1. Lola
„Heilige Scheiße, du hast die geilsten Ohren, die ich jemals gesehen habe!“
Warmer Atem streift meinen Hals und seine Zungenspitze spielt mit meinem Ohrläppchen. So kann er wenigstens nicht sehen, wie sehr ich mit mir kämpfe, um nicht laut loszuprusten.
„Glückwunsch. Du hast gerade Dein Po erinnert mich an meine Mutter vom Thron gestoßen. Damit landest du offiziell auf Platz 1 der seltsamsten Komplimente, die ich bekommen habe. Aber trotzdem danke, freut mich, wenn sie dir gefallen.“
Er stößt ein tiefes Lachen aus und leckt an der Rückseite meines Ohres entlang. Nun, da ich mir sicher bin, dass er meinen Humor versteht, kann ich mich ganz seiner Zärtlichkeit hingeben. Mit geschickten Griffen öffne ich die Knöpfe seines weißen Hemdes. Er schiebt meine dunkle Mähne beiseite und macht an meinem Hals weiter. Sofort stellen sich die Härchen in meinem Nacken auf. Ich schließe genüsslich die Augen und lasse das leise Stöhnen zu, das meinen Lippen entweichen will.
„O ja, zeig mir, wie heiß es dich macht.“
Nichts leichter als das. Ich weiß genau, was zu tun ist.
Blitzschnell schiebe ich meine Hand zwischen seine Beine und umfasse mit festem Griff die Wölbung unter der Anzughose. Dabei raune ich ihm einen weiteren Lustlaut ins Ohr und schiebe meine Hüfte nach vorne.
Er reagiert genau wie geplant und drängt sich keuchend gegen mich. Ich muss schmunzeln. Das klappt eben bei jedem. Er streift sich das Hemd von den Schultern und lässt sich nach hinten in die Laken fallen. Ich klettere von seinem Schoß, halte seine Härte aber weiterhin durch den Stoff fest umschlossen.
„Weißt du, was mich noch viel heißer machen würde?“ Ich lege den Kopf schief und sehe ihm tief in die Augen. Normalerweise hebe ich mir diesen Blick länger auf, doch sein angestrengtes Hecheln verrät mir, dass ich ihn heute nicht brauchen werde, um die Sache zum Ende zu bringen. Das wird kein langes Vergnügen.
Er streicht sich durch die grau melierten Haare und schüttelt den Kopf. „Verrat es mir. Ich geb dir alles, was du willst.“
„Es würde schon reichen, wenn du dieses blöde Ding hier loswirst.“ Ich zupfe an seiner Hose.
Er macht sich sofort am Gürtel zu schaffen.
„Und dann will ich ihn spüren. Tief in mir. Während du an meinem Ohrläppchen knabberst. Mmmmh, und langsam meine Ohrmuschel entlangleckst …“
Seine Augen weiten sich. Das lässt er sich nicht zweimal sagen. Ungeschickt quält er sich aus seiner Hose und seinen Shorts. Zeit für meinen Lieblingsmoment.
Ich ziehe mir das Kleid über den Kopf und werfe es neben das Bett. Sein Blick gleitet über meine Kurven. Mit jeder Sekunde kann ich seine Erregung wachsen sehen. Ich gefalle ihm, eindeutig.
„Wow. Du …“ Weiter kommt er nicht, denn ich beuge mich über ihn und recke ihm meine Brüste ins Gesicht. Sofort umschließt er sie mit seinen Händen und beginnt, gierig daran zu saugen. Ein wohliges Ziehen fährt durch meinen Körper.
„Mach weiter“, bitte ich ihn und greife zum Nachttisch, um das Kondom aus seiner Verpackung zu befreien. Als ich es ihm überstreife, kneift er die Lippen zusammen und sieht mit einem unmissverständlichen Flehen im Blick zu mir hinauf. Das Ziehen setzt sich zwischen meinen Beinen fest. Er will mich so sehr.
Kaum merklich schüttle ich den Kopf. Nein, so einfach mache ich es dir nicht.
Seine Brust hebt und senkt sich wie nach einem Marathonlauf. Trotzdem lasse ich mir alle Zeit der Welt. Langsam nähere ich mich. Er saugt Luft durch die Zähne ein, als meine Brüste sich gegen seinen Oberkörper drücken. Wie in Zeitlupe streiche ich eine Strähne hinter mein Ohr und recke es ihm entgegen.
Das ist zu viel für ihn. Er umschließt es mit seinen Lippen und ein animalisches Grollen entweicht seiner Kehle. Auf der Suche nach Halt streicht er hektisch über meinen Körper und drängt sich gegen mich. Gut so. Mein Puls beschleunigt sich. Ich kann mich kaum an seiner Lust sattsehen, aber ich habe ihn lange genug gequält.
