Leseprobe Gretes Weg

Prolog

WERNEUCHEN/PROVINZ BRANDENBURG, 1894

Mucksmäuschenstill spähte Grete durch einen kleinen Spalt im Heuschober auf die sommerliche Hochzeit. Sie war schön, pompös, einfach romantisch! Überall waren Blumengestecke aufgestellt und kein einziges Wölkchen stand am strahlend blauen Himmel, als hätte der Bräutigam Petrus bestochen. Selbst Kätzchen Schnurr, das hinter dem Pastor auf einem Heuballen saß, schien sich noch herauszuputzen, indem es sich ausgiebig sein Pfötchen leckte. Grete schämte sich etwas für ihr schmuddeliges Kleid.

Der Pfarrer blickte in das wohlsituierte Publikum und erhob seine Stimme: »Bis dass der Tod euch scheidet.«

Obwohl sie erst Zwölf war, lösten die Worte des Pfarrers eine Sehnsucht in ihr aus. Eine Träne der Rührung kullerte ihre Wange herunter.

Grete blickte zu Therese nach hinten in den Schober. In ihrem eng geschnürten Korsett erinnerte sie an eine Wespe. Neben ihr im Stroh saß Johann, Gretes Bruder. Er hatte Grete gebeten, aufzupassen, damit er bei seinem allerersten Kuss ungestört war, für den ihn ausgerechnet eine Baroness auserkoren hatte.

Grete schaute schnell wieder nach vorn zur Hochzeit. Dort standen Magda von Callenberg, Thereses ältere Schwester und Wilhelm Freiherr von Raussendorf.

Das weiße Hochzeitskleid der Braut glänzte in der Sonne. Sie sah vornehm aus mit ihrer Hochsteckfrisur und dem ausladenden Hut. Der Freiherr hatte längst graues Haar und selbst auf diese Entfernung sah Grete, dass seine Uniform über seinem Bauch spannte.

»Ja, ich will, so wahr mir Gott helfe!«, posaunte der Freiherr. Er legte seiner Angetrauten einen Goldring an und alle applaudierten.

Grete hätte es auch gerne getan, durfte ihr Versteck aber keinesfalls preisgeben. Schließlich waren Johann und sie nicht zur Hochzeit eingeladen.

Und was Therese gerade mit Johann tat, dafür würde ihn der Baron sicherlich peinigen. Aber der bestimmte ohnehin viel zu viel, fand Grete.

Hinter sich hörte es Grete schmatzen, umzudrehen traute sie sich aber nicht. Es war ihr peinlich. Starr schielte sie weiterhin zur Hochzeit.

Das Brautpaar posierte bewegungslos, dann schoss ein kleines Feuer neben dem Fotografen hervor. Wahrscheinlich eines dieser neuen Magnesium-Blitzlichtgeräte, von denen ihr Vater immer erzählt hatte.

Kaum dachte sie an ihn, spürte Grete, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Sie musste an das Hochzeitsfoto ihrer Eltern denken, zusammen mit ihrem Onkel und ihrer Tante. So wollte sie später ebenfalls heiraten, eine Doppelhochzeit mit ihrem Bruder.

Ob Johann gerade auf dem rechten Weg dazu war, wusste Grete nicht. Er war zwar drei Jahre älter als sie und behauptete mit fünfzehn bereits ein richtiger Mann zu sein, aber die zwei Jahre ältere Therese war nicht die Richtige für ihren Bruder. Außerdem hatte sie gehört, dass es ausgeschlossen war, dass Adelige einfache Menschen wie sie heiraten würden.

Manchmal jedenfalls glaubte Grete, dass es selbst den Milchkühen der von Callenbergs besser ging als Johann und ihr.

Plötzlich hörte sie hinter sich ein ängstliches Maunzen und etwas schlug an die Wand der Scheune. Sie blickte zu Johann und Therese, die sich noch immer küssten, als würde man davon irgendwie satt werden.

Grete lief aus dem Heuschober und sah an dessen Wand den dicken Albert von Callenberg, der jüngste Spross der Familie. Er hatte sich ebenfalls von der Zeremonie davongeschlichen, trug Anzug mit Fliege und stand zusammen mit seinem Cousin Wilhelm vor einem hölzernen Regenfass.

Wilhelm hielt Schnurr in seinen Armen.

»Traust du dich etwa nicht?«, fragte der dicke Albert.

»Natürlich!«, konterte Wilhelm.

Der dicke Albert grinste.

Wilhelm ging einen Schritt näher an das Fass und hob das Kätzchen empor, dessen Augen im Sonnenschein grün blitzten. Mit ausgefahrenen Krallen fauchte Schnurr.

