Leseprobe Time to Shine – Landon & Casey

Kapitel 1

Landon Stackhouse hatte den Anruf erwartet, aber das Herz schlug ihm trotzdem bis zum Hals, als sein Telefon klingelte.

„Sie brauchen dich in Calgary“, sagte Chris Ferguson, der Geschäftsführer seines Teams. Fünf Worte, auf die Landon seit über zwei Jahren gewartet hatte.

„Ja, Sir. Ich kann selbst hinfahren.“ Es waren mindestens sechs Stunden Fahrt von Saskatoon nach Calgary, und da es November war, bestand die Möglichkeit, dass es irgendwo auf dem Weg schneien würde, aber wenn Landon jetzt losfuhr …

„Nein, wir haben den nächsten Flug aus Saskatoon raus für dich gebucht. Geht in zwei Stunden. Du hast ein Zimmer in einem Hotel in der Nähe der Arena. Jemand von den Outlaws sollte sich bald mit weiteren Informationen bei dir melden.“

„Alles klar“, sagte Landon und konnte sich gerade noch davon abhalten, zu fragen, wie er sein Auto nach Calgary bekommen würde. Er würde es nicht brauchen. Es war in Ordnung, alles war in Ordnung. Er würde wahrscheinlich sowieso nur ein paar Tage dort sein. Vielleicht eine Woche.

Er hatte das Spiel gestern Abend gesehen, und er hatte gesehen, wie Gilbert Morin, der Ersatztorwart der Outlaws, von einem Dallas-Spieler umgefahren worden war. Die Verletzung sah nicht gut aus; Morin musste vom Eis geholt werden.

„Dir ist bewusst, dass das eine gute Nachricht ist, oder?“ Das Lächeln in Fergusons Stimme war nicht zu überhören. „Dass du in die NHL berufen wirst?“

„Ja.“

Ferguson lachte. „Ich werde diese sprudelnden Gespräche vermissen, Stackhouse. Viel Glück in Calgary. Du warst überragend bei uns, also geh und zeig den großen Jungs, was du draufhast.“

Landon bezweifelte, dass er ihnen viel mehr als nur seine Fähigkeiten als Türöffner zeigen würde, während er auf der Bank saß, aber er gab zurück: „Das werde ich.“

„Und versuch um Himmels willen, Spaß zu haben.“

„Danke, Sir.“

Nachdem der Anruf beendet war, setzte Landon sich auf sein Bett, die Hände auf den Knien, und drückte seine Finger in den weichen Stoff seiner Jogginghose. „Okay“, sagte er leise in sein leeres Schlafzimmer. „Okay.“

Er versuchte, die Situation ins rechte Licht zu rücken. Ja, er war auf dem Weg in die erste Liga. Ja, er würde mit echten Superstars zusammenspielen, einschließlich seines Helden Antton Niskanen. Ja, das war die Belohnung für all seine harte Arbeit.

Das hier war etwas anderes als die Trainingslager, bei denen er immer unweigerlich vorzeitig wieder abreisen musste.

Calgary wollte ihn.

Aber er stand auch kurz davor, von Saskatoons Stammtorwart zum Bankdrücker in Calgary zu werden. Realistisch betrachtet würde er kaum einen seiner Teamkollegen aus der ersten Liga kennenlernen, bevor er in den Flieger zurück zum Farmteam steigen würde – der Nachwuchsschmiede, aus der das Top-Team bei Bedarf Spieler anfordern konnte. Es würde eine coole Erfahrung werden, aber es würde sein Leben nicht verändern. Dessen konnte er sich sicher sein.

„Ich sollte es wohl Mom und Dad erzählen, was?“, sagte Landon laut zu jemandem, der nicht anwesend war. Er schickte eine SMS an seine Mutter, die ihr Telefon zuverlässiger kontrollierte als sein Vater.

Landon: Wurde in die NHL berufen. Bin jetzt auf dem Weg nach Calgary.

Damit sie sich nicht so viele Sorgen machte, fügte er nach einem Moment hinzu:

Fliegend, nicht fahrend.

Er packte schnell und effizient, so wie er es für einen Auswärtstrip tun würde, nicht so, als würde er umziehen. Denn das tat er nicht.

Sollte er seinen Anzug tragen? Das war die NHL! Er sollte seinen Anzug tragen.

Er nahm seinen einfachen marineblauen Anzug aus dem Kleidersack, in den er ihn sorgfältig eingepackt hatte.

Minuten später begutachtete er sich in seinem Ganzkörperspiegel, von dem er weit entfernt stand, weil er sonst mit seinen knapp 1,95 m nicht in den Rahmen gepasst hätte. Mit der Hand fuhr er sich über sein glatt rasiertes Gesicht und kämmte unnötigerweise mit den Fingern durch sein kurzes braunes Haar.

Das letzte Mal war er vor über zwei Monaten in Calgary gewesen, um am Nachwuchs-Trainingslager der Outlaws teilzunehmen. Damals hatte er gewusst, dass er keine Chance hatte, es ins Team zu schaffen; um ihr Torhüterduo wurde Calgary von der ganzen Liga beneidet. Antton Niskanen hatte einen Platz in der Hall of Fame sicher, das stand außer Frage, und Gilbert Morin war einst der Star-Torwart von Buffalo gewesen und gab nun einen soliden Ersatz für Niskanen. Landon hatte in der AHL hart gearbeitet und sich als einer der Besten in der zweithöchsten Spielklasse etabliert. Er konnte wahrscheinlich damit rechnen, dass er bei den unvermeidlichen Verletzungen und Krankheiten noch viel häufiger nach Calgary beordert werden würde. In einer schwierigen Situation wollte sich Calgary auf ihn verlassen können, und Landon musste ihnen zeigen, dass sie das auch konnten.

Der Mann im Spiegel sah zuverlässig aus, dachte er. Verantwortungsbewusst. Wahrscheinlich zu dünn, aber das würde sich wohl nie ändern. Wenigstens war er groß. Trainer und Geschäftsführer mochten große Männer.

