Freitag
»Bitte lass das.« Mit sanftem Nachdruck schiebt Thomas mich fort. Sein Lächeln wirkt verbindlich, kalt, abweisend. Ein wenig wie das Lächeln eines Bankers, der mir aufgrund meiner Schufa-Einträge keinen Kredit gewähren kann.
Ich richte mich auf, betrachte meinen Mann traurig und nicke. Im Schein der flackernden Kerze auf dem Wohnzimmertisch wirkt sein Gesicht geheimnisvoll, ja markant. Aber da ist noch etwas, das mir heute zum ersten Mal auffällt: Die dunklen Ringe unter seinen Augen. Alt ist er geworden. Kein Wunder, schließlich liegt eine lange Geschäftsreise nach Asien hinter ihm. Mein Mann ist Geschäftsführer in einer Werkzeugfabrik im Bergischen Land, nicht weit von Köln entfernt. Dabei ist er Oberhaupt und Vorbild zugleich für seine dreihundert Mitarbeiter am Stammsitz. Ja, er verdient gutes Geld, doch es ist hart verdientes Geld, daran zweifle ich nicht.
Trotzdem … ein bitterer Schmerz durchzuckt mich, als mir bewusst wird, dass wir nicht mehr frisch verliebt sind. In den ganzen Jahren hat Thomas mich nicht ein einziges Mal abgewiesen. Was ist nur los mit ihm?
Bin ich ihm nicht mehr attraktiv genug?
Für mein Alter habe ich mich recht gut gehalten – denke ich zumindest. Die Vierzig ist nicht mehr weit entfernt, aber damit ist man doch heute keine alte Frau mehr. Mindestens dreimal in der Woche gehe ich ins Fitnessstudio, um meinen Hintern und meine Brüste für ihn in Form zu halten. An grauen Wintertagen besuche ich eine Sonnenbank, um für ihn knackig braun zu sein. Ich kaufe mir sündhaft teure Dessous, um ihm zu gefallen, ich trage sein Lieblingsparfüm und ich schminke mich dezent, so, wie Thomas es mag. Trotzdem … irgendetwas ist anders heute.
»Was …«, setze ich an, doch er unterbricht mich.
»Nichts, Schatz, es ist nichts.« Nun leert er sein Weinglas und erhebt sich mit einem schweren Seufzen. »Ich bin einfach nur müde, es tut mir leid.«
Dabei habe ich mich wie verrückt auf seine Heimkehr gefreut. Eine Woche lang war Thomas fort gewesen. Als ich ihn heute Abend am Flughafen abgeholt habe, war ich aufgeregt wie ein Teenager unmittelbar vor dem ersten Date. Stundenlang habe ich seit den Mittagsstunden meine Outfits ausprobiert. Den neuen Minirock habe ich wieder ausgezogen. Zwar wollte ich meinem Mann auf den ersten Blick signalisieren, dass ich mich nach ihm sehne, aber nicht zu nuttig wirken, denn das mag er überhaupt nicht. Irgendwann habe ich mich für die brandneue, hautenge Bluejeans und die neuen weißen High Heels von Tommy Hilfiger entschieden, dazu eine leicht transparente, weiße Chiffonbluse von s.Oliver, die mehr zeigt als sie verhüllt.
Sofort habe ich beim Wiedersehen in der Ankunftshalle des Köln-Bonner Flughafens eine Gänsehaut gehabt, und das, obwohl ich einen leichten Sommermantel übergezogen habe, um nicht die gierigen Blicke fremder Kerle auf mich zu ziehen. Ich war ertrunken in seinem Blick und habe schon beim Begrüßungskuss weiche Knie bekommen. An jeder roten Ampel im Auto haben wir geknutscht, doch nun, in unseren vier Wänden angekommen, ist der Zauber wie verflogen. Daran ändert auch der teure Bordeaux nichts, den ich uns aufgezogen habe. Auch nicht die leise Musik aus den Lautsprechern, auch nicht der romantische Kerzenschein. Es sieht so aus, als müsse ich heute auf Sex verzichten. Und das, obwohl ich mich schon seit dem Nachmittag nach Thomas gesehnt habe. Ich habe es genossen, das Prickeln im Unterleib, habe mir in ruhigen Momenten ausgemalt, wie wir miteinander schlafen.
Mit einer Mischung aus Verständnis und Enttäuschung schenke ich ihm ein verständnisvolles Lächeln.
