Leseprobe Bittersüßer Mord

Kapitel 1

„Und das funktioniert tatsächlich?“ Ich runzele die Stirn.

„Ihr backt ein Auslöseband in den Kuchen.“ Philipps Augen leuchten, und ich frage mich nicht zum ersten Mal, was diese Verbindung noch hervorbringt.

Wie um das zu unterstreichen, streift mein Blick Terrys Bauch. Hat der an Umfang zugenommen? Würde sie mir das nicht sagen? Bestimmt würde Terry sich nicht von Philipp schwängern lassen, aber, wie gesagt, die gesamte Beziehung der beiden war etwas, das ich bis vor Kurzem für unmöglich gehalten hätte.

Auch ihr Umgehen miteinander hätte ich niemals so erwartet. Anfangs vermieden sie Körperkontakt und begegneten einander eher kumpelartig, zumindest in meiner Gegenwart. Was in mir die Gewissheit heranreifen ließ, dass Terry nicht der Typ war für Süßholzraspelei, falsch gedacht.

„Du hast so geile Ideen“, schwärmt Terry und drückt Philipp einen Kuss auf den Mund.

Der errötet zart und entgegnet: „Du hast die geilen Ideen, ich verfeinere die allenfalls.“

„Bist du süß.“

Ich verziehe den Mund, als würde ich einen sauren Drops lutschen, und irgendwie stimmt das auch. Die in Liebe entbrannten Terry und Philipp sind nur schwer zu ertragen, und das heißt nicht, dass ich ihnen ihre Liebschaft nicht gönne. Ganz im Gegenteil. Doch ich sehne mich nach Unterhaltungen zu zweit und ohne dass der Name Philipp oder eine Koseform in jedem dritten Satz fällt. Bin ich zu hart?

„Sorry, Linny“, gibt sich Terry kleinlaut und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. „Wir sind schon anstrengend, oder?“

„Joa“, mache ich, da ich einerseits nicht lügen, andererseits weder meine Freundin noch meinen Ex-Freund, wenn man ihn so bezeichnen kann, vor den Kopf stoßen möchte. „Aber wo kommt das Konfetti hin und der Auslöser, und wie verhindern wir, dass ein unachtsamer Kunde eines oder beides verspeist?“, versuche ich das Gespräch wieder auf das Thema unseres Treffens zu lenken. Das ist nämlich eine neue Kreation Terrys und, wie ich soeben erfuhr, Philipps: Ein Konfettikuchen.

Der Clou an der Sache ist oder soll sein, dass er beim Anschneiden Konfetti versprüht. Für mich eindeutig zu viel Schnickschnack, aber die Begeisterung, mit der Terry und Philipp ihre Kreation präsentieren, hat etwas Rührendes.

„Wir nutzen eine Springform“, sagt Terry. „Damit bleibt in der Mitte eine Öffnung frei, in der die Konfettipatrone Platz hat.“

„Aha“, mache ich. Kanone ist ein Wort, das meines Erachtens bei einem Kuchen nichts zu suchen hat.

„Der Auslösekontakt steckt in einer Papierschablone, die dem Kuchen nach dem Backen aufgelegt wird, und wenn dann jemand den Kuchen anschneiden möchte.“ Philipp macht eine Pause. „Kabumm!“, ruft er dann, und Terry bricht in gackerndes Gelächter aus.

„Und für wen soll dieser Kuchen sein? Al-Kaida?“, frage ich und bin mir durchaus des schnippischen Untertons bewusst. Wenn die beiden schon ununterbrochen zusammenhocken, kann dann nicht etwas Vernünftiges dabei herauskommen?

„Überleg dir mal, wie ein solcher Kuchen bei den Leuten ankommen würde.“ Philipp deutet auf seine Skizze, die einen Kuchen zeigt, aus dessen Mitte Konfetti katapultiert wird.

„Ich überlege, was unseren Gästen passieren kann bei derartigen Backexperimenten.“ Ich stehe auf. Diese Besprechung ist für mich beendet.

„Komm schon, Linny.“ Terry hält mich am Arm fest.

„Terry, wir hatten genügend Erlebnisse mit außer Kontrolle geratenen Backwerken. Ich bin für geschmackliche oder Formvariationen offen, aber für nichts, was unsere Gäste unter Drogen setzt oder in ihrem Mund explodiert.“

„Jetzt übertreibst du aber.“ Philipp verschränkt die Arme vor der Brust.