Landon sah sich selbst nicht besonders gern an. Er mochte es auch nicht, gesehen zu werden, und fühlte sich nur dann wirklich wohl, wenn er seine zwanzig Kilo schwere Torwartausrüstung trug. Außerhalb seines Schneckenhauses bestand er nur aus Gliedmaßen, scharfen Kanten, verletzlicher Haut und Knochen. Er musste mit Leuten reden und über Dinge nachdenken, die nichts mit Eishockey zu tun hatten. Das war das Schlimmste.

Seine Mutter antwortete auf seine Nachricht, kurz bevor er seine Wohnung verließ, um sein neues Abenteuer zu beginnen.

Mom: Herzlichen Glückwunsch! Das ist fantastisch und wir freuen uns so für dich. Wir lieben dich. Sei vorsichtig!

Landon zog eine Grimasse bei dem „Sei vorsichtig“, obwohl er es seinen Eltern nicht verdenken konnte, dass sie sich Sorgen machten. Genauso wenig, wie er es ihnen verübeln konnte, dass sie sich seine Spiele nicht ansahen. Die begrenzte Unterstützung, die sie ihm geben konnten, war bereits mehr, als er verdiente, und die gewohnte Welle von Schuldgefühlen überkam ihn, als er zurückschrieb:

Das werde ich. Ich liebe euch auch.

***

Landon saß in einer NHL-Umkleidekabine. Direkt gegenüber von Antton Niskanen. Antton fucking Niskanen.

Er hatte ihn schon einmal getroffen, im Trainingslager. Aber dort hatte es viele Torhüter gegeben, und Niskanen war bei den meisten Übungen und Trainingsspielen nicht anwesend gewesen. Superstars waren das selten.

Bis hierhin konnte man Landons Gespräche mit seinem Idol als kurz und peinlich bezeichnen. Als Landon das letzte Mal versucht hatte, mit ihm zu sprechen, hatte er sich unbeholfen daran gehindert, darüber zu schwärmen, was für eine Ehre es sei, ihn zu treffen, indem er Niskanens Schuhe lobte und fragte, wo er sie gekauft habe. Niskanen hatte „Mailand“ geantwortet und sich dann Lee Ramsay, dem Kapitän der Outlaws, zugewandt. Landon war weggegangen und hatte sich im Geiste mit seinen eigenen billigen Anzugschuhen einen Tritt verpasst.

Es konnte nur besser werden, oder?

Als er das erste Mal die Arena betreten hatte, war Landon auf Andy Bates, den Torwarttrainer, getroffen und hatte erfahren, dass er in einer hektischen Woche angekommen war. Nach dem Spiel heute Abend würde es am Morgen ein kurzes Training und eine Videobesprechung geben, dann würde das Team nach St. Louis fliegen, um dort einen Roadtrip von vier Auswärtsspielen anzutreten. Einen echten NHL-Roadie. Mit Flugzeugen und allem Drum und Dran.

Landon war froh, dass er beschäftigt sein würde. Er kannte sich. Wenn er nicht beschäftigt war, würde er jede Stunde, die er nicht in der Arena verbrachte, allein in seinem Hotelzimmer sitzen. Das Reisen würde ihm guttun.

Von seinen vorübergehenden Mannschaftskameraden war Landon höflich begrüßt worden; sie hatten ihm zugenickt. Genau die Art von Begrüßung, die man von Kollegen erwarten konnte, die wussten, dass es keinen Sinn hatte, einen kennenzulernen.

In der Umkleidekabine wurde nun geplaudert und gelacht, und es herrschte die lockere Kameradschaft von Männern, die fast jeden Tag rund um die Uhr zusammen waren. Als er den Raum zum ersten Mal betreten hatte, hatte Landon hatte ohne Umschweife auf direktem Weg seinen zugewiesenen Platz aufgesucht. Er hielt den Kopf gesenkt und ließ jeden im Raum wissen, dass er hier war, um einen Job zu erledigen, und dass es ihm nichts ausmachte, ignoriert zu werden.

Er befestigte gerade die Riemen seines rechten Beinpolsters, als ein Paar Schlittschuhe mit neonpinkfarbenen Schnürsenkeln zwischen seine weit gespreizten Beine trat. Er blickte auf und sah in das lächelnde Gesicht von Casey Hicks, Calgarys jungem Star-Linksaußen.

„Hey, Stacks, schön, dich wiederzusehen“, sagte Casey, als wären sie alte Freunde und nicht zwei Typen, die im Trainingslager kaum miteinander gesprochen hatten. „Wie ist’s dir in Saskatoon ergangen?“

„Äh. Gut. Das Team hat einen starken Start hingelegt.“

„Dank dir.“ Da Landons Gesicht wohl Überraschung zeigte, fügte Casey hinzu: „Ja, ich verfolge diesen Kram. Ich habe eine Menge Freunde in der AHL. Ich habe deinen epischen Save letzten Monat gesehen. Den, bei dem du …“ Casey streckte die Arme aus und hob ein Bein. Landon wusste, wovon er sprach, und es hatte absolut nicht so ausgesehen.

„Das war einer der schwereren Pucks“, stimmte Landon zu.

Casey nahm Arme und Bein herunter und lächelte ihn weiter an. Landon machte sich wieder daran, seine Gurte zu schließen.

„Wie groß ist deine Spannweite?“, fragte Casey. „Sie muss gigantisch sein.“

„Ungefähr zwei Meter.“

„Nett“, antwortete Casey automatisch und lachte dann. „Aber im Ernst. Das ist mega.“

Casey hatte Grübchen, wenn er lachte. In Kombination mit seinen schulterlangen dunkelblonden Haaren, den ungewöhnlichen blaugrünen Augen und den rosafarbenen Lippen war es verständlich, dass die Fans ihn nicht nur wegen seiner Eishockeyfähigkeiten liebten. Er war … süß.

„Danke“, gab Landon zurück, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.

Casey nickte. „Also, willkommen in Calgary. Alle sind cool hier. Ich habe gehört, dass es nach dem Spiel Sandwiches geben wird. Versuch, eins von den Chicken-Parmesan zu bekommen. Die sind schnell weg, und sie sind verdammt gut.“

Als ob Landon sich an seinem ersten Abend bei der Mannschaft an die Spitze der Essensschlange drängen würde, um die guten Sandwiches zu ergattern. Vor den Spielern, die tatsächlich gespielt hatten.

