sagst du mir jetzt?“

„Hätte ich dir vor eineinhalb Stunden gesagt, dass ich niemanden gefunden habe, der uns passende Kleider für eine ‚sommerliche Party auf einem Herrenhaus mit historischer Geschichte‘ ausleihen konnte, außer mein Freund Geoffrey vom Theaterfundus, wärst du dann überhaupt in dieses Auto gestiegen?“

„Ganz sicher nicht.“

„Und beantwortet das deine Frage, warum ich dir erst jetzt sage, dass wir dort als Kellnerinnen erwartet werden?“

Sam sah ihre Freundin am Steuer noch verwirrter als zuvor an. „Was bitte meinst du mit ‚erwartet werden‘?“

„Nun ja, ich kenne jemanden, der …“

Sam stieß entnervt die Luft aus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Verschon mich mit deinen komplizierten Machenschaften.“

„Machenschaften?“, fragte Diana, folgte den Anweisungen des Navis und lenkte ihren Wagen auf eine von Bäumen gesäumte Nebenstraße.

„Du weißt, was ich meine. Die vielen Leute, die dir einen Gefallen schulden und Hinz und Kunz kennen, die wiederum ihnen einen Gefallen schulden.“ Sam schüttelte den Kopf. „Nehmen wir zum Beispiel Tommy. Tommy ist verdammt noch mal ein Polizist und trotzdem plaudert er freimütig jedes Detail über Wes… das Privatleben dieses Ar…“

„Könntest du bitte seinen Namen benutzen, Sam?“, unterbrach Diana ihre Freundin und bog erneut ab. „Wir sind nämlich erstens nicht mehr im Kindergarten und zweitens habe ich schon verstanden, dass du ihn nicht leiden kannst.“

„Und wieso darf ich ihn dann nicht nennen, wie ich will?“

„Weil wir nicht im Kindergarten sind, Herr Gott verdammt! Hörst du nicht zu?“

Sam sah schmollend aus dem Fenster. Sie war es nicht gewohnt, dass Diana sie so anfuhr. „Diana und Wesley sitzen auf dem Baum … B-E-SCH-L-eimen sich.“

Die Wucht von Dianas Vollbremsung mitten auf der Straße schleuderte Sam unsanft nach vorn und anschließend zurück in ihren Sitz.

„Samantha Cochrane“, begann Diana und sah ihrer verdutzten Freundin fest in die grünen Augen. „Das Wort ‚beschleimen‘ gibt es überhaupt nicht.“ Sie legte den ersten Gang ein. „Und keine Sorge, ich werde dir deinen heißgeliebten Wesley schon nicht ausspannen.“ Damit trat Diana aufs Gaspedal und folgte weiter den Anweisungen des Navis, ohne sich darum zu scheren, dass Sam die gesamte restliche Fahrt stumm blieb und schmollte.

Stattdessen plauderte Diana munter darüber, was Tommy ihr alles über Wesleys Arbeit, seine Lebenssituation, seine Hobbys und sogar seinen Beziehungsstatus erzählt hatte.

Als Diana den Wagen nach weiteren zehn Minuten endlich auf einen kleinen Schotterweg fuhr und anhielt, saß Sam wie versteinert auf dem Beifahrersitz.

„Du hast Tommy erzählt, was wir vorhaben?“, brachte sie mühsam raus. „Warum? Und meinst du nicht …“

„Papperlapapp. Ich habe ihm eindringlich klargemacht, was ihm blüht, wenn er Wesley vorwarnt.“

„Wieso hast du ihn nicht einfach angelogen?“

„Er ist bei der Polizei, Sam.“ Diana sah sie an, als wäre sie die Begriffsstutzige hier. „Man kann doch die Polizei nicht anlügen.“

„Du kannst die Polizei nicht anlügen, aber ihr drohen?“

„Prioritäten, Sam, man muss Prioritäten setzen.“ Diana zog den Zündschlüssel aus dem Schloss und stieg aus. Sam blieb sitzen und zählte innerlich bis Dreißig.