»Nicht böse sein«, sagt er, während er mir über den Kopf streicht, wie man es bei einem Kind tut, das ausnahmsweise mal kein Eis als Belohnung bekommt.
Ich ziehe meinen Kopf zurück. »Schon gut«, kommt es leise über meine Lippen, während der Kloß in meiner Kehle wächst.
»Ich muss ins Bett.« Er haucht mir einen Kuss auf die blonden Haare, fährt mir ein letztes Mal über die Schultern, dann verschwindet er zur Treppe. Nachdenklich drehe ich das langstielige Weinglas in den Händen, höre, dass er im Bad verschwindet. Beim Surren seiner elektrischen Zahnbürste leere ich mein Glas in einem Zug, als er wenig später gurgelt, stehe ich auf und gehe in die Küche. Auf dem Weg dorthin stolpere ich fast über den Hartschalenkoffer im dunklen Flur. Ich zögere. Ob ich ihn auspacken soll, um schon eine Maschine Wäsche aufzusetzen?
Ich entscheide mich dagegen, beinahe trotzig trete ich mit der Spitze der Hilfigers gegen das Plastik des Koffers und betrete die kleine, fast quadratische Küche. Meine Hand wischt über die Wand neben dem Türrahmen, sucht und findet den Lichtschalter, betätigt ihn. Vom grellen Licht der Deckenlampe warte ich einen Moment, bis sich meine Augen an das Licht gewöhnt haben. Dann stelle ich mein Weinglas auf der Arbeitsplatte ab, um es mir neu zu füllen. Ich schalte die kleine Lampe über der Arbeitsplatte ein, dafür die Deckenlampe ab. Nun kann man es aushalten. Mit einem Seufzen sinke ich auf einen der wackligen Küchenstühle. Auf dem Tisch liegt mein Handy. Ich betrachte es nachdenklich, strecke die Hand aus, löse die Tastensperre, rufe Mails, SMS und WhatsApp-Nachrichten auf.
Eine Nachricht ist von Meike, unserer Tochter.
»Hi Mum, ich möchte ins Filmgeschäft einsteigen, meinst du, ich sollte es tun?«
Meike hat eben das Abi hinter sich. Sie befindet sich jetzt in einer Art Selbstfindungsphase. Manchmal beneide ich sie, obwohl sie momentan völlig orientierungslos durchs Leben strauchelt.
Ja, sie wird studieren, so viel steht fest. Auf die Frage, was sie denn studieren möchte, antwortet unser Kind in der Regel mit einem knappen »irgendwas mit Medien«, wobei sie sich schon sehr für das Filmgeschäft begeistert. Thomas hat ihr vorgeschlagen, einen Freund anzurufen, dem eine Filmproduktionsfirma gehört. Über Vitamin B stehen ihr alle Türen offen. Ich muss sehnsüchtig lächeln. Nun ist sie schon eine junge, erwachsene Frau. Dabei kommt es mir so vor, als wäre sie gestern noch ein Baby gewesen.
Jetzt steht sie am Anfang ihres Lebens und hat alle Chancen, etwas daraus zu machen. Nichts erinnert mehr daran, dass Meike eigentlich nicht geplant war. Ich war achtzehn Jahre alt, als ich von Thomas schwanger war. Der klassische Betriebsunfall, aber eine Abtreibung haben wir nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Gleich stand für uns fest, dass wir dieses Kind haben wollten, um unsere damals noch junge Liebe zu besiegeln. Als junge Mutter habe ich auf viel verzichten müssen. Mit Meikes Geburt in einer regnerischen Novembernacht hat meine Jugend damals ein jähes Ende gefunden, doch ich habe mich der Herausforderung gerne gestellt. Eigentlich auch nie bereut, jung Mutter geworden zu sein.
»Versuch macht klug«, wischen meine Finger eine Antwort über den Touchscreen des Smartphones. Ein wehmütiges Lächeln huscht um meine Mundwinkel. »Sicher kann Papa dir helfen, einen Job zu finden. Er kennt viele Leute.« Dahinter setze ich einen Zwinker-Smilie.
Es dauert keine halbe Minute, bis Meike mir antwortet. »Nee, lass mal – das will ich alleine schaffen. Hab da jemanden kennengelernt, der im Filmgeschäft einen Fuß in der Tür hat.«
Gut, sie möchte es ohne unsere Hilfe packen. Das spricht für ihren gesunden Ehrgeiz. Schulterzuckend lege ich das Handy auf den kleinen Küchentisch und widme mich meinem Wein. Ich denke an den verkorksten Abend mit Thomas. Es tut verdammt weh, wenn man sich so freut und dann zurückgewiesen wird.