„Oh, und meide die dritte Duschkabine auf der rechten Seite; die ist vollkommen im Arsch.“

„Okay.“

Caseys Ton wurde sehr ernst. „Nein, wirklich. Benutz sie nicht.“

Landon starrte ihn an. „Werde ich nicht.“

Das unbeschwerte Lächeln kehrte auf Caseys Lippen zurück. „Cool. Sag mir Bescheid, wenn du etwas brauchst, ja?“

Landon konnte sich nicht vorstellen, was er von Casey Hicks brauchen könnte. Wenn er während seines kurzen Aufenthalts in Calgary überhaupt etwas brauchte, würde er wahrscheinlich jemanden finden, den er eher fragen konnte als einen All-Star.

Auch wenn der betreffende All-Star ein Jahr jünger war als Landon.

Aber trotzdem. Das Angebot war nett. „Mach ich. Danke.“

Ein paar Minuten später begab sich die Mannschaft zum Aufwärmen auf das Eis. Antton Niskanen ließ sich an seinem üblichen Platz auf dem Eis nieder, um sich zu dehnen, und Landon suchte sich einen Platz weit weg von ihm. Er wusste, dass Antton vor Spielen nicht gern redete. Er wusste alles über ihn. Landon redete auch nicht gern viel, also dehnte er sich schweigend und versuchte, seinem Idol möglichst unauffällig Blicke zuzuwerfen. Anttons Maske war eine neue Variante des Designs, das er schon seit Jahren trug: ein Gespann aus dämonischen Pferden, die Feuer spuckten und von Skeletten in Cowboy-Kleidung geritten wurden. Dieses Jahr stand „NISK“ wie ein Brandzeichen auf dem Kinn der Maske, wobei die Buchstaben noch rauchten. Was echt cool aussah. Landon trug seine Saskatoon-Bandits-Maske, die zum Glück zu den Farben des Calgary-Teams passte.

Lee Ramsay kniete sich neben Landon auf das Eis. „Hey, ich hatte vorhin keine Gelegenheit, dich zu begrüßen. Tut mir leid. Ich musste mich behandeln lassen.“

„Kein Problem“, versicherte Landon, als wäre er völlig entspannt und überhaupt nicht überwältigt. Lee spielte seine vierzehnte Saison einer unglaublichen Karriere und war seit sieben dieser Spielzeiten Calgarys Kapitän. Er wurde oft als geborener Anführer beschrieben; die Art von Kapitän, die sich jedes Team wünschte. Ebenso oft wurde er als gut aussehend beschrieben, was er mit seinem warmen braunen Hautton, seinem massiven, muskulösen Körperbau und seinem Hollywood-Lächeln auch war.

„Kennst du hier jemanden?“, fragte Lee ihn.

„Ich habe einige der Jungs schon im Trainingslager getroffen.“

„Aha. Also keine Freunde im Team?“

„Äh … nein, noch nicht“, erwiderte Landon, als ob er jeden Moment Freunde finden würde.

„Rossi ist ein guter Junge. Leandros auch. Aber sie kleben aneinander. Sie kommen auf jeden Fall als Paket.“

Landon war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte, dass Lee Ramsay ihm potenzielle Freunde vorschlug. Lee war zehn Jahre älter als Landon, verheiratet und hatte Kinder, sodass Landon natürlich nicht von ihm erwartete, dass er sich selbst für den Job meldete.

„Hicks ist ungefähr so alt wie du“, philosophierte Lee weiter und lachte dann. „Aber mit dem Kerl wirst du nie auch nur einen Moment Ruhe haben.“

Landon blickte über das Eis, wo Casey Hicks zwischen zwei anderen Stürmern stand. Casey redete, und die beiden anderen Männer lachten. Casey war mehrere Zentimeter kleiner als sie. Er war, wie Landon wusste, um etwa fünf Zentimeter der kleinste Spieler im Team. Offiziell wurde seine Größe mit 1,75 m angegeben, aber Landon vermutete, dass diese Zahl ein wenig übertrieben war.

Lee klopfte Landon auf die Schulter und sagte: „Wir reden später“, bevor er aufstand und davonging. Landons Blick folgte ihm zu der Stelle, an der die Spieler von Calgary Aufstellung bezogen, um auf das Tor zu schießen. Es waren so viele Starspieler auf dem Eis, sowohl in Calgarys Hälfte als auch in der von Los Angeles. Landon versuchte, seine Nervosität zu ignorieren, genauso wie er versuchte, zu ignorieren, wie viel größer als für seine Spiele üblich diese Arena war. Wie viel lauter es bereits war, obwohl die Sitze beim Aufwärmen nur teilweise gefüllt waren.

Er beobachtete, wie Niskanen die Schnellschüsse seiner Teamkollegen abwehrte. Die Bewegungen des routinierten Torwarts waren flink und sicher. Effizient, so wie Landon auch seinen eigenen Spielstil entwickelt hatte. Nicht, dass er sich mit Niskanen vergleichen würde.

Heilige Scheiße, er war Teamkollege von Antton Niskanen. Und Lee Ramsay. Und Casey Hicks. Und Ross MacIsaac. Die Liste ging weiter und weiter.

Und nun musste er selbst den Platz im Tor einnehmen.

Antton nickte Landon zu, als er an ihm vorbeiskatete. Vielleicht hatte er auch etwas gesagt, aber Landon hatte es nicht gehört. Er war ganz damit beschäftigt, seine Nerven zu beruhigen. Das hier war das Aufwärmen, verdammt noch mal, das waren nicht die Playoffs.

Er ging in Position, atmete aus und wartete. Als der erste Puck gegen seinen Stockhandschuh prallte, lächelte er hinter seiner Maske. Er konnte das hier. Die Calgary Outlaws eröffneten das Feuer auf ihn, und Landon begrüßte jeden Schlag gegen seinen Körper wie einen Freund. Er liebte es. Ihm war durchaus klar, dass es nicht normal war, es zu genießen, mit Pucks beschossen zu werden, aber Gott, er lebte dafür. Er liebte es, wenn in seinem Kopf nichts anderes zählte, als sicherzustellen, dass er keinen Puck an sich vorbeiziehen ließ.