Diese vermaledeite Dreißig, dachte sie. Sie allein hat mir diesen Schwachsinn eingebrockt.

„Kommst du?“, fragte Diana ungeduldig. „Wir werden in fünfzehn Minuten erwartet und ich möchte ungern zu spät kommen.“

„Natürlich“, hauchte Sam kurz vor einem Nervenzusammenbruch. „Nicht, dass wir am Ende gefeuert werden.“

„Siehst du“, frohlockte Diana und schloss den Kofferraumdeckel. „Das ist die richtige Einstellung.“

 

***

 

„Ich habe ihn gefunden“, flüsterte Diana Sam zu und blieb dicht bei ihr stehen. Das volle Tablett Champagnergläser hielt sie in einer Position, die zwischen Anmut und Vollkatastrophe schwankte. „Er unterhält sich mit den beiden älteren Herren dort vorne über irgendwelchen Finanzkram.“

Sam folgte Dianas Fingerzeig und entdeckte die beiden älteren Herren, die einen hochgewachsenen Mann im maßgeschneiderten Anzug regelrecht umzingelt hatten und abwechselnd auf ihn einredeten.

„Bist du sicher?“, fragte Sam. Sie sah Wesley lediglich von hinten und hatte in der Schule das Fach ‚Exfreunde von vor Jahrzenten von hinten erkennen‘ zu häufig geschwänzt.

„Ja“, war Dianas knappe Antwort. „Und weißt du, was das Beste ist?“

„Er geht gleich nach Hause und wir können die Sache hier endlich vergessen?“

„Nein, du Dummerchen.“ Diana stellte das Tablett mit den Champagnergläsern ab und füllte drei Gläser randvoll mit Whisky. „Wir können mit Phase zwei unseres Plans beginnen.“

„Wesley trinkt keinen Whisky. Zumindest hat er das früher nicht“, schob Sam nach und versuchte die hochschwappende Flut an tosend gegen das standhafte Kliff in ihrem Inneren brandende Fragen zum heutigen Wesley zu verdrängen.

„Aber Tommy sagte, er würde grundsätzlich trinken, wenn man ihn lange genug dazu animiert oder er sich genötigt fühlt dazuzugehören.“

„Kann sein“, sagte Sam ausweichend.

„Perfekt.“ Diana strahlte über das ganze Gesicht und hielt Sam das Tablett mit den drei Whiskygläsern hin. „Ich habe gerade mitbekommen, wie die beiden Älteren Wesley zu einer Runde überreden wollten. Also bin ich auf sie zugegangen und habe gefragt, ob ich den Herren etwas bringen kann.“ Sie übergab Sam das Tablett.

„Vergiss es!“, zischte Sam. „Ich werde keinesfalls da rübergehen.“ Sie stellte das Tablett energisch auf dem Beistelltisch ab und rückte die barbieblonde, glattgebügelte Echthaarperücke zurecht, unter der sie schwitzte wie die Wachsflügel des Ikarus.

„Spielverderberin“, monierte Diana, zwinkerte ihr frech zu und machte sich auf den Weg zu den drei Herren. Als der Mann im maßgeschneiderten Anzug sich zu ihrer Freundin umdrehte, um die Drinks entgegenzunehmen, stockte Sam für einen Augenblick der Atem.

Ja, dachte sie, das ist wirklich Wesley. Älter, reifer, männlicher, aber trotzdem Wesley.

Mit einem Knoten im Hals, der nicht aufhören wollte sich auszudehnen, schnappte sie sich das Tablett mit den Champagnergläsern und machte sich auf den Weg in einen der äußeren Bereiche. So weit wie möglich weg von ihrer irren Freundin und ihrem vermaledeiten Ex.

Im hinteren Gartenbereich drückte sie sich herum, bis auch das letzte Glas von ihrem Tablett verschwunden war. Von hier aus hatte sie einen fantastischen Blick auf das Labyrinth, über dessen Hecken sie und Diana nicht in diesem Leben hätten klettern können.