Ich trinke schneller als mir lieb ist. Wieder greife ich zum Handy. Soll ich Susanne, meine beste Freundin, anrufen?
Ich rufe das Menü auf, sekundenlang kreist mein Daumen über der grünen Fläche mit der Aufschrift »Anrufen«, dann schüttle ich den Kopf. Es ist schon nach neun, ich weiß nicht, was Susanne gerade macht. Wahrscheinlich hängt sie wieder in irgendeiner Bar oder einem Club herum, um neue Männerbekanntschaften zu machen. Im Gegensatz zu mir hat Susanne ihren Mr. Right bis heute nicht gefunden. Doch das scheint sie nicht im Geringsten zu stören, ganz im Gegenteil: Sie vögelt sich durch die Betten der Männerwelt unserer Stadt, als gäbe es kein Morgen.
Dabei möchte ich sie nicht stören. Plötzlich mischt sich ein anderes Gefühl unter meinen Frust. Ich spüre ein leichtes Ziehen in meinem Schoß, fast so, als würde meine Lust erwachen. Dabei habe ich gerade nicht den geringsten Grund, an heißen Sex zu denken. Höchstens über den Sex, den ich gerade nicht habe – den Sex mit meinem Mann, den ich seit über einer Woche nicht gesehen habe. Meine Hand zittert leicht, als ich das Glas an die Lippen führe. Ich genieße den samtigen Geschmack des Bordeaux, um nachzudenken. Mir wird plötzlich klar, dass bei uns im Bett schon länger Flaute herrscht. Selbst wenn Thomas nicht auf Reisen ist, schlafen wir nur noch sehr selten miteinander. Dabei gibt es nichts Schöneres, als sich in die Arme eines Mannes fallen zu lassen, sich ihm ganz hingeben, Zärtlichkeiten zu geben und sie zu empfangen. Warum, um Himmels willen, verspürt er nicht das gleiche Verlangen wie ich? Er ist doch ein Kerl, und mir fallen Susannes Worte ein, die der felsenfesten Überzeugung ist, dass Kerle immer Sex wollen. Muss ausgerechnet ich an ein Exemplar geraten, wo es sich nach vielen gemeinsamen Jahren anders verhält?
Leise seufzend erhebe ich mich. Wenn es anders abgelaufen wäre, dann würde ich jetzt in den starken Armen meines Mannes liegen, seinem gleichmäßigen Atem lauschen und seine warme, nackte Haut auf der meinen spüren.
Doch es ist nicht anders gelaufen. Ich greife nach dem Glas und verlasse die Küche. Im Wohnzimmer läuft immer noch die leise Musik. Ich schalte die Anlage ab, will nichts mehr hören heute. Das Glas stelle ich auf den Tisch, neben das von Thomas. Er hat seinen Wein nicht einmal ausgetrunken.
Frustriert beginne ich, mich auszuziehen. Streife die High Heels von den Füßen, um sie unter den Tisch zu kicken, öffne die Knopfleiste der Jeans und streife sie über die Hüften. Schon besser, denke ich. Danach sinke ich, nur noch mit Slip, Bluse und BH bekleidet, auf unser großes Sofa. Ich lege mich auf den Rücken, winkle ein Bein an und blicke hinauf zur Zimmerdecke. Ein paar Minuten hänge ich meinen düsteren Gedanken nach.
Liebt er mich nicht mehr?
Hat er eine Neue, mit der er im Bett seinen Spaß hat?
Bin ich ihm zu alt, zu unattraktiv, als dass er mich noch als anziehend empfindet? Woran liegt es, dass wir schon seit geraumer Zeit keinen Sex mehr haben?
Gleichzeitig nimmt dieses Ziehen in meinem Unterleib zu. Ich schließe die Augen, um an hemmungslosen Sex mit einem fremden, gesichtslosen Mann zu denken. Er liegt neben mir, ich spüre seinen muskulösen Körper, fühle sein Verlangen. Wir küssen uns, er nimmt mein erhitztes Gesicht in die Hand, ich lasse zu, dass seine Zunge in meinen Mund gleitet, dort ein Feuerwerk der Leidenschaft entfacht. Meine Brustwarzen spannen, er bemerkt es und zwirbelt sie sanft. Ich erschaudere vor Lust, spüre, wie Hitze in meinem Becken aufsteigt.
