Was erwartet uns in deinem Debütroman Tödliche Ufer?
Die Kernfragen meines Lebens lauten: Warum tun Menschen, was sie tun? Wie kommt es, dass wir die Welt so ganz anders wahrnehmen als alle anderen? Welchen Sinn macht das alles? Was lehren uns die Antworten auf diese Fragen? Natürlich kommt vieles davon auch in meinem ersten Roman vor. Menschliche Abgründe sind faszinierend, aber genauso spannend finde ich die Frage, wie Menschen in höchster Not reagieren – oh Gott, mir fällt gerade auf, dass ich damit womöglich gar nicht so weit von meinem Täter entfernt bin. So oder so: Es geht um menschliches Handeln, im besten und im schlechtesten Sinne.
Aber es ist mitunter auch eine harte Geschichte, die nicht drumherum redet, denn das liegt mir nicht. Ich sage gern klar und deutlich was ich zu sagen habe. Und dann ist noch eine gute Portion Humor dabei, weil das Leben ohne Humor einfach unerträglich wäre – das gilt natürlich ganz besonders für das Leben von Romanfiguren
Der Steintanz von Boitin ist eine reale prähistorische Kultstätte an der Mecklenburgischen Seenplatte. Warum hast du gerade diesen Ort als einen der Schauplätze gewählt?
Ganz einfach: Weil mir dort die Idee zu der Geschichte gekommen ist. Das erste Kapitel hat sich fast so abgespielt – mit der winzigen Einschränkung, dass alle Beteiligten den Ausflug überlebt haben! Ich sollte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Waldarbeitern zu entschuldigen, die uns damals begegnet sind. Sorry Jungs!
Das SoKo-Team um Thorwald Johannsson, Alexander Bierbrauer und Katie Hansen könnte unterschiedlicher nicht sein. Wie ist die Dynamik im Team? Wer übernimmt welche Rolle und welche Widrigkeiten erwarten uns?
Na ja, es sind schon ziemlich starke Charaktere, die da aufeinanderprallen. Alex hält nichts von „Ossis“, obwohl er gar keine kennt. Katie ist eine tolle Polizistin mit ruinösem Liebesleben. Und Thorwald Johannsson ist der Übervater, dessen Humor nicht jeder gleich erkennt. Sie haben alle ihre Schwächen – außer Thorwald Johannsson, der tut nur so als hätte er welche. Klar, dass es Konflikte gibt, ungetrübte Harmonie ist schließlich nur im echten Leben toll. Aber eigentlich mögen die sich.
Gibt es jemanden, den du besonders magst?
Meine persönliche Favoritin ist Sina, das Opfer. Sie muss eine Strategie entwickeln, die ihr körperliches und seelisches Überleben sichert. Das verändert sie und lässt sie Dinge tun, die sie vor ihrer Entführung sicher nicht getan hätte.
In Tödliche Ufer schreibst du über menschliche Abgründe. Geht dir die Geschichte selbst nah?
Die Geschichte geht mir insofern nah, als ich versuche, mich in all meine Figuren hineinzuversetzen. Nun ja, in manche etwas mehr und in andere etwas weniger. Gleichzeitig wahre ich Abstand. Es ist ihre Geschichte, nicht meine.
Du bist Pressesprecherin und hast viele Jahre als Redakteurin gearbeitet. Was hat dich dazu bewogen, deinen ersten Roman zu schreiben?
Es war umgekehrt: Kurz vor dem Abi habe ich mich gefragt, welcher Beruf mich wohl optimal auf meine Zukunft als Schriftstellerin vorbereiten könnte. Journalistin fand ich sinnvoll – und tue es immer noch.
Hast du ein bestimmtes Schreibritual?
Ich schreibe ja seit vier Jahrzehnten tagtäglich. Und auch wenn es etwas ganz anderes ist, eine Geschichte auf maximal zwei Seiten zu erzählen, gibt es doch Gemeinsamkeiten mit dem Romanschreiben: Man hat eine Idee und wenn man fertig ist, sollte der Leser zufrieden sein. Als ich noch Journalisten ausgebildet habe, habe ich ihnen manchmal geraten, sich vor dem Schreiben eine Art Gliederung zu machen, damit sie nichts Wesentliches vergessen. Ich selbst mache das nie. Für mich ist eine Geschichte wie ein Kreis, den ich entlanglaufe. Entscheidend ist, an welcher Stelle ich ihn betrete, aber dann entwickeln sich die Dinge mehr oder weniger von allein weiter. Wenn alles gut geht, ist die Geschichte am Ende rund. Dieses Vorgehen gibt meinen Figuren viel Raum, sich zu entfalten – und sie tun ziemlich oft Dinge, die ich zu Beginn nie für möglich gehalten hätte.
Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?
Ich lese gerade – ich glaube zum fünften Mal – die Highland-Saga von Diana Gabaldon. Die ersten 6.000 Seiten habe ich geschafft, ohne dass mir langweilig geworden ist. Das bewundere ich an Diana am meisten: Sie schafft es, in einer durch und durch abgedrehten Geschichte Menschen zum Leben zu erwecken, denen man alles abnimmt und die man nie wieder missen möchte.
Und zu guter Letzt: Hast du einen Krimi-Buchtipp für uns?
Ich habe in den letzten Jahren hunderte von Krimis gelesen, viele waren gut – viele waren auch nicht gut. Ich mag Inspector Rebus von Ian Rankin, weil er Schotte ist und manchmal ein echter Vollidiot. Michael Robotham hat eine tolle Schreibe. Aber meine Favoritin in diesem Genre ist Åsa Larsson – die für meinen Geschmack und mein Lesetempo leider viel zu selten an ihrer Rebecka Martinsson-Reihe schreibt. Überhaupt liebe ich britische und skandinavische Krimis.