Grete trat einen Schritt näher. »Wilhelm, lass Schnurr los!«

Albert lachte höhnisch und wies auf das Fass, das randvoll mit trübem Wasser gefüllt war. »Macht er, aber erst wenn er ertränkt ist.« Er zeigte auf Grete. »Die vermehren sich wie die Ratten. Genauso ein Gesindel wie dein Bruder und du.«

Gretes Wangen wurden rot. »Wilhelm, das wirst du nicht tun!«

Albert gab Wilhelm einen Schubs. »Los, mach! Angsthase, Pfeffernase!«

Kurzentschlossen tauchte Wilhelm den Kater kopfüber in das Fass, dass Wasser auf den Boden schwappte. Eine Pfote fuhr aus dem Fass und kratzte über Wilhelms Arm. Ein paar Tropfen Blut fielen in die aufgebrachte Wasseroberfläche.

Grete schnaubte und trat Wilhelm mit voller Wucht in seine rechte Kniekehle. Die Beine des Jungen knickten ein und er fiel schreiend zu Boden. Sogleich ließ er Schnurr los und das Tier sprang davon, als sei der Teufel hinter ihm her.

»Was fällt dir ein, du dumme Göre?«, schrie Albert. »Jetzt ist er abgehauen!«

Grete rannte davon. Am liebsten wäre sie zu Johann gerannt. Aber wenn sie jetzt in den Heuschober lief, würde Albert ihn und Therese entdecken und an seinen Vater verraten. »Lasst mich in Ruhe!«, rief sie. »Sonst hole ich Johann!«

»Der ist doch auch ein Mädchen!«, brüllte der dicke Albert ihr rennend hinterher. Da er längst außer Atem war, tapste er nur noch ein paar Schritte, dann blieb er keuchend stehen.

Grete rannte weiter aufs Feld. Sie suchte nach Schnurr, lief dabei kreuz und quer durch das Korn. Unter dem Ahornbaum hörte sie es verzweifelt Miauen. Sie schaute sich um, entdeckte den Kater aber nicht.

Über ihr erklang ein Maunzen. Grete blickte nach oben.

Dort, fast in der Krone saß Schnurr. Das nasse Kätzchen war so weit geflüchtet, so hochgeklettert, dass es jetzt nicht wieder hinunter kam.

Grete lief schnell zurück zum Heuschober und riss die Tür auf. Sie erblickte Johann ohne Hemd, die Schnüren von Thereses Korsett in seinen Händen.

»Johann!«, rief sie. »Du musst mitkommen!«

Er schaute sie verärgert an, als wäre er aus einem schönen Traum gerissen worden.

»Schnell jetzt!«, drängte Grete. Die Panik in ihrer Stimme ließ Johann aufhorchen.

Er seufzte, zog sich hastig sein Hemd wieder an, flüsterte Therese etwas zu und folgte Grete.

Grete sah gerade noch, wie Therese wütend ihren Hut anlegte, und wie immer, wenn die Baroness sich aufregte, lief ihre spitze Nase mit dem kleinen Höcker rot an.

Grete und Johann rannten auf den Ahornbaum zu. Außer Atem kamen sie dort an.

»Hat uns jemand gesehen?«, fragte Johann.

Grete schüttelte den Kopf.

»Warum hast du uns dann gewarnt?« Er knöpfte sich das Hemd zu.

Grete zeigte nach oben. »Wir müssen Schnurr retten!« Sie sah Johann zermürbt an. »Du weißt doch, ich traue mich nicht mal auf den Schober zu klettern. Da werden meine Knie immer ganz wackelig.«

»Deswegen hast du mich gerufen?« Johann schüttelte den Kopf. »Ich war so kurz davor …« Er biss sich auf die Lippe. »… ein echter Mann zu werden.« Er drehte sich weg.

»Du hast Schnurr doch auch gern.«

Johann atmete tief aus und sah Grete an, wie er seine kleine Schwester häufiger anschaute. »Die von Callenbergs mögen es nicht, wenn man auf ihre Bäume klettert.«

»Das ist nur ein Ahorn, kein Apfelbaum. Und du sollst

ja keine Äpfel stehlen, sondern Schnurrs Leben retten«, antwortete Grete. »Außerdem sind die noch auf der Hochzeit.«

Johann sah sich um, als suche er Therese.

»Zudem habe ich dich vor einer großen Dummheit bewahrt«, sagte Grete trotzig.

Johann blickte starrsinnig zu ihr. »Was weißt du schon!«

Grete schaute ihn flehend an. »Bitte, mach es für mich.«

Johann blinzelte ihr zu und kratzte seine spitze Nase. »Aber nur, wenn du das nächste Mal wieder aufpasst und nicht davonläufst!«

Grete nickte. Sie hätte alles getan, um Schnurr zu retten, ohne selbst auf den Baum klettern zu müssen.

Johann ging barfuß um den Stamm herum und suchte einen Einstieg. Schließlich sprang er hoch zu einem dicken Ast und zog sich daran hinauf. Ein bräunlicher Ahornsamen fiel vom Baum und rotierte dabei mit seinen Flügeln wie ein Windmühlenrad. Johann stieg ein Stück den Stamm hinauf und blickte zu Grete hinunter. »Pass auf, dass niemand kommt.«

Grete nickte ihm zu und spürte ein warmes Kribbeln in ihrem Herzen.