Natürlich entgingen ihm einige Pucks. Kein Torwart konnte beim Aufwärmen jeden Schuss abwehren, aber es prallten genug Pucks an ihm ab, um sein Gehirn zu beruhigen. Und als er mit dem Rest des Teams in die Umkleidekabine zurückkehrte, fühlte er sich endlich ruhig.

Calgarys Cheftrainer Greg Patrick wartete in der Kabine auf die Mannschaft. Er hielt sich kurz, las die Aufstellung vor und erinnerte seine Spieler an ein paar wichtige Dinge über das Team aus L. A. Alle hörten aufmerksam zu, auch Landon. Patrick war für einen Eishockeytrainer ungewöhnlich ruhig und eher für seine Intelligenz und seinen scharfen Blick für Details bekannt als für seine Fähigkeit, einzuschüchtern und zu beschämen. Er war die Art von Trainer, auf die Landon am besten reagierte.

„Ich möchte Landon Stackhouse in der Mannschaft willkommen heißen“, verkündete Patrick, und plötzlich richteten sich alle Augen auf ihn. Landon wünschte sich, er hätte seine Maske noch auf. Dennoch hob er die Hand; nicht wirklich ein Winken. Eher eine Bestätigung, dass er Landon war. Ja, er war hier.

„Hi, Stacks!“, rief Casey Hicks fröhlich. Einige der anderen Jungs lachten.

„Lasst uns dem Neuen zeigen, wie wir in Calgary gewinnen, okay, Jungs?“, sagte der Trainer. Es gab zustimmende Rufe, dann standen alle auf und wankten auf ihren Kufen in die Halle.

Im Gang, der zum Eis führte, waren die Jungs laut und aufgeregt. Sie riefen sich Spitznamen zu und vollzogen miteinander Rituale. Niskanen hockte sich an den Anfang der Reihe und starrte konzentriert an die Wand. Hicks vollführte einen lächerlichen kleinen Tanz mit seinem Stürmerkollegen Clint Noseworthy. Landon stand hinten, aber nicht ganz hinten, denn Ross MacIsaac, Calgarys 37-jähriger Verteidiger, war bekanntlich abergläubisch und bestand darauf, als Letzter das Eis zu betreten.

Es fühlte sich surreal und normal zugleich an, darauf zu warten, auf das Eis zu gehen. Das Heimpublikum in Saskatoon liebte seine Mannschaft, und so war es für Landon nichts Neues, von einem vollen Haus jubelnder Fans begrüßt zu werden; in Calgary war das Haus einfach doppelt so groß. Aber in Saskatoon war Landon der Star. Die Leute trugen dort sein Trikot, und er wurde oft am lautesten bejubelt, wenn vor den Spielen die Startaufstellung bekannt gegeben wurde. Er hatte großen Anteil daran gehabt, dass die Saskatoon Bandits in der letzten Saison Anwärter auf den Calder Cup gewesen und im Frühjahr bis in die Playoffs vorgestoßen waren.

Hier fühlte sich Landon wie ein Geist, der zwischen den Stars umherschwebte. Oder wie ein Kind, das einen Preis gewonnen hatte und nun einen Tag lang mit seinen Helden abhängen durfte.

Er blickte an seiner Brust hinunter und stellte fast schockiert fest, dass er die gleiche Spielkleidung trug wie alle anderen um ihn herum. Das charakteristische Rot, Weiß und Goldgelb der Calgary Outlaws.

„Fühlt sich unwirklich an, oder?“, sagte eine fröhliche Stimme.

Landon bemerkte zwei Dinge auf einmal, als sein Kopf überrascht hochschnellte: dass Casey Hicks plötzlich neben ihm stand und dass Landon mit seinem Stockhandschuh das Outlaws-Logo auf seiner eigenen Brust gestreichelt hatte.

„Bei meinem ersten Spiel war ich …“ Casey verdrehte die Augen und verzog seinen Mund zu einer übertriebenen Grimasse. „Du weißt schon.“

„Ja“, stimmte Landon zu, denn das brachte im Grunde auf den Punkt, wie er sich gerade fühlte.

„Es ist nur Eishockey“, meinte Casey leichthin. „Und wir sind gut im Eishockey. Wenn sie wollten, dass wir da rausgehen und zum Beispiel eine Oper singen, dann wäre ich am Arsch. Aber Eishockey? Pfft. Kein Problem.“

„Klar.“ Landon fühlte sich langsam eher verwirrt als nervös.

„Was ist mit dir?“

„Was soll mit mir sein?“

„Könntest du Opern singen, wenn du müsstest?“

Landon starrte Casey eine ganze Weile lang an und versuchte zu entscheiden, ob er sich über ihn lustig machen wollte oder nicht. Dabei wurde er von Caseys Grübchen abgelenkt. Schließlich sagte er einfach: „Nein.“

Casey stieß seinen Handschuh sanft gegen Landons Brust. „Schade. Stell dir vor, du hättest einfach angefangen, mir eine perfekte Oper vorzusingen. Das wäre der Hammer gewesen.“

Landon konnte sich das nicht vorstellen. Ganz und gar nicht.

Er konnte auch nicht mehr auf Caseys Grübchen schauen, also konzentrierte er sich auf den Boden. Caseys berühmte pinkfarbene Schnürsenkel leuchteten ihm entgegen. Sie passten nicht zu den tomatenroten Teamsocken, aber Landon zweifelte nicht daran, dass es Casey egal war.

„Los geht’s, Jungs!“, rief jemand vom vorderen Ende der Warteschlange.

Casey antwortete mit so etwas wie einem Falkenschrei, und Landon hoffte, dass er keinen bleibenden Hörschaden davontragen würde.