Wäre sie nicht aus dem absurdesten Grund der Welt in Cunningham Hall gelandet, hätte sie das Anwesen geliebt. Die verschlungenen Pfade, der imposante Brunnen, die mit Efeu überwucherten Mauern und die modernen Lichtinstallationen, die dem Gebäude nicht im Geringsten den Charme seines Alters nahmen; Sam verstand, wieso der Unternehmensinhaber die Feierlichkeiten von London nach Edinburgh verlegt hatte. Zumal sie aus ein paar Unterhaltungen herausgehört hatte, dass das Anwesen seit einigen Jahren im Besitz der Mansfields war, und sie es entweder selbst nutzten oder für Feierlichkeiten aller Arten vermieteten.

Als Sam ihre Rückkehr zum provisorisch aufgestellten Tresen schließlich nicht länger hinauszögern konnte, ging sie wieder ins Innere des Gebäudes und schlenderte über einen Umweg durch die Küche in den großen Tanzsaal, um nach Diana Ausschau zu halten.

„Entschuuuldignuck?“

Erschrocken drehte Sam sich zu der säuselnden Stimme und dem Besitzer der Hand auf ihrer Schulter um. Nur unter höchster Konzentration schaffte sie es, den Fieps-Laut, der ihr in der Kehle steckte, nicht bis nach oben vordringen zu lassen.

Aus hellbraunen, glasigen Augen schaute ihr Gegenüber sie hilfesuchend an. Hellbraune Augen, die sie geglaubt hatte niemals wiederzusehen.

„Ja?“, begann Sam und entschied panisch, ihre Stimme zu verstellen. „Was … ähm, was kann ich für Sie tun?“

Gott, ich klinge gerade wie eine Bodybuilderin auf Anabolika und Steroiden, schoss es Sam durch den Kopf, während ihre Hirnzellen verzweifelt versuchten, ihrem Körper das Schwitzen zu verbieten.

„Kö… könnten Sie misch vielleischt zu einer … piss… piss… privaten Tritz… Sitzmöglischgeit bringen?“

Sam starrte Wesley fassungslos an. Scheiße. Was hat Diana mit ihm angestellt, dass er innerhalb einer halben Stunde voll wie eine Haubitze ist?

Als wolle Wesley Sams Gedanken untermauern, wankte er wie ein Grashalm im Wind und krallte sich an ihrer Schulter fest.

Zu ihrem Glück, denn Sam war an allen Fronten überfordert, kam Diana mit zwei nach oben gereckten Daumen auf sie zu und griff Wesley um die Taille.

„Sie möchten sich bestimmt in etwas privaterer Atmosphäre ausruhen, nicht wahr?“ Als versuche sie mit ihren Augenbrauen eine La-Ola-Welle zu machen, schnitt Diana Grimassen zwischen Glückseligkeit, Eigenlob und Vorfreude.

„Ja, wilsch“, murmelte Wesley und ließ sich ohne Widerstand von Diana aus dem Tanzsaal schieben. Ihn über die hintere Treppe nahe der Küche in den zweiten Stock zu lotsen, gestaltete sich schon schwieriger und verlangte Sam und Diana körperliche Höchstleistungen ab.

„Und hiermit ist das Riesenbaby ganz allein dein Problem“, sagte Sam keuchend, rückte die potthässliche Glasbrille mit dem Leopardenmuster zurecht, die Diana ihr aus dem Theaterfundus mitgebracht hatte, und wandte sich zum Gehen. Wesley hatten sie gegenüber der Treppe an die Wand gelehnt. Damit er nicht einfach schnurgerade nach vorne fiel und sich beim Sturz von der Treppe das Genick brach, hielt Diana ihn fest, indem sie ihm gegen die Brust drückte.

„Wir geben also fünf Schritte vor dem Ziel auf, weil wir uns plötzlich ins Höschen machen?“

Dianas sarkastischer Tonfall veranlasste Sam, innezuhalten und ihrer Freundin einen bösen Blick über die Schulter zuzuwerfen.