Johann kletterte weiter nach oben und schien kurz im Geäst verschwunden zu sein, tauchte aber wieder auf, als er auf Schnurrs Höhe angelangt war. Er umklammerte einen Seitenast, der unter seiner Last etwas nachgab.

Grete stockte der Atem. »Pass bloß auf!«

Ihr Bruder hielt inne und klopfte mit einer Hand auf den Ast. »Der hält.« Zögerlich krabbelte er weiter und stoppte, als er sich wenige Zentimeter vor Schnurr befand. Der kleine Kater fauchte. Sachte streckte Johann seine Hand zu ihm hin.

Der verängstigte Kater fuhr seine scharfen Krallen aus und erwischte Johanns Finger.

Johann zog sie schnell zurück, der Ast wackelte. Schnurr hechtete tiefer in das Gestrüpp. Da knirschte der Seitenast, den Johann nach wie vor umklammerte, und durchbrach samt Johann die Blätter. Ihr Bruder drehte sich dabei nicht wie zuvor der Ahornsamen, sondern fiel hinab wie ein Stein.

Laut krachend landete er bäuchlings auf dem Boden.

Es ging alles so schnell. Grete sah, wie Schnurr vom Baum sprang und davonrannte, sie schrie auf und hastete zu ihrem Bruder.

Er lag flach und regungslos auf der Erde. Unter Johanns Gesicht wuchs eine rote Pfütze auf dem Grün des vermoosten Bodens.

»Johann, Johann. Du darfst nicht gehen!« Gretes Herz hämmerte wie der Hufschmied mit dem Hammer. Hilflos rieb sie Johanns Rücken, doch ihr Bruder blieb schlaff und völlig regungslos liegen. Sie nahm seinen Kopf, drehte ihn behutsam um und erschrak zutiefst. Sein Gesicht war rot verschmiert und mit Moos befleckt, die Augen und sein Mund geschlossen. Wo einst seine Nase keck hervorgelugt hatte, klaffte nun ein Loch, in das sich ein Ast gebohrt hatte.

»Was habe ich getan?«, flüsterte Grete. Die Tränen schossen aus ihr heraus. Sie nahm seine Hand und spürte erleichtert, dass er noch lebte.

Grete sah auf. Sie erblickte Therese von Callenberg, die angelaufen kam. Grete winkte ihr panisch zu.

Therese lief schneller, hielt ihren Hut fest. Atemlos kam die Baroness an, schaute auf Johann und presste erschrocken die Hände vor ihr Gesicht. »Wie ekelerregend!« Sie wandte sich mit einer Grimasse ab, hob ihren Rock und rannte davon.

»Du musst Hilfe holen!«, rief Grete ihr hinterher, aber sie ahnte, dass Therese von Callenberg der Bitte nicht nachkommen würde.

Also rannte sie selbst los und schwor sich, dass sie alles tun würde, um Johann zu retten. Damit sie und Johann genauso glücklich heiraten könnten wie ihre Eltern auf dem Hochzeitsfoto.

01

BERLIN 1901

Heute, das hatte Grete sich fest vorgenommen, wollte sie bei Oberschwester Bernadette nicht in Ungnade fallen.

Sorgfältig strich sie die Schürze ihrer Schwesterntracht glatt und richtete sich das Häubchen.

Für die strenge Oberschwester waren drei Dinge wichtig: perfekte Arbeitskleidung, Pünktlichkeit und Unterwürfigkeit.

Deshalb war Grete extra früher aus dem Viktoriahaus losgelaufen, einem fünfgeschossigen Backsteingebäude mit Ziertürmchen – und ihr Schwesternheim.

Ihr Dienstort, das Krankenhaus Friedrichshain, lag direkt gegenüber. Trotzdem schlang Grete die Arme um sich, denn die herbstlichen Temperaturen ließen sie unter dem Stoff ihrer Tracht frösteln.

Grete war gerade neunzehn Jahre geworden und in drei Wochen wartete ihr Abschluss als Viktoriaschwester.

Es war eine große Ehre, eine Viktoriaschwester zu sein, denn diese genossen die erste weltliche Ausbildung in Deutschland zur Krankenpflegerin. Und das Krankenhaus Friedrichshain war das modernste des Abendlandes.

Das Spital mit dem schlechtesten Ruf in Berlin hingegen war die Charité, die aufgrund der hohen Patientensterblichkeit zeitweise von den Krankenkassenverbänden für Behandlungen ausgeschlossen worden war.