Ein paar Minuten später saß Landon an einem Ende der Spielerbank und sah sich von dort aus ein NHL-Spiel an. Es war verdammt großartig. Selbst wenn er nur für eine Nacht in Calgary war und nie wieder in diese Liga zurückkehren würde, bliebe ihm das hier. Er würde Antton Niskanen dabei zusehen können, wie er das Team von Los Angeles scheinbar mühelos ausschaltete. Aber Landon wusste, dass es sich um reine, unvergleichliche Fähigkeiten handelte.

L. A. war ein gutes Team; letzte Saison hatten sie Calgary in der ersten Runde der Playoffs bis ins siebte Spiel getrieben, aber genau wie in diesem siebten Spiel ließ Antton ihnen heute keinen Zentimeter Platz zum Atmen.

Calgarys erste Reihe mit Lee Ramsay, Clint Noseworthy und Casey Hicks war auch aus nächster Nähe unglaublich zu beobachten. Das Publikum war offensichtlich besonders in Casey verliebt, jubelte jedes Mal, wenn er den Puck hatte, und explodierte, als er das erste Tor des Spiels erzielte. Landon entdeckte in der Menge zahlreiche Trikots mit Caseys Namen und Nummer darauf.

Caseys Vater, Dougie Hicks, war nach einer langen, herausragenden Karriere in die Hall of Fame des Eishockeys aufgenommen worden. Er hatte nie für Calgary gespielt – er hatte seine Karriere in Toronto begonnen und dann seine letzten acht Spielzeiten für Tampa Bay gespielt –, aber er musste jetzt ein Fan der Outlaws sein. Landons Vater, ein lebenslanger Toronto-Fan, hatte Dougie Hicks geliebt.

Dougies Sohn war bereits jetzt fast ebenso beeindruckend, hatte aber einen ganz anderen Spielstil. Wo Dougie einschüchternd und physisch präsent gewesen war, schien Casey Spaß zu haben, indem er die Gegner umspielte und sie schlecht aussehen ließ.

Calgary hatte eine tolle Mannschaft. Es war eine interessante Mischung aus Spielern, die gut zusammenpassten. Lee Ramsay hatte seine gesamte Karriere in Calgary gespielt. Ross MacIsaac, der dienstälteste Verteidiger im Team, hatte sich den Outlaws mit einem Zweijahresvertrag angeschlossen, nachdem er unglaubliche vierzehn Spielzeiten in New Jersey verbracht hatte. Es gab eine Reihe junger, talentierter Spieler, was zusammen mit der Tatsache, dass das Farmteam in Saskatoon derzeit an der Spitze der Liga stand, gute Aussichten für Calgarys Zukunft bot.

Landon fragte sich, ob er ein Teil dieser Zukunft sein würde. Natürlich war das sein Traum, aber es schien nicht sehr wahrscheinlich zu sein. Dennoch war er ein Star in Saskatoon, und wenn er es nie wirklich über dieses Niveau hinausschaffte, nun ja. Es gab Schlimmeres.

Doch als Niskanen einen unfassbaren Save unternahm und die über zwanzigtausend Outlaws-Fans in Jubel ausbrachen, konnte Landon nicht anders, als zu denken, dass es auch bessere Dinge gab.

Kapitel 2

Casey zwängte sich zwischen Clint Noseworthy und West Ackerman und legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter. „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich könnte ein Bier gebrauchen.“

West wich von ihm zurück. „Nicht heute Abend, Case.“

„Ich muss mich für den Roadie ausruhen“, stimmte Clint zu.

„Ich bin aber aufgedreht“, meinte Casey. „Ich werde auf keinen Fall so bald schlafen können. Kommt schon. Einen Drink. Ich zahle.“ Er deutete auf Clint. „Wir können in die Country-Bar gehen, die dir gefällt.“

Clint schüttelte den Kopf. „Du darfst mich ein anderes Mal auf ein Bier einladen.“

Casey würde sich nicht geschlagen geben. Er drehte sich zu Ross MacIsaac um, der sich gerade seinen Mantel überzog und bereit war, die Umkleidekabine zu verlassen. „Was ist mit dir, Mac? Bier, Wings?“

Ross lachte. „Am Abend vor einem Roadtrip? Mandy würde mich umbringen. Ich habe versprochen, morgen früh Pfannkuchen zu machen, und die Kinder stehen verdammt früh auf.“

„Ja, okay“, gab Casey nach und versuchte, nicht zu niedergeschlagen zu klingen. Der Umkleideraum leerte sich schnell. Er unternahm einen letzten Versuch und erhob seine Stimme, sodass der ganze Raum ihn hören konnte. „Möchte jemand mit zu mir kommen? Ein Bier trinken? Ein bisschen abhängen?“

Die einzige Antwort war Durcheinandergemurmel, das sich im Ganzen nicht besonders begeistert von seinem Angebot anhörte. Es sah schlecht aus für die Mission ‚Vermeide es, allein nach Hause zu gehen‘.

Er entdeckte den Neuen, Landon, der in einer Ecke stand und stirnrunzelnd auf sein Telefon starrte. Er trug einen langen, schwarzen Wollmantel, der seine große, schlanke Statur noch betonte. Er hatte einen Rucksack über eine Schulter gehängt, und offensichtlich wollte auch er gerade gehen.

Casey ging auf ihn zu, bevor er sich die Mühe gemacht hatte, darüber nachzudenken. „Hey, Stacks. Hast du heute Abend schon Pläne?“

Landon blinzelte ihn an. Seine Augen waren groß und dunkelbraun, umrahmt von langen Wimpern. Hübsch. Seine dicken, geraden Augenbrauen zogen sich zusammen, als er fragte: „Pläne?“

„Ja. Willst du ausgehen, ein Bier trinken oder so? Oder wir könnten zu mir nach Hause gehen. Ich habe alle Streamingdienste. Oder wir könnten einfach … du weißt schon. Chillen.“ Huch. Er lachte und hob die Hände. „Sorry, nicht wie Netflix and chill. Ich sage nicht, dass wir Sex haben sollten. Darum geht es hier nicht. Nicht, dass du nicht … fuck. Okay. Ich dachte, du würdest vielleicht gern etwas Besseres zu tun haben, als zurück in dieses Hotelzimmer zu gehen. Wir könnten in eine Bar gehen.“

Er zwang sich, seinen Redefluss zu unterbrechen, denn Landons Wangen hatten sich rosa verfärbt. Er war glatt rasiert und hatte eine sehr blasse Haut, sodass die Röte keine Chance hatte, sich irgendwo zu verstecken.