Während ich intensiv an den Fremden denke, gleiten meine Hände unter den hauchdünnen Stoff der Chiffonbluse. Ich berühre die Körbchen meines BHs, streiche sanft darüber und fühle das Spannen meiner Knospen durch den Stoff, reibe sie zart, stöhne leise auf. Tastend gleiten meine Finger abwärts, erkunden meinen flachen Bauch und ziehen kleine Kreise auf meiner elektrisierten Haut. Ich fühle den Bund meines winzigen Slips, zupfe spielerisch daran herum, bevor meine flache Hand unter den seidigen Stoff fährt. Sacht gleiten meine Fingerkuppen über den frisch rasierten Venushügel, weiter abwärts. Nun kann ich meine feuchte Hitze spüren. Ich hebe mein Becken an, ziehe spielerisch die Form meiner Vulva nach, ohne sie jedoch zu berühren.
Ganz plastisch erscheint mir die Vorstellung, dass nicht ich es bin, die mich berührt, sondern der fremde Mann ohne Gesicht. Ich versinke wieder in meinem erotischen Traum, stelle mir vor, dass es seine starken Hände sind, die meine Schenkel mit sanftem Nachdruck spreizen, um sich zu meiner vor Verlangen pochenden Scham vorzutasten. Das Blut rauscht in meinen Ohren. Er quält mich, zeichnet die Form meiner Schamlippen nach, ohne sie zu berühren, zieht immer enger werdende Kreise auf den Innenseiten meiner Schenkel und bringt mich schon so um den Verstand. Ich drücke meinen Rücken durch, will, dass er mich endlich dort berührt, wo seine Liebkosungen mir irgendwann Erlösung geben. Doch er lässt sich Zeit. Wir küssen uns, dann lösen sich unsere Lippen voneinander. Ich spüre seinen heißen Atem an meiner Halsbeuge. Sanft knabbert er daran. Ein angenehmer Schauer rieselt meinen Rücken herunter. Seine Zunge tanzt über meine Haut, hinterlässt eine feucht schimmernde Spur und treibt mich in den Wahnsinn. Als er behutsam an meinen Nippeln knabbert, kommt ein lüsternes Stöhnen über meine Lippen. Während er meine Brüste liebkost, fühle ich seine geschickten Finger an meiner intimsten Stelle. Vorsichtig, fast wie zufällig, touchiert sein Daumen meine Perle. Mir ist, als würde ein elektrischer Schlag von meinem Schoß durch meinen gesamten Körper gleiten. Ich bestehe nur noch aus purem Verlangen, will ihn endlich ganz, diesen unbekannten Mann.
Doch er lässt sich Zeit, hat es sich offenbar vorgenommen, mich in den Wahnsinn zu treiben. Ich recke ihm mein Becken entgegen, als einer seiner Finger zielstrebig zwischen meinen Schamlippen versinkt. Behutsam bewegt er sich in mir. Es ist fast so, als würde er mich mit seinem Finger penetrieren. Langsam, ganz langsam spüre ich, wie er in mich eindringt. Ich werfe den Kopf in den Nacken, halte es kaum aus vor Lust und bin ihm völlig ausgeliefert. Nun reibt er meine Klit. Ich laufe aus vor Lust, kann es kaum erwarten, dass er mich erlöst. Doch der Fremde hat kein Verlangen, mir jetzt alles zu geben. Erst will er mich, so scheint es, zum Gipfel der Lust treiben. Für mich gibt es kein Zurück mehr. Ich unterwerfe mich ihm, genieße seine Liebkosungen, fühle seine geschickte Zunge an meiner intimsten Stelle. Er knabbert und saugt an meiner Perle, taucht mit dem Kopf zwischen meine Beine. Ich fahre durch sein dichtes Haar, presse ihn fester in meinen Schoß und gebe mich seinen Küssen hin. Als ich seine Hände unter meinen Pobacken spüre, ist es um mich geschehen. Immer schneller wird seine Zunge, er taucht ein in mein nasses Paradies, erkundet jeden Winkel und saugt an meiner Perle, als handele es sich dabei um eine kostbare Frucht.