Ganz anders das Krankenhaus Friedrichshain, das die Architekten Martin Gropius und Heino Schmieden nach neuesten Erkenntnissen entworfen hatten. Jede Abteilung war in einem eigenen, frei stehenden Pavillon untergebracht, um Übertragungen von Krankheitserregern von vornherein abzuwenden. Zudem verfügte jedes Gebäude über ein ausgeklügeltes Lüftungssystem, das verhinderte, dass die gefürchteten Miasmen, also Ausdünstungen des Bodens, die Patienten im Krankenhaus infizierten.

Vielleicht war es aber auch etwas anderes, womit sich die Leidenden ansteckten. Jedenfalls war erwiesen, dass man im Umfeld von Kranken schneller erkrankte.

Grete lief auf die Klinik zu. Die vergoldeten Jahreszahlen 1870 und 1874 auf dem backsteinernen Torbogen schimmerten im Licht der Herbstsonne.

Dank ihrer guten Leistungen war Grete der chirurgischen Abteilung von Dr. Friedrich Trendelenburg zugeteilt worden. Damit war sie ihrem Ziel ein Stück weit nähergekommen und würde endlich die Schuld am Unfall ihres Bruders Johann begleichen können.

Grete stand vor dem Eingang des Gebäudes der Chirurgie, als sie von hinten eine Stimme hörte.

»Greeete!«

Sie erkannte Sieglinde sofort. Die zierliche Küchenhilfe zerrte zwei schwere Säcke Kartoffeln hinter sich her und sah Grete hilfesuchend an.

Kurzentschlossen half Grete ihr, die beiden Säcke in die Hospitalküche zu schleppen.

Als Grete kurz darauf die Spuren der Kartoffelsäcke auf ihrer Schürze entdeckte, verriet ihr ein Blick auf die Standuhr, dass für deren Entfernung keine Zeit blieb. Wenn sie nicht zu spät zu ihrem Dienst kommen wollte, musste sie jetzt sofort los.

Und was war wohl schlimmer: Kartoffelstaub auf der Schürze oder Zuspätkommen?

Grete hastete davon und schlüpfte als Letzte zwischen die Schwestern, die parat für den Dienstbeginn nebeneinander in zwei Reihen standen.

Oberschwester Bernadette, eine hochgewachsene Frau mit strengem Dutt, schritt zwischen ihnen entlang.

Schnell bedeckte Grete die Flecken auf ihrer Schürze mit ihren Händen.

Die Dienstherrin warf Grete einen missbilligenden Blick zu. »Einmal Gosse, immer Gosse«, zischte sie.

Grete biss sich auf die Lippe, wollte entgegnen, dass ihre Eltern eine Apotheke geführt hatten. Doch die Unterwürfigkeit, welche die Oberschwester von ihr verlangte und die sie schönfärberisch Disziplin nannte, verbot es Grete zu reden, sofern sie nicht gefragt wurde.

Ebenso hatte sie lernen müssen, dass ihre Kenntnisse nur von Belang waren, wenn sie dazu aufgefordert wurde, diese kundzutun.

Anfangs war Oberschwester Bernadette von Grete begeistert gewesen, aber das Blatt hatte sich schnell gewendet. Grete vermutete, dass die Leiterin eine Gefahr in ihr sah, weil Grete manches besser wusste.

Das lag daran, dass Grete als Kind gern bei ihren Eltern in der Apotheke in der Provinz Brandenburg gewesen war. Sie hatte die vielen kleinen Fläschchen und Gläschen bestaunt und ihren Eltern bei der Arbeit über die Schultern geschaut. Sie hatte sich dabei trotz ihres jungen Alters allerlei Wissen über Kräuter, Wirkstoffe und das Zubereiten von Salben und Tinkturen angeeignet. Heute noch mochte sie den eigentümlichen Geruch von Apotheken und fühlte sich sofort in die ihrer Eltern versetzt, sobald sie eine betrat.

Doch die Apotheke war abgebrannt, samt Vater, Mutter, Onkel und Tante. Nur Johann und Grete hatten überlebt, weil sie zum Zeitpunkt des Feuers Kräuter im Wald gesammelt hatten.

Die von Callenbergs hatten das Grundstück für einen Appel und ein Ei gekauft und später eine neue Apotheke errichtet. Aufgrund der Bitten der Bevölkerung, wie sie nicht müde wurden zu betonen. Dass sie die Preise standesgemäß erhöht und sich eine goldene Nase verdient hatten, das verschwiegen sie jedoch gerne.

Das war jetzt über zehn Jahre her, aber es ließ Grete nicht los. Dass sie im Krankenhaus Friedrichshain heilen und pflegen sollte, aber nichts von ihrem Wissen anwenden durfte, ließ steten Groll in ihr wachsen.

Und so hatten sich die Vorfälle gehäuft, in denen sie nicht immer stoisch Bernadettes Befehle befolgt, sondern ihre Ansicht kundgetan hatte, wenn sie anderer Meinung war.

Jetzt stand die Oberschwester vor ihr und schüttelte den Kopf. Wie immer, wenn sie drauf und dran war, eine Strafe auszusprechen.