Ich öffne meine Beine und lasse ihn gewähren. Er schreit auf. Direkt in mein Ohr. Ich zucke zusammen und stoße ihn zurück auf die Matratze. Dabei bewege ich meine Hüften nur ganz sanft auf und ab, doch es reicht, um seine Wangen rot anlaufen zu lassen.
„O Gott, o Gott, o Gott!“, wimmert er und streckt beide Hände nach meinen Ohren aus. Ich muss mir erneut ein Grinsen verkneifen. Wie können diese Dinger jemanden so sehr anmachen?
Plötzlich ziehen sich seine Gesichtsmuskeln zusammen und seine Mundwinkel zucken unkontrolliert. Wirklich, so schnell?
Ich gebe noch mal ordentlich Gas. Doch schon der zweite Stoßbringt ihn an seine Grenzen. Er krallt sich an meinen Ohren fest. Dann entlädt sich seine Lust mit einem kräftigen Zittern, das seinen ganzen Körper erfasst. Zum Glück habe ich meine Ohren in Sicherheitsabstand gebracht. Diesen Schrei hätte mein Trommelfell aus der Nähe wohl nicht ausgehalten.
Nach einigen endlos langen Atemzügen entspannt sich sein Körper wieder. Er schlägt die Augen auf und ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Endlich lässt er meine Ohren los und streicht mir zärtlich durchs Haar.
„Danke. Du bist unglaublich. Wirklich.“ Er zieht mich noch mal zu sich hinunter und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Nun bin ich es, der ein wohliger Schauer über den Rücken läuft. Ich korrigiere mich in Gedanken. DAS ist mein Lieblingsmoment. Doch ich finde schnell mein professionelles Lächeln wieder und krabble aus dem Bett.
„Ich habe zu danken. Mich hat schon lange kein Mann mehr so heiß gemacht. Du weißt, wie man mit Frauen umgeht.“ Wie immer kommt mir die Lüge so locker über die Lippen, dass er keinen Grund hätte, an meiner Aussage zu zweifeln.
Er setzt sich ans Bettende, sammelt sein Hemd vom Boden auf und zieht es wieder an. „Darf ich dich noch was fragen?“
Ich ziehe mir ebenfalls wieder mein Kleid über den Kopf und durchkämme meine Haare mit den Fingern.
„Solange du nicht meine Bankdaten oder meine Adresse willst … schieß los.“
„Das mit den Ohren … das habe ich mir hoffentlich nicht eingebildet, aber … das hat dich auch richtig angemacht, oder?“
Am liebsten würde ich mir die flache Hand vors Gesicht schlagen. Ich mag eine überzeugende Schauspielerin sein, aber wenn er seinen Denkapparat benutzen würde, könnte er sich die Frage eigentlich selbst beantworten. Er weiß, warum ich hier bin. Es ist meine Aufgabe, Männerträume wahr werden zu lassen. Trotzdem schmeichelt es mir, dass er mir selbst diesen Teil abgekauft hat.
„Und wie. Es hat mich total überwältigt. Ich wusste bisher gar nichts von dieser Vorliebe. Deswegen habe eigentlich ich zu danken“, säusle ich und schenke ihm ein zuckersüßes Lächeln.
Er schlüpft in seine Hose und kommt zu mir hinüber. „Dann können wir das bald wiederholen?“
„Ich bitte darum. Du weißt, wie du mich erreichst.“ Ich zwinkere ihm zu und lasse mich ein letztes Mal in seine Arme ziehen.
Im Flur werfe ich noch einen prüfenden Blick in den Spiegel. Mein Make-up sitzt noch, meine Haare sind nicht durchgewuschelt und mein blaues Kleid trage ich richtig herum. Nichts deutet darauf hin, was hier gerade passiert ist. Zufrieden schlüpfe ich in meine Heels. Er lehnt im Türrahmen und beobachtet jeden meiner Handgriffe. Ich genieße seine Aufmerksamkeit und stelle abermals fest, dass er ziemlich gut aussieht. Vor allem in diesem teuren Anzug, der sein Image als erfolgreicher Banker perfekt unterstreicht.
Ich schnappe mir meine Handtasche und ziehe den Reißverschluss auf. Das Kuvert ist noch an seinem Platz. Durch das dünne Papier kann ich das Grün der Scheine leuchten sehen. Ich atme auf. Alles ist gut.
„Melde dich. Bald“, hauche ich ihm zum Abschied ins Ohr und fahre mit den Lippen über seinen Hals. Sofort bildet sich dort feine Gänsehaut. Klappt immer.