„Philipp, sei mir nicht böse, aber es ist Terrys und mein Café, und Entscheidungen treffen wir gemeinsam und einstimmig. Danke für deine Mühe, aber ich möchte, dass du dich in Zukunft aus Angelegenheiten, die unser Geschäft betreffen, heraushältst.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, verlasse ich die Küche und gehe auf mein Zimmer.

Eigentlich ist alles gut. Was das Café anbelangt zumindest. Wir scheinen es endlich geschafft zu haben, erwirtschaften zwar keine Reichtümer, aber einen Verdienst, mit dem wir zufrieden sind. Der Montag ist jetzt ein fester Ruhetag, und Terry hat das Ausfahren von Medikamenten eingestellt. Nur ab und zu hilft sie aus, wenn Mrs Norch sie bekniet, da wirklich Not am Mann ist.

Eigentlich bedeutet, dass geschäftlich alles gut ist, nicht aber, was mein Liebesleben anbelangt. Damit könnte ich leben, hätte ich nicht die dauerturtelnden Terry und Philipp vor der Nase. Auch, wenn es nicht ihre Absicht ist, führen sie mir vor Augen, dass ich immer noch Single bin. Schlimmer. Unglücklich verliebt. Als wäre das nicht genug, kann ich mit Terry nicht mal darüber reden. Zwar würde sie mir zuhören und Rat geben, aber seit Philipp in ihrem Leben ist, habe ich den Eindruck, dass das nur noch mit einem Ohr geschieht. Außerdem ist mir der Gedanke, dass etwas von meinen Bekenntnissen zu Philipp durchsickert, unerträglich. Auch hier weiß ich, dass Terry niemals mit Absicht etwas ausplaudern würde, aber, wie ich schon ausführte, kenne ich die verliebte Terry nicht gut, und selbst ein unbeabsichtigtes Entschlüpfen wäre mir unangenehm. Zumal Philipp und ich eine komplizierte Vergangenheit teilen.

Somit bleibe ich seit Wochen mit meinen Gedanken für mich. Im Grunde, seit der Pinguin des Mordes an seiner Frau überführt werden konnte. Was auch der Zeitpunkt meines letzten Kontakts zu Bruce, dem sicherlich attraktivsten Detective Chief Inspector der Metropolitan Police, ist, der wiederum der Grund für all diese Gefühle ist, die mir das Herz schwer machen.

Unser unrühmlicher Versuch, Dr. Sullivan auf die Schliche zu kommen, gefolgt von Bruce’ Rüge, dann der Verdacht gegen mich, dass ich einen falsch deklarierten Kuchen verkaufte, der die Frau vom Pinguin das Leben kostete, irgendwie erscheint mir dies alles keine gute Basis, um darauf eine Beziehung zu begründen.

Und doch gehen mir Bruce’ braune Augen nicht aus dem Kopf, sein lockiges Haar, der Dreitagebart, dessen Kitzeln ich nur zu gerne auf meiner Haut spüren würde. Nein!, beschließe ich. Ein weiteres Mal von unzähligen Malen, in denen ich gedanklich durchgespielt habe, welche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme ich hätte und wie diese verlaufen würden. Um es vorwegzunehmen, sie steuern allesamt auf ein Ergebnis zu, nämlich, dass ich mich lächerlich mache. Weshalb ich sie jedes Mal verwerfe.

Es klopft an der Tür. „Ja“, sage ich.

Durch den Türspalt schiebt Terry ihren Kopf. „Alles in Ordnung, Linny?“

Ich nicke halbherzig.

Terry tritt ein und schließt die Tür hinter sich. „Ich hätte niemals für möglich gehalten, so zu werden und würde mich wahrscheinlich zum Mond schießen, wenn ich an deiner Stelle wäre.“ Sie steckt die Hände in die Hosentaschen und betrachtet ihre Schuhe.

„Es ist nicht deine, eure Schuld. Ihr seid frisch verliebt, da gehört das dazu. Wir müssen das nur vom Geschäftlichen trennen, weißt du?“

„Klar.“

„Ich neide dir dein Glück nicht.“ Das hört sich an, als sei das Gegenteil der Fall, finde ich und füge daher zügig hinzu: „Ich bin nicht eifersüchtig oder so.“ Was rede ich bloß?

Ich stehe auf und gehe zu Terry. „Das hört sich total schräg an, ich weiß.“ Ich verdrehe die Augen und grinse.

„Allerdings.“ Terry beginnt zu lachen, und ich bin froh, dass sich die Spannung damit löst.