Grete schaute zu Boden und verbarg ihre zitternden Hände auf dem Rücken.

»Viktoriaschwester in Ausbildung Grete!«, bellte Oberschwester Bernadette.

Grete blickte auf und schaute die Oberschwester an, weil das von ihr verlangt wurde.

»Sie sind heute Viktoriaschwester Henriette zugeteilt!«, befahl Bernadette mit schneidendem Ton.

Grete war überrascht, ja erleichtert. Obwohl Henriette die stellvertretende Stationsschwester war, schien sie Grete wohlgesonnen.

War das eine versteckte Strafe? Eine, die Grete erst nicht erkennen sollte?

Sie nahm sich vor, wachsam zu sein, verbeugte sich vor Viktoriaschwester Henriette und lief mit ihr in den großen Bettensaal, angeführt von Oberschwester Bernadette.

Als sie zu dem Patienten traten, der ihnen zugeteilt war, musste Grete schlucken. Schamesröte zog sich über ihr Gesicht und sie hätte am liebsten wieder auf den Boden geblickt.

Das Gesicht des Patienten war über und über mit entzündeten Abszessen, Knoten und Bläschen übersäht. Grete kämpfte mit einem beklemmenden Gefühl, das sie gut kannte.

Das empfand sie auch, wenn sie ihren Bruder ansah und sie verachtete sich dafür.

Es war eine Mischung aus Mitleid und Scham.

Denn Grete meinte zu wissen, dass nur ein schöner Mensch glücklich sein konnte. War ihr doch mit ihrem zarten, traurigen Bruder Johann das Gegenbeispiel allgegenwärtig.

Grete glaubte zudem, dass Gott allein für die reichen Bürger dieses Landes da war. Den Reichen gab Gott schließlich alles – und den anderen nichts.

Deswegen war sie so stolz auf ihre weltliche Ausbildung als Krankenschwester im Viktoriahaus, wo sie inzwischen fast drei Jahre lang im Namen der Medizin und der Kronprinzessin Viktoria ausgebildet worden war.

Schwester Henriette räusperte sich und Grete nickte entschuldigend, dass sie in Gedanken woanders gewesen war. Sie sah, dass Oberschwester Bernadette bereits mit einem anderen Patienten vier Betten weiter hinten beschäftigt war. Sie atmete erleichtert aus und wechselte mit gekonnten Handgriffen den Verband des Kranken am rechten Unterarm. »Seit wann haben Sie Ihr Leiden?«, fragte sie flüsternd und deutete auf sein Gesicht.

Bevor der Mann antworten konnte, betrat eine Schar Ärzte den Saal und reihte sich vor dem Bett ihres Patienten auf. Grete und Schwester Henriette stellten sich ein Stück abseits, damit die Mediziner den Patienten besser begutachten konnten.

Inmitten der Ärzte stand ein großgewachsener Chirurg.

Grete sah ihn heute zum ersten Mal. Das musste der neue Doktor sein, dessen Ankunft ihre Mitschwestern bereits herbeigesehnt hatten.

Grete schob ihren Kopf nach vorn und linste auf den aufgestickten Namen auf seinem Kittel. Dr. Franz Lichte stand dort. Ihr Blick wanderte zu seinem jungenhaften Gesicht, das von einer großen Brille geziert wurde. Er sah gepflegt aus, aber sie verstand trotzdem nicht, warum die anderen Schwestern seine Ankunft so herbeigesehnt hatten.

Vielleicht lag das aber auch daran, dass sie sich derlei Gedanken verbot, solange Johann nicht ebenso leben und sich verlieben konnte.

»Der Patient …«, sagte Dr. Lichte und blickte auf eine Kladde Papier, die er in den Händen hielt. »Der Patient Krause kam nach einem Unfall mit schweren Quetschungen und Brüchen im rechten Unterarm zu uns.«

Sein Assistent deutete auf den Arm des Patienten. »Der Knochen war regelrecht zertrümmert.«

Dr. Lichte nickte. »Dank aufwendiger Operationen haben wir es geschafft, eine Amputation zu umgehen.«

Der Patient hielt seinen geschienten Arm in die Höhe und bewegte ihn leicht.

Die Ärzteschar warf Dr. Lichte anerkennende Blicke zu und applaudierte. Grete konnte ihre Bewunderung für diesen medizinischen Fortschritt ebenfalls nicht verbergen und klatschte mit.

Sofort erntete sie quer durch den Raum einen mahnenden Blick von Oberschwester Bernadette, die in Richtung der vollen Bettpfanne des Patienten nickte.

Grete duckte sich ergeben, nahm die Pfanne und schritt zur Tür.

Ein Student hob seine Hand. »Was hat es mit dem Exanthem auf sich?«

Grete, die mit der vollen Bettpfanne in der Tür stand, wurde hellhörig und stoppte. Oberschwester Bernadette scheuchte sie mit einer fliegenden Handbewegung aus dem Raum.