„Gott, ja, darauf kannst du dich verlassen.“
Ich lasse mir Zeit, den richtigen Schlüssel zu finden und ihn im Schloss herumzudrehen. Schließlich hat Miss Flauschig eine faire Chance verdient, unser Spiel zu gewinnen. Schon durch den Türspalt kann ich erkennen, dass ich ihr zu viel Vorsprung gegeben habe. Sie steht mit aufgerichtetem Schwanz auf der Couch und begrüßt mich mit einem Maunzen.
„Gib’s zu, du schummelst. Liegst den ganzen Tag da rum und wenn ich heimkomme, tust du so, als wärst du schneller gewesen.“
Zur Antwort erhalte ich ein weiteres Miauen. Ich ziehe die Tür hinter mir zu, kicke meine Schuhe in die Ecke und stürme zu ihr aufs Sofa. Natürlich nicht, ohne ihr ein Leckerli aus der Dose auf dem gläsernen Couchtisch zu besorgen. Sie klaut es mir aus den Fingern und verschlingt es mit nur einem Bissen.
Dafür hebe ich sie hoch, drücke sie sanft an mich und vergrabe das Gesicht in ihrem weichen Fell. Sie strampelt um ihr Leben, aber das ignoriere ich. Ein paar Sekunden Liebe haben noch niemanden umgebracht. Sie windet sich trotzdem viel zu schnell aus meinem Griff und verschwindet beleidigt hinter ihrem Kratzbaum.
„Jaja, schmoll du nur, Prinzessin. Wenn es Abendessen gibt, hast du mir sowieso wieder alles verziehen.“
Am liebsten würde ich mich jetzt quer auf die Couch legen und nichts tun, doch ich weiß, dass ich mich nicht entspannen kann, bevor ich alles erledigt habe.
Auf dem Weg in die Küche sammle ich meine Handtasche vom Boden auf und ziehe das Kuvert hervor. Dann öffne ich einen der Hochglanzschränke und stelle einige Lebensmitteldosen und Nudelpackungen auf die Arbeitsplatte. Bis ich endlich an den grünen Müslikarton komme. Ich falte die Laschen auseinander. Mein Geheimvorrat kommt zum Vorschein und ich ziehe die Scheine aus dem Umschlag, um sie zu den anderen zu legen. Zweihundert, Vierhundert, fünfhundert, fünfhundertfünfzig. Passt genau. Ich lege einen grünen Schein beiseite und stopfe die anderen mit in die Müsliverpackung. Wenn ich ihn nicht gleich auf die Garderobe lege, vergesse ich nur, ihn nächstes Mal mit in die Agentur zu nehmen. Dann verstaue ich alles wieder und schlurfe ins Badezimmer.
Nach zwei Minuten bin ich abgeschminkt und trete endlich unter die Dusche. Ich kann es kaum erwarten, den fremden Geruch von meiner Haut zu spülen. Vorsichtig drehe ich den Hahn auf und lasse das dampfende Nass aus der Regendusche auf meinen Körper prasseln. Sofort lockern sich die angespannten Muskeln in meinen Schultern. Es geht eben nichts über eine heiße Dusche.
Ich seife meine Hüften gründlich mit dem fruchtig duftenden Duschgel ein. Das Wasser unter meinen Füßen färbt sich hellbraun. Ich seufze und schließe die Augen. Nicht nach unten schauen. Heute nicht mehr. Ich kenne den Anblick meines Körpers ohne das wischfeste Make-up gut genug. Die zartrosa Dehnungsstreifen, die sich mahnend über meine Haut ziehen und mich an Zeiten erinnern, die ich am liebsten aus meinem Gedächtnis verbannen würde. Ich muss sie nicht sehen, um ihre Last zu spüren. Endlich rinnt das Wasser wieder ungetrübt in den Abfluss und ich drehe es ab.
Das Rauschen der Dusche klingt in meinen Ohren nach. Leider nicht lange genug. Schnell umfasst mich die bedrückende Stille, während ich mich abtrockne. Wenigstens ist der Spiegel beschlagen, sodass ich mich nicht selbst dabei beobachten muss. Trotzdem legt sich nach und nach eine Schlinge um meinen Brustkorb, die sich mit jeder Sekunde enger zieht.
Ich werfe das Handtuch unachtsam in eine Ecke und greife nach meiner Hose. Das eingenähte Schild ragt mir entgegen und mich überkommt der Impuls, sie wieder wegzulegen und eine andere Größe aus dem Schrank zu holen, die über mein ausladendes Hinterteil passt. Werde ich mich jemals daran gewöhnen? Schon vor Jahren ist aus der vier der 48 eine drei geworden. Ich habe die überflüssigen Pfunde abgeworfen wie einen Panzer – doch was ich mir davon erhofft habe, ist nie eingetreten. In meinem Kopf taucht immer noch eine dreistellige Zahl auf, wenn ich auf die Waage steige. Ich spüre Speckrollen, die nicht mehr da sind. Und obwohl die Stille jeden Winkel des Badezimmers erfüllt, kommt sie nicht gegen die leisen Stimmen in meinem Hinterkopf an, die mir zurufen, dass ich nie schön sein werde.