„Du vergisst, dass einer aus deinem imaginären Wir-Kollektiv von Anfang an gar nicht hier sein wollte.“ Sie nahm eine weitere Treppenstufe nach unten.

„Jetzt komm schon, Sam. Willst du dich denn den Rest deines Lebens fragen, wie befreiend und genial es gewesen wäre, wenn du es bis zum Ende durchgezogen hättest, anstatt feige aufzugeben? Ich meine, wann, wenn nicht jetzt?“

Sam hielt erneut inne und biss sich auf die Lippe. Auf der einen Seite wollte sie so viel Abstand wie möglich zwischen sich und ihre unverständlich vor sich hin brabbelnde Vergangenheit bringen. Andererseits hatte Diana es wieder mal auf den Punkt gebracht: Wann, wenn nicht jetzt, da ihre Vergangenheit sternhagelvoll war und sich sowieso an nichts erinnern würde?

Seufzend machte sie kehrt. „Weißt du überhaupt, wo wir hinmüssen?“

„Nicht genau“, gab Diana zu und sah sich in beide Richtungen des Ganges um. „Aber wir werden sicherlich ein Plätzchen für unseren Trunkenbold finden.“

Gemeinsam halfen sie Wesley, von der Wand wegzukommen, indem jede von ihnen sich einen seiner Arme um die Schultern legte und Diana ihn zusätzlich an der Hüfte stützte. Als sie den Eindruck hatten, er habe einen sicheren Stand, steuerten sie nach links.

„Kannst du mir übrigens verraten, wie du es geschafft hast, ihn derart heftig abzufüllen?“, fragte Sam vorbei an Wesley Brust.

„Ich habe den Gentlemen suggeriert, dass ein Wetttrinken mit einem vollen Whiskyglas eine famose Idee ist.“

„Du hast das Wort ‚famos‘ benutzt?“

„Nun, Mylady, ich passte mich den Gepflogenheiten der gehobenen Gesellschaft an.“

„Wow.“ Sam war ehrlich beeindruckt.

„Und hab die drei Schwachmaten schneller an den Eiern gehabt, als du ‚God save the Queen‘ sagen kannst.“

Trotz ihrer Situation und der Tatsache, dass es Wesley James Harlington war, dessen Arm um ihre Schulter lag, musste Sam lachen. Das klang schon eher nach ihrer Freundin.

„Warte“, sagte Diana, als sie die erste der Türen auf ihrer Seite erreichten, und warf einen Blick hinein. „Nein, weiter. Das ist ein Gästezimmer und zu einfach.“

„Wilsch!“, quäkte Wesley unversehens los und versuchte die Tür, die Diana geschlossen hatte, wieder zu öffnen.

„Nein, das Zimmer gehört jemand anderem, aber wir finden bestimmt ein freies.“ Sanft drückte Diana Wesleys Hand von der Klinke weg.

„Das ist es“, hörte Sam ihre Freundin nach der vierten Tür endlich sagen und atmete erleichtert auf. Wesley war mit seinen knapp eins fünfundachtzig schließlich kein Leichtgewicht.

„Das ist ein Büro“, kommentierte Sam Dianas Wahl trocken, als sie es geschafft hatten, Wesley ins Zimmer zu schieben.

„Viel besser.“ Diana schloss die Tür hinter ihnen. „Es ist das private Büro seines Chefs.“

„Was?“, fragte Sam erschrocken und rechnete plötzlich jeden Moment damit, dass der Herr des Hauses seinen Lieblingskugelschreiber holen wollte. „Meinst du nicht, das geht zu …“ Weiter kam sie nicht, als Wesley sich von ihr losmachte und auf das mit gelbem Stoff bezogene, antik wirkende Sofa zusteuerte. Als wäre er daheim, ließ er sich auf die weiche Sitzfläche fallen, zog die Schuhe aus und legte die Füße hoch.