Grete beeilte sich, die Pfanne zu säubern, denn sie hätte zu gern gehört, was die Mediziner als Ursache für den Ausschlag vermuteten.

Als sie in den Krankensaal zurückkam, schnappte sie ein paar Wortfetzen auf, aus denen hervorging, dass die Weißkittel eine medikamentöse Unverträglichkeit annahmen.

Grete steckte die Bettpfanne wieder an deren Platz. Es kostete sie größte Überwindung, nichts zu sagen. Eine Schwester steht dem behandelnden Arzt lediglich als unterstützende Pflegerin zu Seite. Sie hält sich im Hintergrund und unterbricht niemals das Gespräch eines Obrigen, erinnerte Grete sich der Worte von Oberschwester Bernadette, die diese mindestens dreimal täglich wiederholte.

Als sich die Ärzte zum Gehen wandten und den Patienten seinem Schicksal überließen, hielt Grete es nicht mehr aus. Sie holte Luft, um etwas zu sagen, bemerkte aber den eindringlichen Blick von Henriette, der ihr Stillschweigen signalisierte.

Grete schaute zu Oberschwester Bernadette, die jetzt gar sechs Betten entfernt einen beleibten Patienten umbettete.

Die ist weit genug weg, dachte Grete und holte abermals tief Luft.

»Ich würde …«, sagte Grete mit gesenktem Blick. Trotzdem vernahm sie aus dem Augenwinkel, wie Henriette bedeutsam mit dem Kopf schüttelte.

»Fräuleins haben nichts zu wollen«, zischte ein großgewachsener, blonder Medizinstudent und hatte die Lacher auf seiner Seite. Nun wurde auch Oberschwester Bernadette aufmerksam. Schließlich wurde in diesem Saal nicht allzu oft gelacht.

Die Worte des Studenten trafen Grete, als hätte er sie direkt ins Gesicht geschlagen. Trotzig hob sie ihren Blick und ließ diesen über die Herren in den weißen Kitteln gleiten.

»Was würden Sie?« Dr. Lichte drehte sich zu ihr und lugte unter seiner Brille hervor. Seine Anhängerschaft folgte ihm auf dem Fuße.

Ohne mit der Wimper zu zucken, ließ Oberschwester Bernadette ihren Patienten los und kam ebenso auf sie zu. Schwester Henriette zog ihren Kopf ein.

Grete setzte zu einem versöhnlichen Kopfschütteln an, denn es wäre eindeutig die bessere Wahl gewesen, zu schweigen, aber ihre Zunge war wieder einmal schneller.

»Ich würde gern von Patient Krause wissen, in welcher Art von Betrieb er arbeitet?« Sie strich nervös die Schürze ihrer Schwesterntracht glatt und schaute Dr. Lichte direkt in die Augen.

»Schwesternschülerin Grete«, setzte die Oberschwester mit heiserem Ton an, bis der Doktor seine Hand auf die Schulter der Oberschwester legte und ihr mit einem Blick zu verstehen gab, dass sie ihre junge Pflegerin gewähren lassen sollte.

Bernadette war sichtlich angefasst.

»Weshalb meinen Sie, dass dies von solcher Wichtigkeit wäre, dass Sie dafür unseren Ablauf aufhalten?« Der Chirurg wandte sich nun direkt an Grete und musterte sie mit wachen Augen.

»Es könnte noch eine andere Ursache geben.« Grete ergriff die Hand von Herrn Krause. »Wo arbeiten Sie?«

»Ich arbeite in der Fabrik für Anilinfabrikation in Rummelsburg.« Herr Krause stierte verunsichert in die Runde. »Wir produzieren Produkte für die Fotografie«, schob er hinterher, als er all die fragenden Gesichter auf sich gerichtet sah.

»Arbeiten Sie dort auch mit chlorhaltigen Substanzen?« Grete versuchte, die stechenden Blicke der Anwesenden auszublenden.

Der Mann mit dem pockigen Antlitz rang sich ein gequältes Nicken ab.

Nun gab es für Grete kein Zurück. Selbst die Tatsache, dass dies der letzte Satz sein könnte, den sie in diesen Mauern sagte, konnte sie nicht aufhalten. Schließlich hatte sie sich als angehende Viktoriaschwester dem Wohle der Menschen verschrieben. Das stand sogar auf den Lampenschirmen der Abteilung. Den Menschen ein Wohlgefallen.

Die Anhängerschaft des neuen Chirurgen tuschelte und räusperte sich. Grete vernahm Sätze wie, was die sich erlaube und warum Dr. Lichte nicht längst eingreife. Nur der wachsame und keineswegs unfreundliche Blick des Arztes ließ sie fortfahren.

»Ich vermute, der Patient leidet an Chlorarylakne«, hörte sich Grete sagen.