„Es ist wegen Bruce“, platze ich endlich heraus. Schließlich ist Terry immer noch meine Freundin, und ich möchte ihr gegenüber ehrlich sein. Meine Äußerungen zuvor haben außerdem gezeigt, dass ich mich eher um Kopf und Kragen rede, wenn ich die Dinge nicht klar anspreche. „Ich muss immer an ihn denken, obwohl ich weiß, dass ich ihn mir aus dem Kopf schlagen sollte.“

„Warum denkst du das?“

„Unser letzter Kontakt?“ Ich gehe zu meinem Bett und lasse mich seufzend darauf fallen.

Terry setzt sich neben mich. „Du machst dir viel zu viele Gedanken. Es war eindeutig, dass er Interesse an dir hat. Warum sollte ihn unsere Aktion davon abbringen?“

„Keine Ahnung. Aber inzwischen sind fast vier Wochen vergangen. Irgendwie ist es doch komisch, wenn ich mich jetzt plötzlich aus der Versenkung zurückmelde?“

Terry streichelt mir den Oberschenkel. „Viel zu verkopft, Linny. Bruce hat seinen Job gemacht, und wenn wir ehrlich sind, haben wir ihm, insbesondere du, dabei geholfen.“

„Ob er das genauso sieht?“, murmele ich, besinne mich dann gleich dessen, was Terry mir geraten hat. „Den Kopf ausschalten“, sage ich.

„Ganz genau.“

Ich schicke Terry zurück zu ihrem Lover, die beiden möchten noch etwas trinken gehen, aber ich schlage die Einladung aus. So lieb ich Terry habe und ihr für ihre Aufmunterung dankbar bin, ich kann keine weiteren Zärtlichkeiten zwischen ihr und Philipp ertragen. Für heute zumindest.

Kapitel 2

Traurig sieht sie aus, wie sie auf die perfekte Schaumkrone ihres Cappuccinos starrt. Keine Ahnung, warum das Mädel, mutmaßlich in meinem Alter, meine Aufmerksamkeit mehr auf sich zieht als die übrigen Gäste, überwiegend Shopping-Jünger mit vielen bunten Tüten. Vielleicht ist es gerade das, denke ich. Es ist, als habe sich um die junge Frau eine Blase der Stille gelegt, während um sie herum geschwatzt und gelacht, in Einkaufstüten gewühlt und auf Handydisplays getippt wird.

Sie sitzt nur da und glotzt weiterhin auf ihre Tasse, als wisse sie nicht, was sie damit anstellen solle. „Kann ich dir vielleicht mit einem Stück Kuchen eine Freude machen? Unser Käsekuchen ist legendär“, sage ich, nachdem ich an ihren Tisch getreten bin.

Sie sieht auf, und es wirkt, als hätte ich sie geweckt. Ihr Blick klärt sich, dann sagt sie: „Käsekuchen hört sich toll an. Danke.“

„Gerne.“ Ich freue mich, ihr ein Lächeln entlocken zu können. Als ich ihr den Kuchen serviere, flüstere ich: „Der geht aufs Haus.“ Und zwinkere ihr verschwörerisch zu, um mich im gleichen Moment zu maßregeln, dass ich nicht jedem Gast, der mir leidtut, Kuchen schenken kann.

Ein erneutes Lächeln, breiter und irgendwie ehrlicher als das zuvor, zeigt mir, dass ich richtig gehandelt habe. „Vielen Dank.“ Das kommt von ganz tief innen, als würde sie sich für viel mehr bedanken als ein Stück Kuchen.

Das rührt mich, gerne würde ich mich weiter mit ihr unterhalten. Ihre Augen werden von den dicken Gläsern der großen Brille, die ihr Gesicht nach unten zu drücken scheint, vergrößert und geben ihr, gepaart mit den roten Pausbacken, eine kindliche Erscheinung.

„Soziales Projekt?“, empfängt mich Terry bei meiner Rückkehr zum Tresen.

„Tut mir irgendwie leid“, antworte ich mit Blick auf unseren stillen Gast, der sich über den Käsekuchen hermacht. Obwohl ihr der zu schmecken scheint, weicht die Melancholie, die ihr gesamtes Wesen durchdringt, nicht von ihr.

„Liebeskummer?“, mutmaßt Terry.

Ich zucke mit den Schultern, aber eine Ahnung sagt mir, dass dies nicht der Fall ist. Liebeskummer, und ich weiß schließlich, wovon ich spreche, erscheint mir zu profan. Dieser Frau zieht eine Traurigkeit Mundwinkel und Blick gen Boden, die tiefer wurzelt.