„Danke“, sagte Landon nach ein paar unangenehmen Sekunden, „aber es war ein langer Tag, und ich muss schlafen.“

Verdammt. „Cool“, erwiderte Casey so fröhlich, wie er nur konnte. „Verstehe ich vollkommen. Ich habe vergessen, dass du heute Morgen in Saskatchewan aufgewacht bist. Du bist wahrscheinlich total fertig. Hast du eins von diesen Chicken-Parmesan-Sandwiches abbekommen?“

„Nein.“

„Scheiße. Du hättest mir Bescheid sagen sollen, dann hätte ich dir eins organisiert. Es sei denn, du isst kein Fleisch. Oder Milchprodukte. Oder Brot.“

„Ich esse alles davon“, entgegnete Landon ernst. „Ich muss eine Menge essen. Ich kann es mir nicht leisten, wählerisch zu sein.“

Casey lachte. „Darauf wette ich, Slenderman.“ Er hatte gehofft, dass die sanfte Neckerei Landon ein Lächeln entlocken würde. Tat sie jedoch nicht. „Hey, bist du morgen früh hier im Fitnessstudio?“

„Hatte ich vor.“

„Schön, ja. Ich werde auch hier sein.“ Casey hatte völlig vergessen, worauf er eigentlich mit all dem hinausgewollt hatte, also lächelte er Landon einfach an und hoffte, dass dem anderen Mann etwas einfallen würde, was er sagen konnte.

„Okay“, sagte Landon schließlich.

„Nice.“

„Wir sehen uns dann morgen.“

„Auf jeden Fall. Schlaf gut. Du kannst mir schreiben, wenn du deine Meinung änderst. Ich bin auf jeden Fall noch ein bisschen am Start und bei allem dabei.“ Mein Gott, Casey. „Das hat sich falsch angehört. Also ich mein damit nichts Zweideutiges. Einfach ganz normale Sachen. Ich …“

Casey presste die Lippen zusammen, um zu verhindern, dass noch mehr Worte zwischen ihnen heraussprudelten.

Landon wandte den Blick ab. Er fühlte sich sichtlich unwohl. „Ich verstehe schon. Gute Nacht.“ Er drehte sich um und rannte fast in Richtung Ausgang. Casey konnte es ihm nicht verdenken.

Nun ja. Casey könnte auch verantwortungsbewusst sein und nach Hause gehen. Allein. Er sollte wirklich versuchen, früh ins Bett zu kommen, damit er beim morgendlichen Training nicht übermüdet oder verkatert war.

Casey beglückwünschte sich zu dieser sehr erwachsenen Entscheidung und schlenderte in Richtung des Spielerparkplatzes.

Casey bereute seine vernünftige Entscheidung in dem Moment, in dem er sein Haus betrat. Sein großes, dunkles, leeres Haus.

Er überlegte, ob er wieder in seinen Jeep steigen und zu einer seiner Lieblingsbars fahren sollte. Er dachte an seine lange Liste zuverlässiger Sex-Bekanntschaften, denen er eine Nachricht schicken konnte. Es war schon nach halb zwölf an einem Sonntagabend, aber irgendjemand würde schon vorbeikommen wollen, oder?

Das wäre einfach. Dinge, die er immer tat. In der letzten Saison, bevor er dieses Haus gekauft hatte, hatte er es geliebt, nach den Spielen nach Hause zu gehen. Das Haus war damals gemietet gewesen, und er hatte es sich mit seinen beiden Teamkollegen Pete Leandros und Gio Rossi geteilt. Die Abende hatten aus Filmen, Videospielen, Bier, Gras, Bars und Sex bestanden. Nicht miteinander, obwohl Casey dagegen nichts einzuwenden gehabt hätte. Gio und Petey schienen sich allerdings beide der Heterosexualität verschrieben zu haben, also hatte Casey nie irgendwelche Anstalten gemacht.

Er vermisste es, Mitbewohner zu haben. Seine Mannschaftskameraden wussten, dass er liebend gern mit jedem von ihnen sein Haus geteilt hätte, kostenlos, aber bis jetzt hatte noch niemand sein Angebot angenommen. Casey verstand das. Er wusste, dass er nicht ganz einfach war.

Er ging in die Küche und knipste dabei jedes Licht an. Er hasste es, dass sein Puls in die Höhe schoss, wenn er nachts allein war. Dass er nicht anders konnte, als ständig über die Schulter zu schauen, und dass er jede Tür misstrauisch musterte. Dass er die dunklen Fenster nicht ansehen konnte. All das war mehr als lächerlich, und es gab absolut keinen Grund dafür. Sein Gehirn war einfach nur dumm.

Warum zum Teufel hatte er dieses Haus gekauft?

Ein lautes Klackern ließ ihn fast aus der Haut fahren, bevor er erkannte, dass es nur die Eismaschine in seinem Kühlschrank war, die ihre Arbeit tat. „Gott, beruhige dich, Hicks“, murmelte er, während er sich ein Glas aus dem Schrank holte. Er schob es unter den Eisspender, wie um zu beweisen, dass er keine Angst vor ihm hatte. Dieser ließ zwei Eiswürfel fallen und machte dann ein wütendes, surrendes Geräusch.

„Schrotthaufen“, brummte Casey. Jedes Gerät in seinem Haus war superhightech und keines davon funktionierte richtig. Er öffnete den Kühlschrank, nahm eine Plastikflasche mit Limonade und eine silberne Dose mit der Aufschrift Sunday Night Snack heraus. Er hoffte, dass es Kuchen war, aber er wusste, dass es keiner sein würde.

Er trug ein Glas Limonade und seinen Snack zu dem riesigen Ledersofa in seinem Wohnzimmer, während er dem KI-Lautsprecher zurief, den Fernseher einzuschalten, und ignoriert wurde.