Schlagartig wurde es still im Raum. Jetzt oder nie, dachte Grete. Sie schloss ihre Augen, straffte die Schultern und drückte die Hand von Herrn Krause. »Ich würde dem Patienten eine entzündungshemmende Salbe verabreichen. Zudem sollten wir zur Linderung der Schmerzen und Vorbeugung der Narbenbildung die Hautstellen kühlen.«

»Wir befinden uns in einer chirurgischen Abteilung«, ergriff einer der Medizinstudenten das Wort.

Grete sah, wie sich Pflegerin Henriette noch ein Stück tiefer duckte und Oberschwester Bernadette geräuschvoll ausatmete. Ihre Augen schossen Blitze auf Grete ab.

Nachdem der neue Arzt seiner Gefolgschaft ein paar Sekunden des Tuschelns zugestanden hatte, ergriff er wieder das Wort. »Verraten Sie uns auch, woher Sie meinen, die Berechtigung und das Wissen für derlei Diagnosen zu haben?« Er trat einen Schritt auf Grete zu.

Herr Krause zog die Decke seines Bettes näher zum Kinn, als könne er dem drohenden Donnerwetter neben ihm dadurch entfliehen.

»Meine Eltern waren Apotheker und ich lese viel in der Fachpresse«, erklärte Grete mit immer leiser werdender Stimme.

»Ihr Einsatz in allen Ehren, aber wir befinden uns nicht in einer Apotheke, sondern in einem Krankenhaus«, sagte Dr. Lichte und eilte kopfschüttelnd mit den anderen Ärzten aus dem Saal.

Grete schaute ihm einen Moment lang nach. So sehr sie eben das Gefühl hatte, dass der Doktor sie zumindest ernst genommen hatte, so unsicher war sie nun, was seine letzte Aussage für sie bedeuten konnte.

Unwirsch wurde sie von Oberschwester Bernadette aus ihren Gedanken gerissen. »Ich werde mit der Klinikleitung sprechen, wie wir nach diesem Vorfall mit Ihnen verfahren.« Die Oberschwester starrte Grete feindselig an. »Bis dahin helfen Sie zusätzlich in der Nachtschicht aus und ich will kein einziges Wort mehr von Ihnen hören. Haben wir uns verstanden?«

02

Am nächsten Nachmittag stand Grete mit gesenktem Kopf neben den Schwesternschülerinnen und wartete auf die öffentliche Rüge, die Oberschwester Bernadette zu Dienstbeginn gern zu verteilen pflegte.

Grete hatte nach der Nachtschicht kaum ein Auge zugetan und sich Vorwürfe für ihr loses Mundwerk gemacht. So sehr sie versuchte, sich in solchen Momenten aus der Situation auszublenden und ruhig zu bleiben, es gelang ihr nicht. Sie hatte hin und her überlegt, was sie Oberschwester Bernadette sagen konnte, vermutete allerdings, dass jedes weitere Wort es lediglich verschlimmerte.

Außerdem hatte ihr die leitende Schwester ausdrücklich das Sprechen verboten. Wenigstens dieses Mal wollte es Grete schaffen, der Anweisung ihrer Vorgesetzten zu folgen.

Die Oberschwester blieb musternd vor ihr stehen. »Schwester Grete, Sie kommen mit mir zu Patient Krause.«

Grete sah erstaunt zu ihrer Vorgesetzten auf, die keine Miene verzog. Das konnte nur bedeuten, dass das Gespräch der Oberschwester mit der Klinikleitung nicht in ihrem Sinne verlaufen war. Dass sie eine Anweisung erhalten hatte, die sie nun befolgte. Denn Oberschwester Bernadette leistete jedem Befehl Folge.

Kaum, dass Grete in dem großen Bettensaal an das Bett von Herrn Krause getreten war, kamen Dr. Lichte, seine Studentengefolgschaft sowie ein Weißkittel, den Grete nicht kannte.

Grete wusste nicht recht, was von ihr erwartet wurde. Also führte sie ihre Arbeit fort und schüttelte das Bett des Patienten auf.

Dr. Lichte stoppte Grete in ihrer Bewegung und bedeutete ihr einen Moment damit zu warten. Grete schaute hilfesuchend zu Oberschwester Bernadette, die ihrem Blick auswich.

Grete straffte ihre Schultern. Wollte Bernadette oder dieser Dr. Lichte sie vor versammelter Ärzteschaft rügen?

»Darf ich vorstellen, Dr. Hinrich Eberkus, seines Zeichens Dermatologe unseres Hauses. Ich habe beschlossen, ihn hinzuzuziehen«, erklärte Dr. Lichte der Runde.

Dr. Eberkus neigte sich in alle Richtungen und nickte den Medizinstudenten zu. Die jungen Mediziner musterten ihn. Gespannt reckte auch Grete ihren Kopf und ihre Augen blitzten, wie sie es oft taten, wenn sie angespannt war.