Na prima, dachte Sam. Den bekommen wir heute hier nicht mehr raus.

„Woher weißt du überhaupt, dass wir im Büro seines Chefs sind?“, flüsterte sie Diana zu.

„Gelbes Sofa und ein Bild von einem Windhund“, erklärte Diana kurz angebunden und fügte auf Sams Stirnrunzeln hin wie selbstverständlich hinzu: „Ich habe unten im Tanzsaal so viele Gespräche wie möglich belauscht.“

Natürlich, wie dumm von mir, dachte Sam sarkastisch und sah zu Wesley rüber. Gerade wählte er eines der Zierkissen aus, als würde er eine lebensverändernde Entscheidung treffen, ehe er es unter seinen Kopf legte.

„Und was jetzt?“ Sam löste ihren Blick von Wesley und sah Diana an.

Du wartest hier. Ich gehe runter und hole die Handschellen und den String.“

„Kann ich die Sachen nicht holen?“, fragte Sam hastig. Sie wollte nicht mehr Zeit mit Wesley in einem Raum verbringen als unbedingt notwendig.

„Um dich heimlich davonzustehlen?“ Diana schüttelte grinsend den Kopf und griff nach der Türklinke. „Das kannst du vergessen.“

Und während Sam sich noch eingestand, dass sie tatsächlich überlegt hatte sich wegzuschleichen, war Diana auch schon aus der Tür getreten und ließ sie und Wesley zurück. Allein.

Wenigstens ist Wesley schon eingeschlafen, dachte Sam und bereute keine Sekunde später ihre Naivität bitter, als er sich abrupt aufrichtete und lauthals schimpfte: „Wilsch nisch!“

O mein Gott, wie konnte ich die berühmt-berüchtigte wesley’sche Nörgelphase vergessen? Am liebsten hätte Sam sich einen der Aktenordner vom Schreibtisch genommen und ihn gehen die Stirn geschlagen. Die wesley’sche Nörgelphase war das Highlight jeder Party gewesen, auf der jemand es geschafft hatte, ihn betrunken zu machen. Die Phase, in welcher Wesley unruhig umherlief, entweder verquere philosophische oder babyartige Anfälle hatte und Ansprüche stellte wie die Prinzessin auf der Erbse. Die Phase, in welcher er sich nicht entscheiden konnte, ob er hellwach war oder schlafen, sich hinsetzen oder -legen wollte.

Hier und heute wollte er offensichtlich weder sitzen noch liegen bleiben. Stattdessen stand er auf und kam, vermutlich auf dem Weg zur Tür, taumelnd direkt auf Sam zu.

„Isch musch ins Bett. Das Sofa ischt der frühe Tod meiner Wirbschelsäule.“

Über die Jahre mussten philosophische und babyartige Anfälle miteinander verschmolzen sein.

„Warten wir doch auf die andere Kellnerin“, versuchte Sam ihn zu beschwichtigen und stellte sich ihm resolut in den Weg. Mit aller Kraft stemmte sie die Hände gegen seine Brust und schaffte es zumindest, ihn zum Stehenbleiben zu bringen.

„Bett!“, beharrte Wesley lautstark. Sam zuckte zusammen, als sie undeutliche Stimmen auf dem Flur hörte.

„Pscht!“

Doch anstatt ihrer auffordernden Geste nachzukommen, äffte Wesley sie glucksend nach, indem er den Finger ebenfalls auf die Lippen legte und so laut es einem Menschen möglich war ‚Pscht‘ machte.

„Du sollst still sein, verdammt“, wisperte Sam und lauschte panisch den Schritten und Stimmen, die auf dem Flur lauter wurden.

Verfluchter Mist, schimpfte sie innerlich. Wie, um Himmels willen, soll ich dem Besitzer des Hauses – und wie ich mein Glück kenne, steht niemand Geringeres gleich hier im Raum – erklären, was …

„Pscht!“

Ehe Sam klar wurde, was er vorhatte, hatte Wesley seinen Daumen auch schon auf ihre Lippen gedrückt. „Was zum Teu…“

„Pscht“, wiederholte Wesley, dieses Mal sanfter, beinahe vertraut – und kaum hatte er den Daumen weggenommen, nahmen seine Lippen den Platz an ihren ein.