Viel Zeit bleibt mir nicht, unseren Gast weiter zu studieren, denn die Shopping-Willigen wollen alle zur gleichen Zeit weiter und somit zahlen, was Terry und mich auf Trab hält. Als ich das nächste Mal zum Tisch schaue, an dem sie saß, ist sie verschwunden. „Hast du sie abkassiert?“, frage ich Terry und deute auf den Tisch, auf dem Tasse und leerer Teller noch von der Anwesenheit der Frau künden.

„Die Eule?“, fragt Terry, und ich benötige einen Moment, um den Spitznamen zuzuordnen. Ich muss zugeben, dass die Frau, mit ihren durch die Brille vergrößerten Augen, mich ebenfalls an einen solchen Vogel erinnert.

„Nö“, antwortet Terry und hält das Kännchen mit Milch unter die Aufschäumdüse der Kaffeemaschine. „Die wird doch nicht die Zeche geprellt haben?“

Ich schüttele den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“

„Das schließt es nicht aus.“

Stimmt. Somit gehe ich an den Tisch, den ich ohnehin abräumen und abwischen muss. Unter der Untertasse klemmt etwas. Ein Zettel und eine Zehnpfundnote, eine fürstliche Entlohnung für einen Cappuccino, denn den Kuchen habe ich ihr ja geschenkt. Und selbst wenn ich das nicht getan hätte, würden zehn Pfund für Kuchen, Cappuccino und ein wenig Trinkgeld reichen.

Ich falte den Zettel auseinander und lese:

Dankeschön für den Kuchen, der sehr gut geschmeckt hat. Das hat mir gutgetan.

„Und?“ Terry sieht mich erwartungsvoll an, als ich mit Geld und Zettel in der Hand zum Tresen zurückkehre.

„Wie ich sagte, keine Zechprellerin“, entgegne ich, nicht ohne einen gewissen Stolz, dass ich richtig lag.

„Fanpost?“ Terry deutet auf das Papier in meiner Hand, den ich ihr daraufhin reiche. Terry liest die zwei Sätze. „Das ist süß“, sagt sie dann.

„Jetzt tut sie mir fast noch mehr leid.“

„Wir können nicht die Welt retten, Linny. Selbst du nicht.“

„Schon klar.“ Ich spreche nicht aus, was ich denke, dass die Reaktion der Frau und die Notiz für mich wirken, als würde sie um Hilfe rufen oder zumindest Kontakt suchen.

„Übernimmst du die Bestellung?“ Terry nickt in Richtung des Tisches, an dem zuvor die Eule saß und der sogleich wieder von einem Pärchen eingenommen wird.

„Klar doch.“

Das Pärchen entpuppt sich als schwerer Fall, insbesondere sie. Brünett und Kaugummi kauend lässt sie sich von mir sämtliche Allergene runterbeten, die in unseren Backwerken vorhanden sein könnten. Um nach, gefühlt, Stunden abzuwinken und zu sagen: „Ich will doch nur einen Kaffee.“ Das entlässt mich jedoch nicht aus der Verantwortung, ihr nun unser Milch- und Milchgetränkeangebot vorzustellen.

„Du hast nicht zufällig einen Prototypen eures Bombenkuchens gebacken?“, frage ich Terry, die gerade einen Kuchen aus unserer Kuchenvitrine genommen hat, um ein Stück davon abzuschneiden.

Terry grinst. „Du meinst den Konfettikuchen?“

„Anstatt Konfetti könnte der doch mit Lebensmittelfarbe gefüllt sein?“, überlege ich laut.

Terry macht große Augen. „Muss ich mir Sorgen machen?“

„Die Tussi da drüben ist eine Zumutung. Erst wollte sie sämtliche Allergene aufgezählt haben und nimmt dann gar keinen Kuchen.“

„Hat sie wahrscheinlich genervt, dass ihr Kerl dich interessiert angeglotzt hat.“

„Mach keinen Quatsch!“ Ich winke ab.

„Wenn mir das von hier auffällt“, Terry führt den Satz nicht zu Ende.

Ist Terrys Beobachtung zutreffend? Irgendwie habe ich mich daran gewöhnt, nicht das sexyeste Chick im Raum zu sein, muss aber zugeben, dass ich seit der Pinguin-Geschichte wieder regelmäßig ins Fitnessstudio gehe und außerdem wieder mehr auf Haar und Make-Up achte. Unterschätze ich meine Wirkung auf die Männerwelt?