Im nächsten Augenblick bricht die Welle der Lust über mir zusammen. Ich explodiere förmlich, wimmere und stöhne abwechselnd, der Fremde lässt mich nicht entkommen und erhöht das Tempo. Dann ist es so weit. Ich werde von der Welle überrollt, glaube, dass ich ins Bodenlose falle. Mein Herz rast, als ich im nächsten Moment fühle, wie er sein Becken in meinen Schoß presst. Noch benommen von der Lust, kann ich seine Erektion spüren. Er ist nun ganz über mir. Wir schauen uns an, tief in die Augen. Seine Miene ist regungslos, dann stößt er zu. Leicht gleitet er in mich, füllt mich aus, als wäre er für mich gebaut. Millimeter für Millimeter schiebt er sich in mich. Ich schlucke trocken, umklammere seinen Schaft mit meinem Liebesmuskel und massiere ihn. Nein, ich umklammere ihn so fest, als würde ich ihn nie mehr loslassen wollen.
Dieser Mann ist der absolute Wahnsinn, ist das Letzte, was ich denken kann. Nun penetriert er mich, verharrt bei jedem Stoß an meiner tiefsten Stelle, bevor er sein teuflisches Spiel fortsetzt und mich an ungekannte Sphären liebt. Unaufhaltsam treibt er mich auf den nächsten Höhepunkt zu. Ich spüre, wie die Lust von meinem Körper erneut Besitz ergreift, will mich nicht wehren, genieße die Nähe des Fremden und gebe mich ihm hin. Er ist ein wundervoller Liebhaber, weiß genau, wie er eine Frau um den Verstand bringt, knabbert abwechselnd an meinen Brüsten, um mir den Mund im nächsten Augenblick mit einem nicht enden wollenden Kuss zu verschließen.
Immer schneller bewegt er sich in mir, bewegt nur sein Becken und erreicht doch mehr, als wäre der ganze Mann in Bewegung. Spielend leicht scheint es für ihn zu sein, meine empfindlichste Stelle zu stimulieren. Dann spüre ich, wie er sich aufbäumt. Es ist der richtige Moment für mich, auch aufzugeben und mich fallen zu lassen. Sein Atem geht stoßweise, wir küssen uns, als wir gemeinsam zum Höhepunkt kommen, saugen uns gegenseitig die Lust aus dem Körper und lassen die Welt um uns herum versinken. Es gibt nur noch unsere Körper, die längst zu einer Einheit verschmolzen sind. Endlich fühle ich seine Lust in mir. Mit einem kehligen Laut auf den Lippen kommt er, und auch ich lasse mich gehen, stöhne meine Leidenschaft laut heraus, bevor ich kraftlos zusammensinke und die Augen schließe.
Es dauert eine Ewigkeit, bis sich mein Puls normalisiert. Langsam, ganz langsam kehre ich in die kalte Realität zurück. Als ich die Augen öffne, sehe ich, dass ich alleine bin. Halbnackt liege ich auf dem Sofa in unserem Wohnzimmer, die Hand liegt noch unter meinem Slip. Ich kann die Hitze noch an den Fingerkuppen fühlen. Als ich sie vorsichtig zurückziehe, bäumt sich mein Unterleib auf. Noch immer bin ich wie elektrisiert, meine Brustwarzen spannen.
Die Gedanken rasen durch meinen Kopf. Was war das eben?
Es war sicher nicht das erste Mal, dass ich mich selbst befriedigt habe, aber nie zuvor habe ich so intensiv an einen Mann dabei gedacht, einen Mann noch dazu, dem ich noch nie im Leben begegnet bin.
Wer war dieser geheimnisvolle Fremde?
Diese Frage werde ich wohl niemals beantworten können. Schweißtropfen perlen auf meiner Stirn, als ich mich mit weichen Knien hinsetze und in die Flamme der Kerze starre. So etwas habe ich noch nie zuvor erlebt. Mit einer Mischung aus schlechtem Gefühl und einer schwer zu beschreibenden Zufriedenheit stehe ich auf. Nein, ich werde Thomas nicht davon berichten. Auch wenn es mir eine Freude wäre, ihm unter die Nase zu reiben, dass ich auch ohne ihn auf meine Kosten komme. Schnell leere ich das Weinglas und bringe es in die Küche, dann lösche ich die Kerze auf dem Wohnzimmertisch, klaube meine Sachen zusammen und verschwinde im Schlafzimmer. Thomas liegt in embryonaler Haltung in seiner Betthälfte. Er schnarcht leise. Die kleine Nachttischlampe hat er mir immerhin angelassen.
Ich entkleide mich und werfe die Sachen über den Stuhl neben meinem Bett, dann krieche ich unter die Decke und lösche schnell das Licht. Wie immer schlafe ich nackt.