Grete trat einen Schritt beiseite, sodass Dr. Eberkus näher an den Patienten herantreten konnte. Ein strenger Geruch nach Moschus wehte in ihre Nase und sie hatte Mühe zu atmen.

»Sie arbeiten in einer Farbenfabrik?«, fragte Dr. Eberkus den pockigen Patienten.

Herr Krause nickte und sah aus wie ein Eichhörnchen auf der Flucht. Grete wusste von ihrem Bruder Johann, wie schrecklich es war, wenn alle einen anstarrten.

Der Dermatologe betrachtete den Ausschlag des Patienten unter einem Vergrößerungsglas, drehte seinen Kopf dafür gemächlich von rechts nach links und wieder zurück. »Ich denke, wir haben es mit einer chlorbasierten Kohlenwasserstoff-Vergiftung zu tun. Einer sogenannten Chlorarylakne.«

Kaum dass der Dermatologe die Diagnose gestellt hatte, richteten sich alle Augenpaare auf Grete, die nach wie vor wie erstarrt hinter den beiden Medizinern stand.

Ich habe mich nicht getäuscht, dachte Grete und unterdrückte ein triumphierendes Lächeln.

Der blonde Medizinstudent, der das letzte Mal durch seine Bemerkung Oberschwester Bernadette auf sie aufmerksam gemacht hatte, hob seine Augenbraue.

Gretes Hochgefühl verflog jäh, denn dem hitzigen Getuschel der Männer entnahm sie, dass ihr Wissen kein Grund zur Freude war. Eine Frau hatte derartige Kenntnisse nicht. Selbst nicht als Schwesternschülerin.

Grete verfolgte den Rest der Visite mit vor ihrer Schürze gefalteten Händen und gesenktem Blick.

Der Hautarzt unterwies die Anwesenden, dass der Giftstoff durch direkten Hautkontakt in den menschlichen Organismus gelange oder auf oralem Wege wie beispielsweise durch Inhalation giftiger Dämpfe. Deshalb träten die Hautreaktionen vor allen im Gesicht der Betroffenen auf. Anschließend ordnete er die Gabe entzündungshemmender Arzneimittel an.

»Das aufgetragene Medikament verbindet sich mit dem Wundsekret und bildet Schorf. Dieser löst sich nach acht bis zehn Tagen, eine vollständige Heilung tritt erst nach sehr langer Zeit ein«, erklärte er.

Der blonde Student mit den agilen Augenbrauen hob seinen Finger.

Der Dermatologe nickte ihm wohlwollend zu. »Nur zu, fragen Sie.«

»Gehe ich recht in der Annahme, dass es nur in den seltensten Fällen zu einer vollständigen Heilung kommt? Immerhin werden Giftstoffe im Fettgewebe extrem langsam abgebaut«, tat sich der Großgewachsene hervor.

»Ganz richtig, Herr Student. Wollen Sie nicht in meine Abteilung wechseln?« Der Dermatologe lachte schallend. Während alle anderen in sein Lachen einstimmten, lag Herr Krause mit erschrocken aufgerissenen Augen da.

Grete nahm seine Hand, drückte sie und nickte ihm zu. Sie hätte dem armen Mann gern etwas Tröstendes gesagt, aber sie würde heute nicht reden.

Nachdem das Gelächter verebbt war, fingerte der Hautarzt einen Zettel aus seiner Kitteltasche und begann etwas darauf zu kritzeln. Damit wandte er sich an Oberschwester Bernadette. »Lassen Sie Ihre Pflegeschülerin die entsprechenden Medikamente aus der Apotheke holen.« Grete würdigte er keines Blickes.

Schwester Bernadette nickte demütig.

»Zudem öffnen und entleeren Sie die Zysten. Achten Sie dabei auf Asepsis«, ordnete der Hautarzt weiterhin an.

Ein angewidertes Raunen durchzuckte die Studierenden der Medizin.

Gretes Blick wanderte über die Anwesenden und blieb an ihrer Vorgesetzten hängen. Ihr sonst stets versteinertes Gesicht zeigte eine Regung. Sie ekelte sich.

Dr. Eberkus verließ erhobenen Hauptes den Raum und Dr. Lichte nickte Grete kaum sichtbar zu. »Und kühlen Sie die Hautpartien, damit der Patient ein wenig Linderung erfährt.«

Grete sah dem Chirurgen dankbar nach.

Gerade als sie sich wieder dem Bett des Kranken widmen wollte, trat Oberschwester Bernadette neben sie.

»Sie werden dem Patienten die Zysten öffnen. Erst danach besorgen Sie seine Medikamente.« Bernadette reichte ihr den Zettel und machte auf dem Absatz kehrt.

Grete wusste genau, warum ihre Vorgesetzte ihr diese Aufgabe übertragen hatte, obwohl Grete als Schwesternschülerin gar nicht dazu bevollmächtigt war. Der Ekel in Oberschwester Bernadettes Blick hatte sie verraten.