Ich beschließe, mich auch mal aufreizend zu geben und achte beim Gang mit der Bestellung zum Tisch von Miss Allergen und ihrem Lover auf eine besonders aufrechte Körperhaltung und Hüftschwung und schenke ihm beim Servieren einen gekonnten Augenaufschlag. Tatsächlich sehe ich aus dem Augenwinkel, dass Miss Allergen die Luft anhält.

„Miss Fleet. Du verkommenes kleines Flittchen“, flüstert Terry, die absichtlich meinen Weg kreuzt, als ich mich umdrehe, um den Tisch zu verlassen.

Das Leben geht manchmal sparsam mit den guten Augenblicken um oder begrenzt deren Dauer gnadenlos. So auch heute. Denn während ich mich noch darüber freue, mal für sexy gehalten worden zu sein, sogar einer hübschen Tussi Konkurrenz zu machen, geht die Tür auf, und er tritt ein.

Die braunen Augen tasten sich durch den Gastraum und treffen dann auf meine. Ein kurzes Lächeln, das in meinem Magen explodiert. Ich überlege, ob ich den positiven Schub der soeben gemachten Erfahrung nutzen kann, um auch Bruce in meinen Bann zu schlagen, da tritt sie ein: Blondes, langes Haar, Wespentaille und Schmollmund.

Mein kurzes Aufatmen, dass sie nicht zusammen gehören müssen, wird von der nächsten Szene torpediert. Bruce dreht sich zu der Dame um, während er auf die Theke zugeht, um ihr etwas zu zuraunen, woraufhin ihr Gesicht durch ein äußerst charmantes Lächeln aufblüht. Die beiden kennen einander nicht nur, das ist echte Sympathie.

„Das ist eine Überraschung“, gehe ich in die Offensive, als Bruce und die Blonde am Tresen eintreffen.

„Ich wollte Lindsey mein Lieblingscafé zeigen sowie die Spürnase, die entscheidend zur Lösung des Woodsborough-Falls beigetragen hat“, sagt Bruce.

Ich öffne den Mund, um dieses Kompliment sogleich wieder zu entkräften, doch Terry kommt mir zuvor. „Gestern erst habe ich Linn gesagt, wie stolz sie auf sich sein kann, dass sie die entscheidende Information beitragen konnte.“

Lindsey nickt mir anerkennend zu, und mir schießt die Hitze in den Kopf.

„Wir können bei der Polizei gute Mitarbeiterinnen gebrauchen“, sagt Lindsey.

„Danke für das Angebot.“ Ich versuche mich an einem Lächeln. „Aber ich liebe meinen Job.“

„Das weiß ich.“ Bruce wirft mir einen Blick zu, den ich nicht deuten kann. Liegt darin anerkennende Begeisterung, wie mein kribbelnder Bauch mir weismachen will?

„Ein schönes Café.“ Lindsey lässt ihren Blick durch den Gastraum schweifen.

„Dankeschön.“ Ich bin an die Kaffeemaschine getreten und klopfe den Siebträger aus. „Was darf ich Ihnen anbieten. Cappuccino, Latte macchiato, Milchkaffee?“

„Milchkaffee.“

„Kommt gleich und ein doppelter Espresso.“ Bei den letzten Worten sehe ich Bruce an, der freudig nickt.

Das Café bleibt gut besucht, und so bleibt nur wenig Zeit, um mich mit Bruce und Lindsey auszutauschen. Ich erfahre, dass sie von Brighton nach London zog, da ihr Brighton zu provinziell gewesen sei. Lindsey wurde in London geboren und wuchs in der City auf, verließ die dann, der Liebe wegen, wie sie es ausdrückt, um in Brighton ihre Ausbildung abzuschließen. Auch sie arbeitet bei der Polizei.

Als Bruce und sie gehen, sehe ich ihnen nach und frage mich, ob sie vertrauter miteinander umgehen, als es eine kollegiale Verbindung vermuten lässt? Ob Bruce nach wie vor Interesse an mir hat und ich seinen Blick richtig deute?

„Ich glaube nicht, dass da was läuft.“ Terry legt mir von hinten eine Hand auf die Schulter.

„Lindsey ist freundlich und sehr hübsch.“

„Und doch muss sie nicht sein Typ sein.“

Das möchte ich gerne glauben, aber eine Ahnung sagt mir, dass ich dabei bin, das Rennen um Bruce zu verlieren. Womöglich habe ich das bereits.