„Danke“, sagte er, suchte nach der Fernbedienung und fand sie schließlich an einem Ende des Sofas unter einem ungewaschenen Sweatshirt. Er machte eine Show daraus, den Fernseher einzuschalten, als ob die KI-Einheit daraus lernen könnte, indem sie ihn beobachtete. Wenn er schon allein sein musste, konnte er wenigstens so tun, als ob er es nicht wäre.

Er zappte durch die Kanäle und entschied sich schließlich für Wrestling, während er seinen Snack aß – Getreidesalat und zwei hart gekochte Eier; enttäuschend weit weg von Kuchen –, etwas Gras rauchte und dann ein Stück von einem der „Mission: Impossible“-Filme schaute. Währenddessen scrollte er müßig durch seine Lieblings-Apps für lockere Bekanntschaften. Es tat ja nicht weh, ein bisschen zu schauen.

Eine SMS von seiner Schwester Brooke unterbrach seine intensive Studie eines Kerls mit einer schönen Brust und zwei gepiercten Brustwarzen.

Brooke: Schickes Tor heute Abend.

Casey: Hat deinen freund wie hundescheiße aussehen lassen

Brooke: Er ist nicht mein Freund, weil jemand mich nicht vorstellen will.

Casey lachte. Brooke war heiß auf einen der Verteidiger aus L. A., aber Casey war sich ziemlich sicher, dass der Kerl verlobt war.

Casey: Kenn ihn nicht, weiß nur, wie man ihn umgeht

Brooke: Hat Dad dir von dem Weihnachtsplan erzählt?

Casey: Ja. Er mietet eine hütte in der nähe von banff

Brooke: Lol. „Hütte“. Es ist ein verdammtes Herrenhaus. 8 Schlafzimmer!

Casey: 2 für jeden von uns!!!

Brooke: Gut gerechnet, College-Boy.

Seine Familie machte sich gern über ihn lustig, weil er ein bisschen dumm war. Das störte Casey nicht, denn er war ja tatsächlich ein bisschen dumm. Nicht bei allem, aber bei vielen Dingen. Seine Mannschaftskameraden lachten aus demselben Grund über ihn, ebenso wie seine Freunde am College es getan hatten, also nahm Casey es hin.

Er und Brooke schrieben eine Weile hin und her, bis sie meinte, dass sie ins Bett ginge. Das Gras hatte Caseys Nerven gut beruhigt, also beschloss er, auch zu versuchen, einzuschlafen.

Er stellte seine Dose und sein leeres Glas auf den Couchtisch, um sie wegzuräumen, wenn die Küche weniger dunkel und unheimlich war, und ging nach oben. Morgen Abend würde er in einem Hotelzimmer in St. Louis sein, hoffentlich mit jemand Heißem, den er in einer Bar kennengelernt hatte. Er würde dann fast eine Woche lang nicht allein in diesem Haus sein müssen.

Er schaltete das Deckenlicht in seinem Schlafzimmer aus, bevor er ins Bett kletterte, ließ aber die Lampe auf seinem Nachttisch an – wie immer. Er schaute Videos auf seinem Handy, bis er die Augen nicht mehr offen halten konnte, dann schlief er ein und hoffte, dass er nicht vor dem Morgen aufwachen würde.

Kapitel 3

„Glaubst du, dass wir am ehesten moderne Ritter sind?“, fragte Casey sich laut. Im Grunde fragte er sich alles laut.

Lee hielt mitten in seinen Crunches inne und starrte vom Boden aus zu Casey herauf. „Ritter? Wovon zum Teufel redest du?“

„Redet er überhaupt irgendwann mal was Sinnvolles?“, stichelte Clint, während er eine Kettlebell aufhob.

„Zum Beispiel“, erklärte Casey, „tragen wir eine Art Rüstung und kämpfen für unsere Städte. So ähnlich wie Königreiche. Ich weiß, es ist nicht dasselbe. Aber es ist schließlich nicht mehr so, als gäbe es irgendwelche Drachen zu töten.“

„Warte.“ Lee setzte sich ganz auf. „Hast du gerade nicht mehr gesagt?“

Clint lachte so sehr, dass er die Kettlebell absetzen musste.

„Hey!“, schnauzte West. „Spottet mich eigentlich jemand, oder was?“

„Tut mir leid“, erwiderte Casey und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann, der vor ihm auf der Hantelbank lag. Das Fitnessstudio war an diesem Morgen gut besucht, auch wenn es sich um ein freiwilliges Training vor ihrem Flug nach St. Louis handelte.

„Du weißt, dass Drachen nie existiert haben“, sagte Lee langsam. „Richtig?“

„Ich spotte gerade Westy!“

„Kaum“, brummte West.

„Ich muss dich diese Worte sagen hören, Hicks.“

„Ja. Okay. Drachen sind nicht real.“

„Und waren nie real.“

„Dinosaurier waren echt“, argumentierte Casey. „Die waren im Grunde das Gleiche.“

Clint japste, als er in Richtung Dusche taumelte. „Ich kann nicht mehr! Heilige Scheiße!“

„Warst du nicht auf dem College?“, fragte West.

„Ja, aber über solches Zeug habe ich nichts gelernt.“ Um ehrlich zu sein, hatte er in den zwei Jahren auf dem College neben Eishockey nicht viel gelernt, außer dass er Sex mochte, aber keinen Tequila.

„Was für Zeug?“, fragte Lee. Seine Augen waren groß und fast schon ängstlich. „Drachen?

„Nein, so was wie … Geschichte?“

Lee fiel mit ausgestreckten Armen zurück auf den Boden, als wäre er tot.

„Ach, Casey“, sagte West traurig, „selbst für dich ist das trostlos, Kumpel.“

„Ich wollte gerade sagen, dass wir eher Gladiatoren als Ritter sind, aber mein Gehirn hat sich einfach abgeschaltet, um sich selbst zu schützen“, kommentierte Lee.

Ross MacIsaac hielt auf seinem Weg durch das Fitnessstudio inne und blickte auf Lee hinunter. „Alles okay, Captain?“

„Hicks glaubt, dass es Drachen gibt.“

Ross’ Stirn runzelte sich. „Feuerspeiende Drachen?“

„Ich glaube nicht, dass es Drachen gibt!“ Casey wollte unbedingt, dass dieses Gespräch zu Ende war. „Ich dachte nur … vergesst es. Ihr könnt mich mal.“

Ross zuckte mit den Schultern und ging weg.