Nach Hause kommen, schoss es Sam unwillkürlich durch den Kopf. Das ist wie nach Hause kommen.

Bevor sie wusste wie ihr geschah, intensivierte Wesley den Kuss und ließ Sam in einem Strudel aus widerstrebenden Gefühlen versinken. Ja! Nein. Aufhören! Weitermachen. Was tue ich hier bloß? Und wieso ist es so verdammt gut? Das darf es einfach nicht sein! Das alles darf einfach nicht sein!

Als Wesley sie in Richtung Sofa drängte, entspann sich ein leidenschaftlicher Tanz zwischen den beiden. Er legte den Arm um ihre Taille, Sam versuchte sich mit einer halben Drehung zu befreien. Er nahm den zweiten Arm hinzu und hielt sie im daraus entstehenden Kreis gefangen. Sie stemmte die Hände gegen seine Brust, er drückte sie noch fester an sich. Er stöhnte voller Begierde, sie voller Widerspruch. Bis sie das Sofa erreicht hatten und Wesley sie mit einem Ruck auf seinen Schoß zog.

Das ist falsch, so verdammt falsch, schaffte Sam sich einen Augenblick auf die einzig richtige Reaktion zu konzentrieren, doch ihr Körper wollte nicht auf sie hören. Stattdessen krallte sie die Hand in Wesleys Haar, als wäre sie niemals für etwas anderes geschaffen worden, während sie seiner Zunge Einlasse gewährte und ein Kieksen von sich gab, das ihr seit Ewigkeiten nicht mehr entschlüpft war.

Und dann geschah, was Sam am meisten gefürchtet hatte.

Wesley löste die Lippen von ihren, legte eine Hand an ihre Wange und sah sie direkt an. Doch statt der reinen und puren Lust auf eine schnelle Nummer von eben, sah Sam nun etwas anderes in seinen Augen. Erkennen … Wiedererkennen.

„Was geht denn hier bitte ab?“

Dianas erstaunte Frage war zu viel für Sam.

„Nichts“, sagte sie unwirsch, entriss sich Wesleys Hand und sprang auf die Beine. „Gar nichts.“

„Warte doch!“, rief Diana ihrer Freundin hinterher, doch Sam verließ wortlos den Raum und knallte die Tür hinter sich zu. Tränen verschleierten ihre Sicht, während sie zur hinteren Treppe lief und zwei Stufen auf einmal nahm.

 

***

 

„Können wir jetzt fahren?“, schnauzte Sam Diana geschlagene dreißig Minuten später an, als ihre Freundin endlich ebenfalls den Weg zum Auto gefunden und ihre hundert Tüten im Kofferraum verstaut hatte.

„Erst wenn du mir erklärt hast, was gerade passiert ist“, antwortete Diana und machte keine Anstalten, überhaupt den Zündschlüssel ins Schloss zu stecken.

Kurzentschlossen schnallte Sam sich ab und öffnete die Beifahrertür. „Ich nehme den Zug“, presste sie hervor, doch ehe sie den Fuß aus dem Auto setzen konnte, griff Diana über sie hinweg nach der Tür und schlug sie wieder zu.

„Sam, hier ist weit und breit kein Bahnhof.“

„Dann nehme ich den Bus.“

„Sam, rede mit mir. Sag mir, was los…“

Du!“, brüllte Sam ihr wutentbrannt dazwischen. „Du bist los! Das alles hier ist deine blödsinnige Idee gewesen und allein deine Schuld!“

Diana kramte ein Taschentuch aus ihrem Handschuhfach und reichte es Sam.

„Deine Schuld“, schluchzte Sam zwischen zwei Schnäuzern.