Eilig schlüpfe ich in meine Klamotten und reiße die Badezimmertür auf. Kühle Luft schlägt mir entgegen. Ich lasse sie tief in meine Lunge strömen, doch es hilft lediglich dabei, die Schlinge ein wenig zu lockern.
Erst als ich die Anlage einschalte und mein Handy verbinde, kann ich aufatmen. Die sanften Pianoklänge des Satie-Stücks füllen den Raum und verdrängen die gespenstische Stille. Seufzend lasse ich mich auf die Couch sinken.
Ich werfe einen Blick auf den Kratzbaum, aber Miss Flauschig reckt mir ihr Hinterteil entgegen und scheint nicht an einer Kuschelrunde interessiert zu sein. Also wickle ich mir meine Lieblingsdecke um den Körper und sinke in die Kissen.
Eigentlich wäre das der Zeitpunkt, um zu entspannen und alle Gedanken loszulassen. Ich konzentriere mich auf die Melodie, das Zusammenspiel der harmonischen Töne, die Ruhe, die das Stück mir zu vermitteln versucht. Doch es gelingt mir nicht. Immer wieder drängt sich mein Unwohlsein in den Vordergrund. Dabei kann ich nicht einmal festmachen, woran genau es liegt. Was ist heute nur wieder los? Es ist doch alles wie immer. Kein Grund für schlechte Laune. Und erst recht nicht für diese drückende …
Ich schrecke auf. Eine mir nur allzu bekannte Melodie übertönt das Piano. Mein Handy tanzt in ihrem Takt auf dem Tisch.
Es ist Dominik. Eigentlich habe ich keine Lust, mit ihm zu reden. Aber meine Neugier ist stärker.
Ich stoppe die Musik und nehme den Anruf an.
„Ich hoffe, du hast einen guten Grund, meinen Feierabend zu stören“, begrüße ich ihn.
Er lacht. „Dir auch einen guten Abend. Ja, ich bin noch am Arbeiten und habe nicht so früh Feierabend wie du, danke der Nachfrage.“
Ich rolle mit den Augen, allerdings zucken auch meine Mundwinkel nach oben. Zum Glück kann er das nicht sehen.
„Und du rufst an, um mir das mitzuteilen? Ich habe kein Mitleid, sorry. Immerhin bin ich diejenige, die dein Geld verdient.“
„Ach, Lola.“ Er lacht abermals. „Ich habe einen besonderen Auftrag für dich.“
Ich runzle die Stirn. „So besonders wie der Letzte? Nein, das brauchst du gar nicht noch mal zu versuchen. Ich werde keinen erwachsenen Mann wickeln. Auf keinen Fall.“
„Das hab ich kapiert. Es ist nicht der Windel-Typ, versprochen. Es wird dir gefallen.“
„Seit wann ist dir wichtig, dass ich Spaß an meinem Job habe?“, necke ich ihn.
„Nicht ablenken, Süße. Kann ich auf dich zählen? Samstag Abend, drei Stunden?“
Ich zögere. Domis Spezialaufträge. Gleichermaßen geliebt und gefürchtet. Eigentlich bin ich im Moment genug ausgelastet. Ich schnappe mir meinen Planer von der Ablage unter dem Tisch und blättere zum richtigen Datum. Der Samstag ist tatsächlich der einzige Tag, an dem ich noch nicht mindestens 2 Buchungen habe. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich zusagen oder das Vergnügen lieber einem anderen Mädchen überlassen soll.
„Geht das auch noch etwas genauer?“
„Klar. Komm morgen mal vorbei, dann können wir drüber quatschen.“
„Hm“, antworte ich nur. Er klingt so enthusiastisch. Vielleicht hat er wirklich etwas Tolles für mich. Aber das kann auch täuschen. Warum will er es denn nicht am Telefon besprechen? Ich bin nach wie vor skeptisch, doch ich weiß auch, dass die Neugier mich zerfressen würde, wenn ich es mir nicht wenigstens anhören würde.
„In Ordnung. Ich komme vorbei. Aber das ist noch kein Ja!“ „Das reicht mir schon. Wenn ich dir die Konditionen verrate, krieg ich dich sowieso.“
Ich kann das Schmunzeln in seiner Stimme hören. „Das werden wir noch sehen. Bis morgen, Big Boss.“
Ich warte seine Antwort nicht ab, sondern lege sofort auf.
Dann drücke ich erneut auf Play und lausche den Melodien, bis meine Gedanken davonfliegen.