„Hey“, sagte West, „wenn es nicht zu viel Mühe macht, könntest du mir helfen, diese verdammte Langhantel abzulegen, Hicks?“

„Natürlich, klar. Tut mir leid.“ Er schnappte sich die Hantel und hob sie in die Halterung.

Es war ihm nicht wirklich peinlich. Nach Jahren, in denen er immer wieder ungewollt praktisch jedem, den er getroffen hatte, dummes Zeug erzählt hatte, war er mehr oder weniger immun gegen Verlegenheit. Er wünschte nur, er wäre besser darin, das willkürliche Zeug in seinem Kopf auch in seinem Kopf zu behalten.

West setzte sich auf und schwang seine Beine herum, um sich seitlich auf die Bank zu setzen. „Machst du noch einen Satz?“

„Äh“, sagte Casey. Sein Blick war auf ein Laufband in der Ecke des Raumes gefallen, auf dem Landon Stackhouse in einem beeindruckenden Tempo lief. Landon starrte mit versteinerter Miene konzentriert geradeaus und schien alle um sich herum zu ignorieren.

Er trug Shorts, und seine Beine sahen endlos lang aus.

„Hicks?“, fragte West und durchbrach damit Caseys hypnotischen Zustand, mit dem er Landon beim Laufen beobachtet hatte. Der lief, als würde er sich damit selbst bestrafen.

„Ich bin durch“, gab Casey zurück. „Ich werde …“ Er ging weg, ohne seinen Satz zu beenden, und hielt nicht an, bis er neben Landons Laufband stand. Landon schien ihn nicht zu bemerken, oder wenn doch, war er offenbar nicht daran interessiert, seinen Kopf zu drehen, um ihn zu begrüßen. Das war auch gut so, denn Casey hatte keine Ahnung, warum er hier stand.

Er stieg auf das Fahrrad neben ihm, nur um normal zu wirken. Jetzt konnte er Landon im Spiegel vor ihnen sehen. Casey versuchte, seinen Blick aufzufangen, und lächelte, aber Landon starrte nur mit zusammengepressten Lippen geradeaus. Es war krass – er trug nicht einmal Ohrstöpsel.

Casey trat eine Weile in die Pedale und tat sein Bestes, um Landons Spiegelbild nicht allzu lange anzustarren. Er war sich nicht sicher, warum er den Mann so faszinierend fand. Landon sah gut aus, aber das taten die meisten Jungs im Raum. Vielleicht war es einfach die Tatsache, dass Landon neu war. Dass er jemand war, der noch nicht wusste, wie dumm Casey war.

Landon schien ganz und gar nicht dumm zu sein. Casey wettete, dass er zum Spaß Bücher las und sich über das Weltgeschehen und so weiter auf dem Laufenden hielt.

Nach etwa zehn Minuten verlangsamte sich Landons Tempo zu einem Spaziergang. Er atmete hörbar aus, aber er schien nicht so erschöpft zu sein, wie Casey es sicherlich gewesen wäre, wenn er dieses Tempo durchgezogen hätte. Natürlich war Casey in Topform, aber Langstreckenläufe waren definitiv nicht sein Ding.

„Hast du ihn erwischt?“, fragte Casey Landons Spiegelbild.

„Ihn erwischt?“

„Wen auch immer du gejagt hast, so wie du gelaufen bist.“

„Oh.“ Er schnaubte. „Lustig.“

Casey hörte auf zu treten und wandte sich ihm zu. „Hast du etwas geschlafen? Im Hotel?“

„Etwas.“

„Das ist gut. Ich schlafe normalerweise gut in Hotels. Ich weiß nicht, warum.“ Er wusste genau, warum: Hotels waren voller Menschen, und die Zimmer waren keine höhlenartigen Räume voller dunkler Ecken. „Hey, freust du dich schon auf deinen ersten NHL-Roadie?“

Landon hielt das Laufband an. „Klar.“

„Nice. Dieser jetzt ist nicht so cool, aber beim nächsten Mal fahren wir nach Vegas, und das ist immer lustig. Warst du schon mal in Vegas?“

„Nein.“

„O Mann, du wirst es lieben. Es ist genau wie in den Filmen. Alles ist voller Lichter, Menschen und Spaß. Es ist fantastisch.“

„Bis dahin bin ich wahrscheinlich wieder in Saskatoon.“

Scheiße. „Ja. Okay. Ich schätze, das könnte sein.“ Casey war sich nicht sicher, warum ihn das traurig stimmte. Es war ja nicht so, als hoffte er, dass Morins Verletzung etwas Ernstes war.

„Ich mache jetzt meine Dehnübungen“, kündigte Landon an und stieg vom Laufband.

„Natürlich. Ja, klar. Dieser Torwartkörper muss immer schön biegsam bleiben.“

Landons dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen. „Richtig.“ Er begann wegzugehen, hielt dann aber inne, bevor er einen Schritt auf Casey zumachte, sich dann vorbeugte, sodass ihre Gesichter nahe beieinander waren, und flüsterte: „Drachenechsen existieren.“

Casey brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Landon sich nicht über ihn lustig gemacht hatte. Dann brauchte er einen weiteren Moment, um den Schock zu überwinden, als ihm aufging, dass Landon das ganze Drachengespräch mitgehört hatte, während er sich nur scheinbar darauf konzentriert hatte, sein Laufband zu zerstören. Schließlich lächelte Casey und sagte: „Drachenechsen! Alles klar! Was ist das?“

Landons Lippen zogen sich leicht nach oben. „Das ist eine Echsenart. Es gibt einen Haufen verschiedener Arten. Zum Beispiel Komodowarane und Bartagamen.“

„Echsen mit Bart“, murmelte Casey, als ihm das Bild einer Eidechse mit Weihnachtsmannbart in den Sinn kam. „Wild.“

Landon verharrte noch einen Moment, und seine großen braunen Augen fixierten Casey, dann drehte er sich um und ging.