Unsicher sah Diana sie an. „Zu meiner Verteidigung: Ich konnte nicht ahnen, dass … na ja, dass …“

„Dass dieser Arsch ein Aufreißer ist, mit dem man keine Frau der Welt drei Sekunden allein in einem Zimmer lassen kann?“, schlug Sam schniefend vor. „Dass er mich hinterlistig überfallen wird? Mir ungefragt die Zunge in den Hals schiebt? Dass ich wie ein Schwächling nicht widerste…“ Sie brach ab, schnäuzte sich abermals die Nase und presste die Lippen aufeinander.

Den Teufel würde sie tun und sich vor Diana die Blöße geben, indem sie sich eingestand, dass sie trotz all der jahrelangen Wut auf Wesley und der Tatsache, dass sie ihn dafür hasste, wie leichtfertig er sie damals verlassen hatte, auf seinen Kuss angesprungen war wie eine vermaledeite läufige Hündin.

„Ich konnte nicht ahnen …“, setzte Diana erneut an, doch Sam ließ keine Vermutungen ihrerseits mehr zu.

„Ich will nach Hause, sofort! Und ich will die gesamte Fahrt keinen Ton mehr hören!“

 

***

 

Diana tat Sam auf der Fahrt nach Paisley den Gefallen und sagte nichts mehr. Was allerdings eher daran lag, dass sie mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war.

Zum einen versuchte sie die leidenschaftliche Szene zwischen Wesley und ihrer Freundin einzuordnen. Schließlich hätte sie mit vielem gerechnet, aber ihre Freundin und deren Ex bei ihrer Rückkehr beim Beinahe-Beischlaf anzutreffen? Damit nicht.

Auf der anderen Seite hatte Sam, als sie sie über Punkt dreißig der Bucket-List ausgequetscht hatte, äußerst komisch reagiert. Wie ein Aal hatte sie sich gewunden, war zuerst völlig kryptisch geblieben und nur unter Androhung einer Freundschaftsaufkündigung mit der Sprache herausgerückt.

Trotzdem wusste Diana nicht viel mehr, als dass Wesley und Sam zusammen zur Schule gegangen und ein Paar gewesen waren, bis er sich ‚vom Acker’ gemacht hatte, wie Sam es ausgedrückt hatte. Aber sie war sich sicher, dass mehr dahintersteckte. Das hatte sie an Sams Reaktionen, ihrer zitternden Stimme und der Wehmut in ihren Augen erkannt.

Als Diana das Schild für die Auffahrt auf die M8 entdeckte, wechselte sie die Spur und fuhr auf die Autobahn auf. Ab jetzt würden sie noch fünfzig Minuten bis nach Hause brauchen. Fünfzig lange Minuten, wenn man kein Wort mehr mit der schmollenden besten Freundin wechseln durfte, weil man Angst haben musste, dass diese sonst aus dem Auto sprang.

Dabei hatte Diana eine Menge Fragen über das, was sie gesehen hatte. Und sie hatte in den dreißig Sekunden, die sie wie angewurzelt im Türrahmen gestanden hatte, eine Menge gesehen. Wilde Leidenschaft auf beiden Seiten und dann plötzlich dieser intime, gefühlvolle Moment, in dem die beiden sich in die Augen gesehen hatten. Das war romantische Stimmung par excellence und eine Anziehungskraft zwischen den beiden gewesen, die ihresgleichen suchte.

Allerdings befürchtete sie, von Sam zu Meat Pies à la Mrs. Lovett verarbeitet zu werden, sobald sie es wagte, das Thema anzusprechen. Egal, wie sehr es ihr gerade unter den Fingernägeln brannte.

Und dann war da noch Wesley gewesen. Was er gesagt hatte, nachdem Sam aus dem Zimmer gestürmt war, lag ihr wie eine tickende Bombe auf der Zunge. Früher oder später, das war klarer als Kloßbrühe, würde sie Sam davon erzählen müssen oder den Rest ihres Lebens in einem T-Shirt mit der Aufschrift ‚schlechteste Freundin der Welt‘ herumlaufen.